Früher hauptsächlich bei Kindern wird die Glutenunverträglichkeit als eine häufige Nahrungsmittelintoleranz heute zunehmend bei Erwachsenen diagnostiziert.
Bei der Zöliakie, auch glutensensitive Enteropathie oder einheimische Sprue beim Erwachsenen genannt, handelt es sich um eine Unverträglichkeitsreaktion des Körpers gegenüber Kleberproteinen. Diese sind ein Bestandteil des Glutens, welches in einheimischen Getreidearten wie Weizen, Roggen, Gerste oder Hafer vorkommt. Gelangen Klebereiweiße in den Darm, führen sie dort zu Aktivierung von Immunzellen, welche das Protein als möglichen Schädling sehen. Beim Versuch, es zu bekämpfen, kommt es jedoch auch zur Zerstörung von Teilen des Darmgewebes, was in weiterer Folge zu einer Zottenatrophie führt. Dieses für die Zöliakie typische Symptom bezeichnet den Rückgang der Ausstülpungen des Darms und somit eine Verminderung seiner aufnahmefähigen Fläche. In der Folge kommt es zu einer allgemeinen Verringerung der Aufnahme von Nähstoffen aus der Nahrung.
Epidemiologie: Häufigkeit, Manifestationsgipfel und Risikofaktoren
Weltweit leidet etwa 1% der Bevölkerung an Zöliakie. In Europa und den USA sind es im Schnitt 0,5-2%, womit die Krankheit eine der häufigsten Nahrungsmittelintoleranzen der westlichen Welt ist. In Deutschland leiden etwa 5 von 1.000 Einwohnern an Zöliakie, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer.
Generell gibt es zwei Manifestationsgipfel der Krankheit. Der erste tritt im Säuglings- und Kindesalter auf, der zweite etwa im 4. Lebensjahrzehnt. Machten früher noch Kinder die größte Gruppe der Neudiagnosen aus, so sind es heute hauptsächlich die älteren Menschen, bei denen die Krankheit erkannt wird. Erklärt wird dies hauptsächlich durch das Einführen neuer Screeningmethoden.
Zöliakie tritt auch vermehrt im Zusammenhang mit verschiedenen Erkrankungen auf, wobei hier vor allem das Turner-Syndrom mit etwa 8% Zöliakiefällen und das Down-Syndrom mit etwa 7% zu nennen sind. Weiteres gibt es auch bei Typ-1-Diabetes und verschiedenen Autoimmunerkrankungen ein vermehrtes Auftreten. Auch spielen genetische Variationen eine Rolle. Bei Infektionen des Darms kann es, durch verstärkte Aktivierung des Darm-Immunsystems, zu einem rascheren Fortschreiten der Erkrankung kommen.
Symptome und Diagnose der Zöliakie
Bei etwa 40% der Betroffenen verläuft die Zöliakie ohne typische Symptome. Diese Form kommt meist bei Erwachsenen vor. Es kann aber zum Auftreten atypischer Symptome wie Zungenbrennen, Osteoporose oder auch einer Eisenmangelanämie kommen, wobei letztere das häufigste Symptom des Erwachsenen ist.
Die klassischen Symptome der Zöliakie beruhen meist auf der fortschreitenden Zottenatrophie und der daraus resultierenden Störung der Nährstoffaufnahme. Es kann vor allem zu Durchfall und Gewichtsverlust kommen. Beim Säugling und Kleinkind besteht außerdem die Gefahr einer Gedeihstörung aufgrund fehlender Nährstoffe.
Diagnostisch wird vor allem der Sprue-Antikörper-Test verwendet, welcher auch als generelles Screeningverfahren auf Zöliakie eingesetzt werden kann. Bei diesem Test wird Blut auf Antikörper untersucht, welche für Zöliakie spezifisch sind. Wenn er positiv ausfällt, ist der zweite Schritt in der Diagnosestellung eine Gastroskopie in Kombination mit einer Biopsie. Es wird Darmgewebe entnommen und auf Anzeichen für eine Zottenatrophie und vermehrtes Vorkommen von Immunzellen untersucht. Fällt dieser Test auch positiv aus, ist die Diagnose Zöliakie so gut wie sicher.
Therapie und Prognose der Zöliakie
Die einzige, momentan wirksame Therapie ist ein Verzicht auf glutenhaltige Nahrungsmittel. Die Ernährung sollte vor allem auf Kartoffeln, Mais, Reis, Hirse, Sojabohnen und ähnliches umgestellt werden. Auf Getreide wie etwa Weizen, Gerste, Roggen oder Dinkel sollte verzichtet werden. Ist die Zöliakie bereits weit fortgeschritten und besteht ein schwerer Mangelzustand, so wird dieser meist durch Infusionen mit fehlenden Vitaminen und Mineralstoffen wieder ausgeglichen.
Wird die glutenfreie Diät eingehalten, so ist die Prognose der Zöliakie meist recht gut. Die Beschwerden sollten innerhalb weniger Wochen abklingen und auch die Antikörper sollten wieder zurückgehen. Innerhalb von 2-5 Jahren sollte sich auch die Zottenatropie wieder zurückbilden und der Darm sollte wieder normal funktionieren.
In seltenen Fällen hat die glutenfreie Ernährung aber keinen oder nur beschränkte Auswirkung auf die Zöliakie. Besonders Erkrankte älter als 50 Jahre sind davon betroffen. Die Prognose in diesem Fall ist eher schlecht. Neben dem erhöhten Risiko für Mangelerscheinungen besteht auch die verstärkte Gefahr der Ausbildung eines Darm-Lymphoms, eines Tumors. Aus diesem Grund sollten sich Betroffenen regelmäßig in relativ kurzen Abständen untersuchen und auch biopsieren lassen. Weiteres besteht bei betroffenen Frauen auch ein vermehrtes Risiko für Fehlgeburten.