Die uralte yogische Ernährungslehre ist zeitlos modern: frisches Obst, Gemüse und Getreide sind leicht verdaulich und halten Geist und Körper in Balance.
Die Nahrung eines Yogi, der auf dem Weg zum reinen Bewusstsein Asanas übt und die yogische Atemtechnik Pranayama praktiziert, darf den Körper keinesfalls belasten, soll ihn aber ausreichend mit Nährstoffen versorgen und dabei beruhigend auf den Geist wirken. Schon in der Bhagavad Gita, die zwischen dem fünften und zweiten Jahrhundert v. Chr. entstanden ist, vereinte sich das alte Wissen, das indische Yogis anhand ihrer Beobachtungen des eigenen Körpers zusammengetragen hatten, und das auch noch heutigen Yogaübenden in der westlichen Welt als Anleitung dient.
Rajasige Nahrungsmittel wirken stark anregend und führen zu Hyperaktivität
„Scharf, sauer, salzig, allzu heiß, streng, unmilde, brennender Art – das liebt der Leidenschaftliche, das schafft ihm Krankheit, Weh und Schmerz.“ Bhagavad Gita 17,9
Nahrungsmittel, die Geist und Körper stark anregen oder reizen und daher nach der yogischen Lehre zu Stress und Nervenleiden führen können, gilt es möglichst zu vermeiden. Zu diesen so genannten rajasigen Lebensmitteln, die den hyperaktiven Zustand Rajas hervorrufen, gehören zum Beispiel Kaffee, Schwarztee und Tabak, aber auch Knoblauch, Zwiebeln und alle zu stark gewürzten und gesalzenen Speisen. Viele Fertiggerichte und Snacks zählen wegen der übermäßigen Verwendung von Würzmitteln und Salz zu den rajasigen Nahrungsmitteln, aber auch Schokolade und industriell hergestellte Getränke mit raffiniertem Zucker sollen in hohen Mengen den Geist beunruhigen und Überaktivität verursachen.
Tamasige Nahrung, die träge macht: Fleisch, Alkohol und Eier
„Was abgestanden, unschmackhaft, stinkend und verdorben ist, Überbleibsel und Unreines, das liebt das Volk der Finsternis.“ Bhagavad Gita 17,10
Ebenfalls nur in kleinen Mengen sollte der Yogi sich mit schwer verdaulicher Kost belasten, die Völlegefühle verursacht und damit die körperliche und geistige Beweglichkeit hemmt. Auch insgesamt zu viel zu essen, kann Tamas, den Zustand der Trägheit, begünstigen.
Zu den tamasigen Nahrungsmitteln gehören alle haltbar gemachten oder zu lange gekochten, mit künstlichen Zusätzen konservierten und wieder aufgewärmten Lebensmittel, einige tierische Produkte wie Eier, Fleisch und Fisch und auch das Gärungsprodukt Alkohol. Wer zu viel tamasige Nahrung zu sich nimmt oder sich regelmäßig überisst, verliert nach der yogischen Lehre Motivation und Ziele aus den Augen und neigt auf lange Sicht zu Depressionen. Neben den ethischen Gründen dient auch die schwere Verdaulichkeit von Fleisch- und Wurstwaren als Argument für eine strikt vegetarische Ernährungsweise.
Sattvige Nahrung: Frische Naturprodukte für geistige und körperliche Balance
„Was Leben, Sein, Gesundheit, Kraft, Glück und Freude vermehren kann, schmackhafte, milde, feste Speise, lieblich, ist des Guten lieb.“ Bhagavad Gita 17,8
Zu den gesunden Nahrungsmitteln, die Verstand und Geist wach und gleichzeitig ruhig halten können, leicht verdaulich sind und körperlich fit machen, zählen alle frischen und getrockneten Früchte und Beeren, rohes oder nur kurz gegartes Gemüse, Salat, Hülsenfrüchte, Honig, Samen, Nüsse, Getreide, Vollkornbrot, Kräuter und schließlich auch Milchprodukte.
Diese sattvige Nahrung soll Zustände von Müdigkeit ebenso wie Hektik ausgleichen und für Gelassenheit, körperliches Wohlbefinden und geistige Leistungsfähigkeit sorgen.
Yogische Essensregeln: Essen, um zu leben, nicht leben, um zu essen
Aber es kommt nicht nur auf den Inhalt, sondern auch die Art der Zubereitung und des Essens selbst an. Achtsamkeit ist der yogische Ausdruck für die besondere Aufmerksamkeit, die jeder von der Auswahl bis zum Verzehr seinen Speisen zukommen lassen sollte.
Der Magen soll immer vor dem Essen zu einem Viertel mit Wasser und dann nur zu zwei Vierteln mit Nahrung gefüllt werden, während der Rest frei bleibt. Um Verdauungsapparat und Geschmackssinn nicht zu strapazieren, nehmen Yogis möglichst wenige verschiedene Speisen, allenfalls fünf pro Mahlzeit, zu sich und verwenden überschaubare Zutaten für jedes einzelne Gericht. Langsames Essen und gründliches Kauen erleichtern die Verdauung und ermöglichen eine optimale Wahrnehmung des Sättigungsgefühls.
Bei aller Einfachheit soll das Essen aber keineswegs fade schmecken. Der Geschmackssinn des modernen westlichen Menschen ist vielmehr oft so stark von Geschmacksverstärkern und künstlichen Aromen getrübt, dass er etwas Zeit braucht, um den Eigengeschmack frischer Obst- und Gemüsesorten wieder aufzuspüren.
Langsame Umstellung für Anfänger: Achtsamkeit beim Essen
Wer sich zur Unterstützung seiner Yogaübungen nach den traditionellen Regeln ernähren möchte, sollte sich langsam umstellen und nicht über Nacht versuchen, mit allen Gewohnheiten zu brechen. Etwa strikter Fleisch- und Alkoholverzicht sind für die meisten zu starke Einschränkungen, die das Interesse am Yoga zunichte machen können. Nur einige weniger bekömmliche Lebensmittel zu ersetzen, wie zum Beispiel Kaffee durch Gewürztee und Schokoriegel durch Bananen, kann für den Anfang völlig ausreichen und zu weiteren Schritten motivieren.
Gesteigerte Aufmerksamkeit bei Zubereitung und Verzehr einer jeden Mahlzeit führt ohnehin bald zu einer veränderten Wahrnehmung, und nach der yogischen Philosophie wird jeder nach einer Weile selbst merken, was seinem Körper gut tut, und automatisch das Richtige essen, weil die gesündesten Nahrungsmittel auch am besten schmecken.