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Woran erkennt man Lügner?

Viele Menschen sind heute sehr gute Selbstdarsteller. Das Verhalten der Lügner hat sich gewandelt, weil sie professioneller und zahlreicher geworden sind. Wer sie erkennen will, muss sehr genau hinschauen.

Früher erkannte man Lügner angeblich daran, dass sie die Gesichtsfarbe änderten und rot wurden. Heute werden die Menschen viel seltener rot, aus mehreren Gründen: Sie sind abgebrühter, haben schon sämtliche Schlechtigkeiten in den Vorabendserien kennengelernt und in ihrer Schulzeit ausprobiert. Sie sind enttäuscht worden und reingefallen, haben sich womöglich gerächt. Außerdem kommen sie vielleicht gerade aus dem Sonnenstudio oder dem Karibik-Urlaub, oder haben Selbstbräuner oder Schminke im Gesicht. Was immer, die Leute werden nicht mehr so leicht beim Lügen rot und mit der Gewohnheit immer weniger, die dicht unter der Haut gelegenen Kapillaren im Gesicht und am Hals, die winzigen Blutgefäße, weiten sich einfach nicht mehr. Mangibt sich cool, plötzliche geistige oder seelische Anspannung findet offensichtlich nicht mehr so oft statt. Schüchternheit und Scham sind out. „Errötend folgt er ihren Spuren und ist von ihrem Gruß beglückt“, findet vornehmlich in Pilcher-Romanen und Fernsehschnulzen statt, aber nicht in der Realität.

Was verrät den Lügner?

Wissenschaftler der Smell and Taste and Research Foundation in Chikago wollen herausgefunden haben, was in vielen Kulturen als bekannt angesehen wird: Lügner berühren während sie die Unwahrheit sagen, wiederholt und deutich erkennbar vermehrt ihre Nase. Dies wird nun darauf zurückgeführt, dass beim Lügen chemische Stoffe freigesetzt werden, die die Nasenschleimhaut anschwellen lassen. Gleichzeitig erhöht sich der Blutdruck und die Nase schwillt zusätzlich an – der so genannte Pinocchio-Effekt. Hinzu kommen noch weitere Merkmale wie die erhöhte Tonlage der Stimme, Versprecher, Räuspern, zappelnde Füße und häufiges Zwinkern. Außerdem vermeiden Lügner gerne den direkten Blickkontakt oder blicken, wenn sie besonders kaltblütig sind, ganz starr. Wer genau hinschaut, kann also schon erkennen, wenn jemand lügt, dass sich die Balken biegen.

Aufgesetzte Freundlichkeit

Nicht nur ständiges lügen, überhaupt die Unterdrückung wahrer Gefühle über längere Zeit kann gesundheitlich negative Folgen haben. So leiden Zwangsfreundliche und Berufslächler durchaus unter ihren emotionalen Dissonanzen. Antrainiertes Serviceverhalten hat in unserem Kulturkreis, anders als in Asien oder den USA, nicht ausschließlich positive Aspekte. Als Kunde erwartet man selbstverständlich eine freundliche Bedienung und Ansprache, auch ein Lächeln. Doch aus psychologischer Sicht braucht jemand, der unter ständiger Beobachtung der Kunden steht, zumindest zeitweise eine Rückzugsmöglichkeit, um gelegentlich sein Verhalten mit seinen wahren Emotionen zu synchronisieren, Sonst kann das Dauerlächeln zu Maske werden und dann diese Starrheit auch Auswirkungen auf die Persönlichkeit haben. Marionettenhaftes Verhalten, dreiste Lügen und die Macht der Gewohnheit gehören zu den sehr häufig angewandten gesellschaftskritischen Stilmitteln im Theater. Auch auf der Bühne des Lebens werden sie weiterhin ihren Platz behalten.