Eine Emotion mit besonderen Eigenschaften
Wer hasst, sieht oft in seinem Gegner weder eine Person noch einen Menschen. Diese Emotion lässt sich in der Gruppe besonders leicht teilen.
Zwischen eher harmlosen Äußerungen in der Art „Ich hasse Scheinheiligkeit wie die Pest“ und den grausamen Gewalttaten aus Hass liegt ein weites Feld der Emotionen.
Von A bis Z: Ärger, Wut und Zorn
Der Ärger ist introvertiert. Der Mensch ärgert sich und seine Aggression wendet sich „in einer primären Bewegung gegen ihn selbst“. Obwohl man natürlich dies bei den anderen auch versuchen kann, wenn sie sich ärgern lassen.
Anders bei Wut, die den Betroffenen in einen Ausnahmezustand versetzt. Sie entbrennt, wenn „bestimmte innere oder äußere Ereignisse als Behinderungen erlebt“ werden und dadurch ein Bedürfnis oder Wunsch nicht erfüllt werden kann. Dies verursacht eine „schmerzhafte oder kränkende Unlust“.
Wenn sich Wut in einer gemäßigten Form zeigt und die Versagung als Herausforderung versteht, treibt sie die Entwicklung voran. Wird der Anspruch aber als unerträglich oder lebensbedrohlich empfunden, greift der Mensch die vermeintliche Ursache an, um sie zu beseitigen.
Gelingt ihm dieser Versuch, so „verraucht“ die Wut. Eine erfolglose Handlung führt dagegen zur ohnmächtigen Wut, „in der sich die Person verzehrt“.
Von Wut unterscheidet sich Zorn in seiner „Herkunft“. Wut kommt aus dem Bauch, Zorn ist eine „Kopfgeburt“. Einen Wütenden kann man bis zur Weißglut reizen. Ein Zorniger büßt dagegen nicht die Beherrschung ein. Er ist überzeugt, Recht zu haben, und empört sich im Bewusstsein.
Wenn er sich jedoch die göttliche Urteilsfähigkeit über das Gute und Böse anmaßt, verliert er genauso wie der Wütende den Bezug zur Realität.
Kollektiver Hass
Eine besondere Position des Hasses unter den Emotionen geht aus seiner Ansteckungskraft hervor. Hass springt bei bestimmten Voraussetzungen wie Feuer auf die Mitmenschen über. Der kollektive Hass verlangt nach korporativem Geist. Weder die, die hassen, noch die, die gehasst werden, betrachtet man als einzigartige Individuen.
Eine Hassgruppe braucht einen Führer, „der seine Gefolgschaft auf das Hassobjekt ausrichtet“. Er muss nach außen hin stark erscheinen, er darf keine Zweifel zeigen.
Zu solch einer Gruppe gesellen sich Menschen aus unterschiedlichen, nicht unbedingt ideologischen, Motiven. Es ist „gut belegt, dass viele gewalttätige Handlungen aus keinem ideologisch motivierten Hass resultieren, sondern aus einer Gefolgschaft, die auf persönlichen Bindungen unter den Mitgliedern einer Hassgruppe beruht“.
Feindbilder und Hass-Sprache
Man hasst an dem anderen einen Teil, ein Merkmal oder die ganze Person. „Von besonderer Bedeutung ist es, wenn das Merkmal, weshalb ein Mensch einen anderen Menschen hasst, dessen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (=sozialen Kategorie) ist“.
Der Gehasste wird zu einem hässlichen Bild verarbeitet. Das Feindbild besteht dabei im größten Teil aus dem Selbstbild. Was einen selbst belastet, schreibt er das dem Feind zu. Die mächtigsten Feindbilder entstehen in der kindlichen Sozialisation.
Dem gehassten Menschen wird sein Status als Person abgesprochen. Er wird ferner nicht als Mensch sondern als „Parasit“ oder „Ungeziefer“ dargestellt.
Die Hass-Sprache ist autoritär und arm an kognitivem Inhalt. Sie besteht aus Stereotypen und Klischees, meidet Argumente und zielt auf Entwertung des Hassobjekts.
„Als Hassrede ruft sie zu einer Hetzjagd auf das Hassobjekt auf“. Auf diese Weise soll die Mobilisierung der Hassbereitschaft von Dritten erfolgen. Jene „sollen das Hassobjekt einkreisen und ihn alle Fluchtmöglichkeiten nehmen, bis es erschöpft zusammenbricht“. Empathie ist für den Hassenden ein völlig fremdes Gefühl.