Chitosan – Pharmazie nutzt Krabbenschalen. Medizinischer Hilfsstoff ist zur Wundheilung und Keimabwehr geeignet. Chitosan leitet sich vom Chitin ab, der Gerüstsubstanz von Krebstieren und Insekten. Seine vielfältigen Eigenschaften werden auch pharmazeutisch und medizinisch genutzt. Der Mensch liebt Schalentiere, sie sind für ihn der Inbegriff von Luxus und Schlemmerei. Doch kann er den harten Panzer nicht mit verzehren. Er bleibt als organischer Abfall zurück. Doch die Krabbenschalen können recycelt werden: Aus der Gerüstsubstanz Chitin kann Chitosan nicht nur zur industriellen, sondern auch zur medizinischen und pharmazeutischen Anwendung gewonnen werden.
Trägerstoff für Arzneimittel und medizinische Hilfsmittel
Chitosan wird seit Langem als Träger- und Hilfsstoff in der Pharmaindustrie verwendet: zur Tabletten-Pressung, für die Herstellung von Darreichungsformen mit kontrollierter beständiger Wirkstofffreisetzung (wie zum Beispiel Hormonen aus Implantaten), als Transportsubstanz für polare Arzneimittel durch Schleimhäute oder für die Verbesserung der Arzneimittelauflösung. Wegen seiner absorbierenden, antiseptischen, blutstillenden Wirkung kommt es bereits als Wundauflage zum Einsatz.
Antibakterielle und Schwermetall bindende Eigenschaften machen Chitosan auch für die Zahnmedizin interessant
Experimentell konnten bakterielle Erreger von Plaque, Karies und Zahnfleischentzündung durch Chitosan bekämpft werden. Es fördert darüber hinaus allgemein die Wundheilung in der Mundhöhle. Auf dem Markt – zertifiziert als biologisches Naturkosmetikum – ist bereits eine Zahnpasta (Chitodent). Ob das darin enthaltende Chitosan in der Lage ist, aus Amalgamfüllungen freigesetztes Quecksilber zu binden, bedarf noch einer genauen wissenschaftlichen Forschung. Theoretisch ist diese entgiftende Eigenschaft wegen der Schwermetallbindungskapazität möglich.
Chitosan verstärkt Wirkung von Anti-Pilz-Mitteln
Entzündungen der Mundschleimhaut sind oft eine Folge von Strahlungs- und Chemotherapien bei Krebs und Immunschwächen (AIDS). Hierbei sind Candida-Infektionen gefürchtet. Vor allem zur Anwendung von Pilz hemmenden Wirkstoffen in der Mundhöhle ist eine verlängerte und verbesserte Ausschüttung Ziel der Pharmaforschung, da die Arzneimittel in der Regel schnell durch den Speichel verdünnt und verschluckt werden. Daher müssen Antimykotika mit Hafteigenschaften versehen werden. Chitosan bietet sich hier als bioverträgliches Polymer an, das die Haftphase oral angewendeter Gele und die Wirkstofffreisetzung aus diesen verlängern kann.
Wasserlösliche Chitosan-Verbindungen erwiesen sich in Labortestreihen als hochwirksam gegen C. albicans und C. krusei. Die Forscher an der Universitätsklinik Jena konnten auch im Mikroskop eine komplette Auflösung der Candida-Zellen erkennen. In Labortests, Tierversuchen und Versuchen an gesunden Freiwilligen konnte bei Anwendung der bewährten Anti-Pilz-Mittel Nystatin und Miconazol sowie mit dem in der Zahnmedizin bekannten Antiseptikum Chlorhexidin in einem Chitosan-haltigen Gel eine bessere und schnellere Verteilung des Wirkstoffes erzielt werden. Auch Hauttests in Kombination mit dem gegen Haut- und Nagelpilze eingesetzten Terbinafin verliefen vielversprechend.
Je nach Anwendungsbereich können verschiedene wasserlösliche Chitosan-Derivate bezogen werden (zum Beispiel von Heppe Medical Chitosan in Halle/S.): Chitosan-HCl (für medizinische Anwendungen), Carboxymethyl-Chitosan (zur Wundbehandlung), Chitosan-Lactat (für Kosmetika), Chitosan-Acetat (als Wundauflage bei Verbrennungen)
Mit Chitosan können möglicherweise Bakterien- und Pilz-Infektionen zukünftig wirkungsvoller bekämpft werden
Noch in der Laborphase und vorklinischen Erprobung sind die wirkungsverstärkenden und -ergänzenden Eigenschaften in der Bekämpfung von Candida-Pilzen. Mit dem Multitalent Chitosan steht möglicherweise in Zukunft eine Wirkstoff-Alternative mit breiten Anwendungsmöglichkeiten zur Vorbeugung und Behandlung von Pilzinfektionen zur Verfügung. Eine Möglichkeit wäre, die Schleimhäute mit einem Chitosin-haltigen Film zu überziehen, um das Anheften und somit ein Eindringen der Pilze zu verhindern. Innere und äußere Körperoberflächen können so vor Infektionen geschützt werden.