Top ten der Heilpflanzen: Baldrian.
Baldrian ist ein über viele Generationen bewährtes Beruhigungs- und Schlafmittel – moderne Wissenschaft bestätigt heute das alte Wissen der Volksheilkunde. Wie gesund ist baldrian?
Die Geschichte dieser bis heute zu Recht geschätzten Heilpflanze lässt sich bis ins Altertum zurückverfolgen – wenn auch die Beschwerden, gegen die man den im Volksmund Katzenkraut genannten Baldrian verordnete, andere als heute waren.
Erstmals um 460 vor der Zeitenwende im »Corpus hippocraticum« erwähnt, fehlt der Baldrian in keinem Kräuterbuch mehr. Der römische Historiker Plinius (24 – 79) wie auch der griechische Arzt Dioskurides (1. Jh.) rühmten ihn seiner umfassenden Heilkraft wegen, desgleichen Hildegard von Bingen (1098 – 1179). Selbstverständlich war die Pflanze auch in jedem Klostergarten vertreten.
Von anno dazumal bis heute
Früher hatte Baldrian ein weitaus größeres Spektrum an Heilanzeigen als heute. So galt er als hilfreich gegen Asthma und Sehschwäche, gegen Bandwürmer und zur Förderung der Verdauung. Selbst zur Vorbeugung gegen die Pest fand Baldrian Anwendung. In der frühen Neuzeit wurde Baldrian auch als Aphrodisiakum und probates Mittel gegen die »heilige Krankheit«, die Epilepsie, gehandelt.
Wann genau man die beruhigenden und schlaffördernden Effekte des Baldrians erkannte, ist ungeklärt. Dass diese im Mittelalter bereits bekannt gewesen sein dürften, scheint jedoch angesichts der Texte, die uns aus dieser Zeit überliefert sind, nur wahrscheinlich: Sie empfehlen die Heilpflanze als das Mittel schlechthin gegen unruhige Nerven und gestörten Schlaf. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Darüber hinaus schätzt man Baldrian in der Volksmedizin bis heute auch als probates Mittel gegen leichte Herzbeschwerden, gegen Magenleiden und bei Beschwerden in den Wechseljahren.
Botanische Eckdaten
Die ausdauernde und anspruchslose Pflanze mit ihren charakteristischen doldenartigen weiß-rötlichen Blüten kann über einen Meter hoch werden. Medizinische Verwendung finden die Wurzeln des zweijährigen Baldrians, die nach der Ernte sorgfältig gewaschen und mit groben Kämmen von den feinen Wurzelfasern befreit werden. Nach dem Trocknen, während sich der von Katzen so geliebte charakteristische Baldrianduft entwickelt, erfolgt der Auszug des Extrakts mit Alkohol.
- Wissenschaftlicher Name: Valeriana officinalis L.
- Volksnamen: Dreifuß, Katzenkraut, Mondwurzel, Stinkwurz, Dammarg, Waldspeik
- Familie: Baldriangewächse (Valerianaceae)
- Blütezeit: Mai bis August
- Sammelzeit: Wurzeln im Oktober, Blüten Juli und August
- Vorkommen: Der Baldrian gedeiht in ganz Europa, sowohl in Kulturen wie auch wild. Man findet ihn an Flussufern und Waldrändern, auf Wiesen und Schutthalden.
- Verwendete Pflanzenteile: Zu medizinischen Zwecken verwendet werden die getrockneten Wurzeln des Baldrians.
Wie uns Baldrian hilft
Baldrian enthält ätherische Öle, Pflanzensäuren, Alkaloide, Schleim- und Gerbstoffe sowie Valerensäuren. Letzteren verdankt die Pflanze ihre beruhigenden Effekte: Valerensäuren werden heute als ihre wichtigsten Wirkstoffe gewertet. Sie wirken dämpfend auf das Nervensystem sowie krampflösend und entspannen die Muskeln. In-vitro-Versuche ergaben, dass Valerensäuren den Abbau des Nervenbotenstoffes Gammaaminobuttersäure hemmen. Damit erhöht sich die Konzentration dieses Neurotransmitters, was die Erregbarkeit des Nervensystems herabsetzt und so zur allgemeinen Beruhigung führt. Baldrian greift also in einen Mechanismus ein, wie es auch synthetische Beruhigungsmittel tun. Die weiteren Inhaltsstoffe des Baldrians sind ätherische Öle, Pflanzensäuren, Alkaloide und Valepotriate.
Eigenschaften von Baldrian
- wirkt beruhigend
- fördert die Konzentration
- lindert Nervosität und damit einhergehende Beschwerden, vor allem Schlafstörungen
- gleicht das vegetative Nervensystem aus
- löst Krämpfe
- entspannt die Muskulatur
- hat angstlösende Effekte
- schützt den Organismus vor den schädlichen Wirkungen von Stress
- hilft bei einem nervösen, übererregten Herzen
- Risiken und Nebenwirkungen sowie Gegenanzeigen sind nicht bekannt
Anwendung von Baldrian
Bis heute gilt das »Katzenkraut« als das Mittel der Wahl gegen unruhige Nerven und gestörten Schlaf. Zu Recht: Baldrian ist ein sehr gut verträgliches und zuverlässig wirksames Mittel zur Entspannung und Beruhigung. Im Vergleich zu synthetischen bergen pflanzliche Beruhigungsmittel wie Baldrianwurzelextrakte nicht die Gefahr der Abhängigkeit und beeinträchtigen weder Konzentrations-, noch Leistungsfähigkeit – bei gleicher Wirksamkeit wie der von Barbituraten und Benzodiazepinen in niedriger Dosierung. Präparate mit Baldrianwurzelextrakt, offiziell zugelassen und erstattungsfähig bei »Unruhezuständen und nervös bedingten Einschlafstörungen«, erobern sich deshalb einen immer größeren Stellenwert in der Behandlung nervöser Beschwerden.
Baldrian können Sie innerlich als Pflanzenpresssaft, Tinktur oder als Extrakt aus den Wurzeln anwenden. Äußerlich eignet sich Baldrian als Badezusatz.
Pflanzliches Sandmännchen
Immer mehr »Schlaflose«, und vielleicht auch Sie, versuchen mit einem pflanzlichen Präparat, wieder zu ungestörten Träumen zu kommen. Nicht umsonst laufen Präparate mit Baldrianwurzel, Hopfenzapfen und Melissenblättern synthetischen »Sandmännchen« den Rang ab. Die Wirkung von pflanzlichen Schlaf- und Beruhigungsmitteln ist zwar schwächer als die chemischer, doch das wiegt eine ganze Reihe von Vorteilen auf. So besitzen pflanzliche Mittel kein Abhängigkeits- und Suchtpotential, keine Nebenwirkungen und rufen keine Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln hervor. Sie setzen Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit nicht herab, verändern das natürliche Schlafmuster nicht und sind bei allen Altersgruppen anwendbar – auch bei Kindern und sehr alten Menschen.
Im Licht der Wissenschaft
Baldrian ist einer der besten Belege dafür, wie wertvoll das tradierte Heilwissen vergangener Tage sein kann. Was den mittelalterlichen Ärzten bekannt war, ist heute durch die moderne Forschung hinreichend bestätigt. Im Zuge wissenschaftlicher Untersuchungen erwies sich Baldrian als wirksames Sedativa: Als Arzneimittel mit dämpfender, mithin beruhigender Wirkung auf die Funktionen des zentralen Nervensystems. So zeigen Studienergebnisse, dass Baldrianwurzelextrakte bei Schlafstörungen eine eindeutige Überlegenheit gegenüber Plazebo besitzen.
Baldrianextrakt nimmt auch Einfluss auf das Melatonin. Dieses Hormon wird abhängig vom Lichteinfall auf die Netzhaut von der Zirbeldrüse ausgeschüttet und hat eine wichtige Bedeutung als Zeitgeber in der Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus. In Untersuchungen an Groß- und Kleinhirnrinde wurde festgestellt, dass dieses Hormon eine ähnliche Wirkung besitzt wie die Gammaaminobuttersäure. Deshalb vermutet man, dass die Baldrianstoffe auch die Bindungsstelle für Melatonin beeinflussen und so die schlafregulierende Wirkung verstärken.
Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker
Empfehlenswerte Präparate mit Extrakt aus Baldrianwurzeln sind beispielsweise:
- Baldrian-Dispert
- Euvegal Balance
- Luvased
- Neurapas balance
- Pascosedon
- Sedacur Beruhigungsdragees
- Sedariston Konzentrat Kapseln und Tropfen
- Sedonium 300 mg