Trainings von Kompetenzen gibt es wie Sand am Meer. Grundlegende Richtlinien für die Qualität existieren noch nicht.
Doch das kann ein Trugschluss sein. Die Vermittlung von Kompetenzen wird häufig werbewirksam zum Verkauf von Trainings und Coachings, Lehrgängen und Bildungsmaßnahmen eingesetzt. Manchmal erscheint es regelrecht unerwünscht, die Ursachen einer Lehrgangsqualität wissenschaftlich zu ergründen.
Eine wirksame Maßnahme gegen solche Scheinqualitäten ist eine gute Definition des Kompetenzbegriffes. Eine andere wirksame Maßnahme ist die Aufklärung darüber, wie man Kompetenzen aufbaut.
Kognitive Fertigkeiten: die Elemente der Kompetenz
Der amerikanische Kognitionspsychologe John Anderson spricht im Zusammenhang mit Kompetenzen von kognitiven Fertigkeiten. Kognitive Fertigkeiten sind die Elemente, die eine Kompetenz ausmachen, oder umgekehrt: Kompetenzen bestehen aus kognitiven Fertigkeiten. Jetzt ist nur noch die Frage, wie man zu kognitiven Fertigkeiten kommt. Dies allerdings ist ganz einfach: durch Üben.
Üben – nur so erwirbt man Kompetenzen
Beim Üben passiert, laut Anderson, folgendes: der Mensch nimmt zunächst faktisches Wissen auf, und indem er dieses faktische Wissen „behandelt“, verwandelt er es in prozedurales Wissen. Prozedurales Wissen ist nichts anderes als eine kognitive Fertigkeit.
Hier gibt es einige Dinge zu beachten. Zunächst muss man faktisches Wissen in eine sinnvolle Ordnung bringen. Das Ordnen ist ein mentaler Prozess. Dabei spielen bereits erlernte Kompetenzen eine wichtige Rolle. Sie stellen nämlich die Fähigkeit, neues faktisches Wissen in einen „guten“ Zusammenhang zu bringen. Werden diese bereits erlernten Kompetenzen nicht beachtet, kann der Aufbau neuer Kompetenzen mühsam sein oder sogar in eine völlig falsche Richtung davonschießen.
Ist dieser erste Schritt gelungen, dann kann das faktische Wissen eingeübt werden. Einüben ist hier nicht nur an Handlungen orientiert, sondern auch am Durchdenken. Sinnvoller spricht man vom Vernetzen neuen Wissens.
Drittens müssen dann die kognitiven Fertigkeiten automatisiert werden. Automatisieren heißt, dass man sich nicht mehr anstrengen muss, wenn man diese einsetzen will. Hierbei spielen zwei Aspekte eine wichtige Rolle. Kognitive Fertigkeiten gehen oft in das unbewusste Repertoire unserer Handlungsmöglichkeiten über. Damit wir uns unserer Kompetenzen bewusst bleiben, ist ein gleichzeitiger Aufbau von metakognitiver Bewusstheit nötig. Zum anderen ist es wichtig, diese kognitiven Fertigkeiten in einen größeren mentalen Bereich einzubinden. Das heißt konkret: Jede Kompetenz bezieht sich (idealerweise) auf eine höhere Kompetenz.
Praktisch gesehen kann man das Automatisieren vom Einüben nicht trennen. Die gut geübte Behandlung von faktischem Wissen führt zwangsläufig dazu.
Kompetenz und Karriere
Häufig werden Kompetenztrainings mit dem Karriereerfolg (als Versprechen) verknüpft. Das ist allerdings mythisch. Eine Qualität von Kompetenztrainings liegt darin, dass der Einsatzbereich klar definiert ist (wo man mit welcher Kompetenz handeln kann). Die andere Qualität eines Kompetenztrainings bestimmt sich dadurch, dass angegeben wird, welche höheren Kompetenzen durch ein Training vorbereitet werden. Es muss, wie man in der Lernpsychologie sagt, die Zone der nächsten Entwicklung definiert sein.
Ob jemand diese Zone der nächsten Entwicklung dann erreichen möchte, ist eine von der Qualität eines Kompetenztrainings unabhängige Entscheidung. Übrigens können „emotionale“ Zustände, etwa das viel beschworene Glück oder der Flow, zwar Ziele sein, aber keine von Trainings.
Elementarisieren: wie man Kompetenztrainings entwirft
Doch zurück zum eigentlichen Thema. Wenn Kompetenzen aus kognitiven Fertigkeiten bestehen, dann kann man eine entsprechende Kompetenz in diese zerlegen und einzeln einüben. Diesen Vorgang nennt man Elementarisieren. Gut aufgebaute Trainings und Lehreinheiten erkennt man nicht zuletzt dadurch, dass die einzelnen Einheiten einen sinnvollen Bezug untereinander aufweisen.
Ein Problem dabei ist, dass häufig verschiedene kognitive Fertigkeiten zusammenwirken müssen, damit sie als gekonnte Performanz erscheinen. Beim Einüben muss also eine zunehmende Vernetzung hergestellt werden, und auch dies muss sich im Lehrgang widerspiegeln.
Selbsttraining: langfristig ein hervorragender Weg
Man kann natürlich sich selbst trainieren. Hat man die grundlegenden Mechanismen verstanden, kann man seinen eigenen Lehrgang zurechtschneidern. Zunächst stellt man fest, welche Kompetenz man erreichen möchte (Zielvorgabe), dann elementarisiert man diese (Teilziele) in Bezug auf bereits vorhandene Kompetenzen (Ausgangslage), schreibt sich eigene Übungen (Operationalisieren), trainiert sie zunächst in Form von Trockenübungen (Simulation) und probiert diese dann in realen Situationen aus (Transferieren). Abschließend überprüft man den Erfolg (Evaluation).
Während des ganzen Prozesses reflektiert man dabei „kritisch“, was man tut (Metakognition) und behält mögliche spätere Weiterentwicklungen im Auge (Kompetenzhorizont, Zone der nächsten Entwicklung). Der Vorteil vom Selbsttraining ist natürlich, dass es billiger ist. Der Nachteil ist, dass man keinen erfahrenen Trainer an seiner Seite hat, der einem wesentliche Lernprozesse abkürzen kann.
Kognitionen und Emotionen
Das Training von Kompetenzen ist ein komplexer Prozess. Der hier vorgeschlagene Weg orientiert sich an kognitionspsychologischen Erkenntnissen. Zumindest ein wichtiges Gebiet fehlt zudem: die Verbindung zwischen Kognitionen und Emotionen. Da gerade dieses Gebiet sehr umstritten ist – bis zu den Überzeugungen, es gäbe eine von der Intelligenz gesondert trainierbaren emotionalen Intelligenz –, muss dieses späteren Artikeln vorenthalten bleiben.