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Wie Paare streiten, bestimmt die Lebenserwartung der Beziehung?

Laut John Gottman ist nicht die Häufigkeit des Streitens entscheidend dafür, wie lange Paare zusammen bleiben, sondern die Art wie sie streiten.

Streit gehört zu jeder Beziehung dazu. Nur wenige Paare schaffen es, über Jahre hinweg, ohne Streit zurecht zu kommen. Dabei ist es unwichtig, ob das Paar eine grundsätzlich glückliche oder eher unglückliche Beziehung führt. Auch scheinbar harmonische Partner streiten sich – und trennen sich aus Sicht von Außenstehenden plötzlich und unvorhergesehen. Andere Paare hingegen scheinen sich regelmäßig über viele Kleinigkeiten zu streiten und sind trotzdem viele Jahre zusammen. Woran mag das liegen?

John Gottman beobachtet Paare beim Streiten

John Gottman, ein amerikanischer Psychologe, hat sich auf das Thema Ehestabilität spezialisiert. Auch ihm fiel immer wieder auf, dass die Häufigkeit des Streits scheinbar nichts mit der „Lebenserwartung“ einer Beziehung zu tun hat. Aber was unterscheidet dann glückliche von unglücklichen Paaren? Gottman kam auf die Idee, dass nicht die Häufigkeit des Streitens entscheidend ist, sondern die Qualität. Zusammen mit einem Team von Wissenschaftlern beobachtete er deshalb frisch verheiratete Paare beim Streiten und Diskutieren. Nicht nur das Thema wurde protokolliert, sondern auch der Tonfall, die Gestik und das Zuhörverhalten wurden durch Videoaufnahmen festgehalten. Die Einzelheiten wurden protokolliert und zueinander ins Verhältnis gesetzt.

Ist die Art des Streitens ein Indiz für die Beziehungsdauer?

Nach hunderten von Beobachtungen glaubt Gottman ein System gefunden zu haben, durch welches man vorhersagen kann, ob ein Paar zusammenbleiben oder sich trennen wird. Gottman und sein Team gehen davon aus, dass nicht der Inhalt des Streits oder dessen Häufigkeit für den Fortbestand einer Beziehung wichtig ist, sondern die Art, in welcher gestritten wird. Damit ist gemeint, ob zum Beispiel hauptsächlich nur ein Partner redet, der andere gar nicht zuhört, Beschimpfungen fallen, Verallgemeinerungen benutzt werden oder Ähnliches. Solche Beobachtungen ließen sich durch die umfangreichen Protokolle und Videoaufnahmen gut nachweisen. Durch verschiedene Formeln und Zusammenhangsprüfungen geht das Wissenschaftlerteam davon aus, dass ziemlich genau vorher gesagt werden kann, ob ein Paar zusammenbleibt oder nicht. Gottmans Vorhersagen wurden im Rahmen einer Langzeitstudie überprüft und es stellte sich heraus, dass seine Einschätzungen über das Weiterbestehen der Partnerschaften zu über 80 Prozent korrekt waren.

Welches sind also die apokalyptischen Reiter für die Beziehung?

Gottman entwickelte mit seinem Team die Fünf-zu-eins-Formel. Hierbei wurde festgestellt, dass glückliche Paare meist in einem Streit oder einer Diskussion die positiven Aspekte überwiegen lassen. Auf eine negative Aussage kommen hiernach durchschnittlich fünf positive Aspekte. Dabei muss das Positive nicht unbedingt aus Worten bestehen. Zustimmende Gesten, ein freundlicher Blick oder ein Lächeln werden hier auch dazu gezählt. Bei Paaren, die sich nach wenigen Jahren nach der Hochzeit trennten, stellte Gottman fest, dass das Verhältnis von Negativem zum Positivem im schlimmsten Fall eins zu eins betrug. Hier wurde scheinbar nach der Devise „Ich zahle es Dir mit gleicher Münze heim“ gestritten. Eine negative Aussage des Partners wurde gleich mit einer eigenen negativen Bemerkung oder Geste quittiert. Positive Signale konnten weit seltener beobachtet werden als bei den Paaren, die auch noch Jahre nach der Heirat zusammen waren.