Der amerikanische Verhaltenspsychologe David J. Lieberman erklärte, welche körpersprachlichen Anzeichen es gibt und wie man Lügen entlarven kann.
Niemand wird gern belogen. Doch es ist oft gar nicht so einfach, die Wahrheit in Gesprächen herauszufinden. Ist der Gesprächspartner nicht ehrlich oder will er die wirklichen Interessen verschleiern, fehlen die realistischen Informationen für angepasste Entscheidungen und Verhaltensweisen. Der Psychologe und Autor Lieberman gibt seinen Lesern wichtige Informationen, um nicht mehr zum Opfer solcher Lügen zu werden.
Die Körpersprache kann Täuschungen verraten
Wer gut beobachtet, der hat schon halb gewonnen. Während Worte geschickt verwendet die Wahrheit verbiegen, erzählen Finger, Hände, Arme, Beine mit ihren Bewegungen und die ganze Körperhaltung, wie ehrlich die Mitteilungen sind. Der menschliche Körper spricht seine ganz eigene Sprache, die als schweigsamer Teil die Wahrheit verrät. Ein klassisches Anzeichen für Täuschungen sei fehlender oder stark reduzierter Augenkontakt während Gesprächen. Wer lügt, möchte Augenkontakt möglichst vermeiden. Wirkt der gesamte Körper eher steif und scheint die Gestik mit den Händen und Armen sehr eingeschränkt, kann auch das ein Anzeichen für fehlende Ehrlichkeit sein. Täuschungen können gleichfalls entstehen, wenn wichtige Informationen zurückgehalten werden und nicht die volle Wahrheit gesagt wird. Häufig wird dieses Zurückhalten durch die Körperhaltung erkennbar. Es entsteht ein eher gekrümmter Eindruck, die Arme oder Beine kreuzen sich oder die Bewegungen wirken künstlich, fast mechanisch.
Der Körper lügt nicht, doch die Hinweise sind oft subtil
Lieberman zählt in seinem Buch 46 Hinweise auf, wie man in körpersprachlichen Signalen Täuschungsversuche eines Gesprächspartners erkennen kann. Sie können unabhängig voneinander oder auch in Kombinationen auftreten. Einige sind sehr subtil und man benötigt eine geschulte Beobachtungsgabe, um sie zu erkennen. Andere körperlichen Hinweise erscheinen überdeutlich. Die Deutung komme immer auf die jeweilige Situation und den Kontext an. Sie seien nicht absolut. Geht beispielsweise die Hand einer Person während einer Antwort direkt ins Gesicht, ist die Täuschung wahrscheinlich. Das gilt auch für das Bedecken des Mundes mit der Hand. Es sei ein unbewusster Versuch, die Worte zu verstecken. Jedoch darf man diese Gesten nicht mit Haltungen verwechseln, die zum tiefen Nachdenken gehören und Ausdruck von Konzentration und Aufmerksamkeit sind.
Lügen erkennt man in Relation zum Gesagten
Es gibt individuelle Gesten, die den Lügner entlarven. Zu ihnen gehöre auch das Hochziehen der Schulter. Grundlegend verweise diese Geste eher auf Ignoranz oder Gleichgültigkeit. Ist sie jedoch nur sehr flüchtig und kurz wahrnehmbar, verrät sie eine unechte Emotion. Wichtig für das Entlarven der Lügen sei die Beobachtung der Verhältnismäßigkeit zwischen Wörtern und ihren begleitenden Gesten. Es gibt sehr offensichtliche Widersprüche, beispielsweise ein angedeutetes Kopfschütteln, während etwas mit “ja” bestätigt wird. Zumeist handelt es sich um doppelte Botschaften, wenn Gesten, Wörter und damit transportierte Emotionen nicht zusammenpassen. Besonders aussagefähig sind dabei die Spontanreaktionen. Es handelt sich dabei um den spontanen Ausdruck wahrer Gefühle, der oft nur weniger als eine Sekunde sichtbar wird. Aufgrund der Ausdrucksschnelligkeit fällt es häufig schwer, sofort eine richtige Deutung zu finden. Doch schon der wahrnehmbare Ausdruckswechsel begründet die Annahme, dass die folgend gezeigte Emotion aufgesetzt und falsch sein könnte.
Zeitliche Abfolgen verraten die Wahrheit
Bewegt jemand bestätigend den Kopf, bevor oder während er die Wörter ausspricht, wäre dies ein Anzeichen für ehrliche Aussagen. Wird jedoch der Kopf erst nach den getroffenen Aussagen bestätigend bewegt, sei diese Bewegung erzwungen und deute auf gespielte Gefühle. Ist jemand wirklich wütend, so zeigt er auch schon zum Gesprächsbeginn eine passende Mimik und Gestik. Wird erst von der Wut gesprochen und später ein wütendes Gesicht gezeigt, wirkt das falsch und verrät eher eine schauspielerische Leistung als echte Emotionen. Wer an seine Worte glaubt, würde auch häufig seinen Kopf zu wichtigen Argumenten unbewusst betonend bewegen. Dies sei ein Anzeichen von Wahrhaftigkeit, egal in welcher Richtung und Intensität die Bewegungen ausgeführt werden. Würde hingegen nur mechanisch genickt und sei kein Bezug zur Satzbetonung vorhanden, sei das eine bewusste Bewegung. Sie beabsichtigt etwas besonders zu verstärken. Fehlt der Bezug zum natürlichen Rhythmus des Sprechens, kann es sich um einen Täuschungsversuch handeln.
Ein aufgesetzt wirkendes Lächeln mahnt zur Vorsicht
Mimische Täuschungsversuche sind oft auf den Mundbereich begrenzt. Ein echtes Lächeln würde das gesamte Gesicht zum Leuchten bringen. Bei einem erzwungenen Lächeln ist der Mund fest geschlossen und um die Augen und die Stirn herum sind keine Bewegungen erkennbar. Ein derart gespieltes Lächeln weist mit hoher Sicherheit auf eine Täuschung. Lieberman betont, wie häufig ein aufgesetztes Lächeln maskenhaft für das Verstecken wahrer Emotionen benutzt wird. Zudem gibt auch das Verhalten einer Person im Verhältnis zu dem, was sie gerade sagt, einen sehr guten Hinweis darauf, welche ehrlichen Gefühle sie bewegt. Ein Abwenden des Kopfes vom Gesprächspartner deutet beispielsweise darauf, dass Gesagtes als unangenehm empfunden wird. Wer sich wohl fühlt und Gesagtes akzeptiert, würde sich eher hinwendend verhalten. Wer sich unwohl fühlt, würde eher flüchtig wirken, wenig Raum beanspruchen und zunehmend Distanz zum Gesprächspartner schaffen.
Wer lügt, zeigt nicht mit dem Finger auf etwas. Verfälschungen, Täuschungen und das Weglassen wichtiger Information sei mit innerer Verunsicherung verbunden. Deshalb würden solche Gesten der Überzeugung, Autorität oder argumentativer Betonung beim Lügen nicht oder nur erzwungen und unecht wirkend verwendet.