Schwere Prüfungen leichter bestehen. Tests sind aus zwei Gründen schwer: Weil die Prüflinge Angst haben durchzufallen und weil sie nicht wissen, wie man richtig und nachhaltig lernt.
Alle waren mal in der Schule und sind folglich alle ausgewiesene Experten. Jeder weiß, es wird eine Menge Stoff geboten und Teile davon zeitnah abgefragt. Schüler prägen sich deshalb die Inhalte ein, von denen sie vermuten, dass sie geprüft werden. Die Prüfung ist meist eine reine Gedächtnisleistung, sodass man sie auch ohne Durchblick der Materie schaffen kann. Dieses eingeübte selektive Lernen für Tests, um dann alles wieder fröhlich zu vergessen, weil die Zusammenhänge ohnehin nicht klar waren, funktioniert allerdings bei Prüfungen nicht.
Was ist lernen?
Unter menschlichem Lernen wird keine Dressur verstanden, sondern die überwiegend einsichtige, aktive und sozial vermittelte Aneignung von Kenntnissen und Fertigkeiten, Überzeugungen und Verhaltensweisen. Prüfungsvorbereitungen sind kein blindes Büffeln und Pauken, sondern planvolles geistiges Arbeiten. Bei jeder Prüfung kommt es teilweise auf andere Fähigkeiten an. Bei der Führerscheinprüfung auf Kenntnisse, Fertigkeiten und Verhaltensweisen, beim Abitur auf Allgemeinbildung, beim Universitätsdiplom auf Fachkenntnisse, die mündlich und schriftlich darzustellen sind. Prüfung ist nicht gleich Prüfung, oft gibt es einen praktischen und einen theoretischen Teil und die meisten Menschen bringen in Prüfungen nur noch die Hälfte von dem zustande, was sie sonst können. Folglich darf man sich nicht verwirren lassen, was nur dann gelingt, wenn man sich ganz speziell vorbereitet hat und über profunde Kenntnisse der Struktur des Prüfungsstoffes verfügt.
Mit der Komplexität fertig werden
Es ist falsch, zu glauben, man könnte alles auswendig lernen, dazu sind die Prüfungsfächer zu komplex. Man sollte sich nicht in unwichtigen Details verheddern, und etwas auswendig hersagen zu können, bedeutet ja keineswegs, die Materie durchdrungen zu haben. Deshalb sind die meisten Prüfungsfragen bewusst so abgefasst, dass Verknüpfungen richtig beschrieben werden müssen. Dieses Netz der Zusammenhänge zu kennen, ist sehr viel wichtiger, als einzelne Daten komplett zu wissen.
Wie soll man lernen?
Ausnahmslos jedes Fachgebiet hat einen Wissenskern, der leicht auf ein paar DIN A 4-Seiten passt. Wer die vielen Stapel Fachliteratur, die man sich aus den Bibliotheken besorgen kann, durchgearbeitet hat oder im Internet recherchiert, wird bald erkennen, dass sämtliche Autoren auf ihrem speziellen Fachgebiet um ganz bestimmte Themen kreisen, die immer wieder auftauchen. Diese Kernthesen muss man in ein überschaubares Strukturschema bringen. Sonst würde man von der Informationsflut überwältigt werden!
Extrakt des Wesentlichen
Für ein wirklich umfangreiches Sachgebiet benötigt man nicht mehr als 20 bis 30 Seiten. Nicht etwa Text, sondern Kernsätze, Stichworte und Formeln. Dieses Sammelsurium aus eigenen Aufzeichnungen und Ideen sowie Informationen aus den verschiedensten Quellen muss dann geordnet und komprimiert werden, und zwar auf maximal fünf DIN A 4-Seiten, die den Wissenskern bilden. Diese disziplinierte Zusammenassung, diese Reduktion auf das Wesentliche macht erst die Struktur des Wissensgebietes erkennbar. Anhand von Inhaltsverzeichnissen einschlägiger Fachliteratur lässt sich überprüfen, ob das Gerüst annähernd vollständig ist und stimmt. Diese Maßnahme ist auch deshalb sinnvoll, weil man gerne bekannten Lernstoff auflistet und dagegen für unwichtig hält, was man nicht verstanden hat.
Was ist elaboratives Lernen?
Neben dem Vereinfachen und Aussortieren, um zu einem Schaubild zu kommen, das uns einen Überblick über den gesamten Stoff gibt, den wir parat haben sollten, müssen wir überflüssigen Ballast abwerfen. Dies geschieht durch so genanntes elaboratives Lernen: Das neue Wissen soll mit dem bereits vorhandenen Wissen verknüpft und so besser verankert werden. Wir versuchen also, Fragen aus dem Text heraus zu beantworten oder Beispiele zu finden, wo wir unser neues Wissen einsetzen können. Die Anwendung des Gelernten in der Praxis ist unverzichtbar. Nützlich ist oft auch, jemand anderem mit einfachen Worten eine Theorie zu erklären, oder darüber vor dem Spiegel einen Vortrag zu halten. Immer dann, wenn wir etwas mit eigenen Worten erklären, sind wir gezwungen, uns ganz besonders zu konzentrieren und das hilft natürlich sehr, etwas im Gedächtnis zu behalten.
Der Trick der Gedächtniskünstler
Wer mit seinem Gedächtnis glänzen will, und sei es bei einer Prüfung, sollte eine Methode anwenden, die Zeit braucht, dann aber ziemlich sicher funktioniert. Kernstück ist das Überlegen und Festlegen einer Abfolge von Begriffen, die man leicht erinnern kann und praktisch im Schlaf richtig hintereinander aufrufen könnte, wenn man wollte. Das kann beispielsweise eine Reiseroute sein, oder S-Bahn-Stationen einer Linie, oder die Körperteile von oben nach unten, oder was man nach dem Aufstehen zeitlich hintereinander jeden Morgen tut, oder aber einfach die Zahlen von eins bis 296, die der Weltmeister der Gedächtniskünstler zuordnen kann.
Der Clou bei der Methode, die auch Routenmethode genannt wird, ist de Schaffung eines Systems, das wir sehr viel leichter erinnern und kaum vergessen können, weil die einzelnen Elemente sich stützen, insbesondere die bildhaften. Wir können einfach Bilder sehr viel besser behalten als Begriffe, weil sie Mehrfacheindrücke hinterlassen. Auf diese Weise können wir uns einige Dutzend Stichwörter für Aufzählungen oder Gliederungen merken. Und zwar in der richtigen Reihenfolge und lückenlos. Jeder, der schon einmal in einer schweren Prüfung war, wird wissen, wie hilfreich es sein kann, ganz cool und wie in einem Register die wichtigsten Daten abrufen zu können.
Verstehendes Lernen
Methoden zur Verbesserung der Gedächtnisleistung sind nur für die absolute Wissensbasis des Fachgebietes interessant und können das verstehende Lernen nicht ersetzen. Jede noch so hochwissenschaftliche Thematik hat Erkenntnisprozesse und ihre Ergebnisse, die gewusst werden sollten. Was man wirklich verstanden hat, bleibt sehr lange haften und kann dazu verwendet werden, Antworten abzuleiten. Denn es darf nicht erwartet werden, dass Prüfungsfragen genau so gestellt werden wie man die Antworten gelernt hat. Eine unterschätzte Fehlerquelle ist die Dechiffrierung der Frage. Sicherlich werden meistens nicht absichtlich Fangfragen gestellt, aber es kommt recht häufig vor, dass Fragen unverständlich formuliert sind. Deshalb ist zu empfehlen, sich von Anfang an immer ganz genau auf den Inhalt der Frage zu konzentrieren.