Das Bauchgefühl – Entscheidungen treffen durch Intuition. Selbst rationale Entscheidungen basieren auf emotionalen Erfahrungswerten. Und es gibt viele gute Gründe der eigenen Intuition zu vertrauen.
„Irgendetwas in uns ist klüger als unser Verstand“ schrieb Arthur Schopenhauer. Und die moderne Wissenschaft gibt ihm Recht. Je mehr Einblicke wir in die Funktionsweise des menschlichen Gehirns bekommen, desto klarer wird: Intuition und Vernunft sind keine Gegensätze, sondern ergänzen und unterstützen einander.
Die unbewusste Rechenmaschine in unseren Köpfen
In den letzten zwei Jahrzehnten beschäftigte sich die Wissenschaft zunehmend mit dem, was vorher in der spirituellen Ecke sein Dasein fristen musste: dem Bauchgefühl. Psychologen nennen es das „adaptive Unbewusste“, und meinen damit einen Supercomputer, der im Verborgenen die Unmengen an Daten verarbeitet, die permanent auf Menschen einströmen. Intuitive Erkenntnisse, die aus dem Nichts zu kommen scheinen, bewirken oft lebensrettende Handlungen. Blitzschnelle Beurteilungen wie „harmlos“ oder „gefährlich“ können gar nicht in angemessener Reaktionszeit durch kognitive Analysen erfolgen.
Ob man auf der Autobahn überholt oder nicht, scheint eine Entscheidung durch den Verstand zu sein. Hat man jedoch das Gefühl es besser nicht zu tun, ohne subjektiv beschreiben zu können warum, kann das auf einer Vielzahl von Daten basieren, die bis zum Verstand nicht durchgedrungen sind. So können zum Beispiel der Blickwinkel, der Fahrzeugtyp und die Beschleunigung eines anderen Verkehrsteilnehmers unser adaptives Unbewusstes zur Vorsicht mahnen und ein Überholmanöver abbrechen. Dies geschieht durch einen sehr schnellen Vergleich mit einer unglaublichen Datenmenge an bisherigen Erfahrungen.
Die emotionale Intelligenz
Bewusst können maximal 50 Bits pro Sekunde verarbeitet werden. Allerdings treffen durch sämtliche Sinneseindrücke etwa 11 Millionen Bits pro Sekunde in unserem Gehirn ein. Das adaptive Unbewusste registriert und speichert eine Vielzahl dieser „überschüssigen“ Informationen und nützt dieses Wissen als Grundlage für intuitive Entscheidungen. Sobald eine Situation wahrgenommen wird, aktiviert das adaptive Unbewusste die Erinnerung an vergleichbare Situationen und wählt eine bisher überwiegend erfolgreiche Entscheidungsstrategie. So werden Auslöser negativer Gefühle vermieden, und Auslöser positiver Gefühle gesucht und wiederholt. Beispiele für diese Muster sind: „tu was alle tun“ oder „bleib beim Bewährten“. Lebenslanges Lernen ist Voraussetzung.
Das Bauchgefühl im Test
Bei wissenschaftlichen Tests wurden die Fragen „hängt die Qualität einer Entscheidung davon ab, wie viel Zeit wir darauf verwenden und wie viel Information wir darüber besitzen?“ und „sind wir langfristig mit Entscheidungen zufrieden, die wir spontan oder bewusst gefällt haben?“. Die Ergebnisse besagten, dass viel Zeit und viel Information nicht automatisch bedeuten, dass bessere Entscheidungen und Beurteilungen erfolgen. Sondern eher das Gegenteil war der Fall. Und wer spontan entscheidet, zweifelt im Nachhinein seltener daran.
Einschränkungen der Kompetenz der inneren Stimme
Die blitzschnelle Reaktion des adaptiven Unbewussten setzt eine Vereinfachung der Tatbestände mit Hilfe von Klischees, Vorurteilen, oder Stereotypen voraus. Zum Beispiel beim Entscheidungsmuster „tu was alle tun“ ist hier mit Sicherheit Vorsicht geboten! Wo Differenzierung, Toleranz und Verständnis gefragt sind, oder Einkäufe getätigt werden sollen, ist das Bauchgefühl nicht immer zuverlässig. So wird beispielsweise bei Einkäufen durch Marketingstrategien unsere Intuition bewusst manipuliert.
Wann kann man also der inneren Stimme trauen und wann nicht? Bei hohem Zeitdruck und in Routinesituationen ist auf das Bauchgefühl üblicherweise Verlass. Für wichtige Entscheidungen ohne Zeitdruck sollten die kognitiven und intuitiven Systeme kombiniert eingesetzt werden.