Lange Telomere für ein langes Leben. Sind wir auf dem Weg in die Unsterblichkeit? Forscher fahnden weltweit nach Erkenntnissen, die uns helfen, alt zu werden ohne zu altern. Eine heiße Spur führt in unser eigenes genetisches Material.
Jede Zelle unseres Organismus enthält die komplette genetische Information in ihren Chromosomen. Ein Chromosom ist ein kompakt aufgewickelter DNA-Faden, der die Gene kodiert. Solange wir leben, teilen sich in unserem Organismus Zellen. Komplexe Kontrollmechanismen aus Kaskaden von Signalproteinen und Hilfsmolekülen wachen darüber, dass die Zellteilungen kontrolliert ablaufen und normalerweise nicht in Krebs entarten. Es ist wichtig, dass bei einer Zellteilung die Tochterzelle das gesamte genetische Material erhält. Deshalb setzt eine Zelle bei der Teilung ihre DNA-Kopiermaschine in Gang. Diese besteht aus DNA-Polymerasen, die an verschiedenen Stellen des DNA-Fadens ansetzen, daran entlang gleiten und ihn kopieren. Dabei arbeiten viele DNA Polymerasen zusammen und erstellen so eine exakte Kopie des DNA-Strangs. Doch das Ende der Chromosomen ist eine Schwachstelle. Hier gelingt keine vollständige Kopie, sondern es fehlt ein kleines Stück. Somit ist der neu entstehende DNA-Strang etwas kürzer als der vorhergehende.
Telomere sind Schutzkappen für Chromosomen
Jede Zellteilung knabbert etwas DNA vom Ende der Chromosomen ab. Genetische Information geht dabei jedoch nicht verloren. Dafür sorgen Schutzkappen am Chromsomenende, sogenannte Telomere. Sie bestehen aus spezialisierter DNA, die keine genetische Information trägt. Bei jeder Zellteilung geht ein Stückchen Telomer verloren. Etwa 40-50 Mal kann sich eine Zelle teilen, dann sind die Telomere verbraucht. Nun werden die Chromosomen an ihren Enden klebrig, das heißt sie gehen Verbindungen mit anderen Chromosomen ein, die zu Fehlfunktionen führen. Dies legt einen Schalter in der Zelle um: Aktivitätsmuster des genetischen Materials ändern sich, die Zelle teilt sich nicht weiter und vergreist.
Wie man Telomere repariert
Nicht alle Zellen verlieren ihre Telomere. Krebszellen und Stammzellen sind wahre Meister im Reparieren ihrer Telomere. Sie nutzen das Enzym Telomerase, um ihre Chromosomenenden immer wieder zu verlängern. So wie man die Enden eines Schnürsenkels mit Tesa-Film vorm Zerfleddern schützen kann, sorgt die Telomerase dafür, dass Telomersequenzen erhalten bleiben. Diesen Zusammenhang zwischen Telomeren und Telomerasen klärten Elizabeth Blackburn, Carol Greider und Jack Szostak in den achtziger Jahren auf und bekamen im vergangenen Jahr dafür den Nobelpreis für Physiologie und Medizin verliehen.
Ist die Telomerase der Jungbrunnen für Zellen?
Es gibt Krankheiten, die durch einen genetischen Defekt der Telomerase verursacht werden, z. B. Dyskeratosis congenita. Diese seltene Krankheit geht einher mit Knochenmarksveränderungen, Zahn- Skelett- und Hautanomalien und senkt die Lebenserwartung der Patienten. Gerade Zellen, die sich häufig teilen z. B. Hautzellen und Knochenmarkszellen sind von dieser Krankheit betroffen. Knochenmarkszellen teilen sich millionenfach und produzieren Blutzellen. Doch jede Zellteilung verkürzt die Telomere und die Krankheit hemmt die Telomerase, so dass die Telomere nicht verlängert werden können und die Zellen der Patienten früh sterben. Forscher des Children Hospital Boston versuchen Menschen mit dieser Erkrankung zu helfen. Am Childrens Hospital Boston reprogrammierten Suneet Agarwaal und sein Team Hautzellen von Patienten mit Dyskeratosis congenita, so dass die Zellen ihre Telomere wieder verlängerten. Die Zellen konnten wieder wachsen und sich teilen. Der Trick liegt darin, die kranken Zellen in ein Embryonalstadium zu versetzen. Im Embryonalstadium teilen sich Zellen sehr häufig, die Telomerase ist stark aktiv und schützt Telomere vor Verkürzung.
Medikamente für ein langes Leben
Was bislang in der Zellkultur funktioniert, kann man leider noch nicht auf den Menschen übertragen. Wenn es in der Zukunft gelänge, ein Medikament zu entwickeln, dass die Telomerase aktiviert, könnten Menschen mit Telomerase-bedingten Krankheiten auf Heilung hoffen. Spinnt man den Faden gedanklich weiter, ist es vielleicht sogar möglich eine Therapie gegen das Altern zu schaffen. Doch soweit ist es noch nicht. Also hoffen wir auf ein möglichst langes Ende unserer Chromosomen.