Helmtherapie – Wie sie funktioniert und was die Kritiker sagen . Bei ausgeprägter Plagiocephalie kann ein Helm Besserung bringen. Der folgende Artikel erklärt, wie die Helmtherapie abläuft und beleuchtet Pro und Contra.
„Das wächst sich nicht von alleine aus. Ihr Kind braucht wahrscheinlich einen Helm“, wenn der Kinderarzt mit Sätzen wie diesen die Helmtherapie ins Gespräch bringt, wird es vielen Eltern erstmal flau im Magen. Mit der Helmtherapie werden Kinder behandelt, die mit einem abgeflachten Kopf auf die Welt kommen oder bei denen sich lagebedingt eine sogenannte Plagiocephalie (einseitige Abflachung) entwickelt hat.
Die Mehrzahl der lagebedingten Plagiocephalien normalisiert sich durch Umlagerungen und physiotherapeutische Maßnahmen, mit denen versucht wird, eine Verbesserung der Kopfbeweglichkeit und der Form zu erzielen. Bei ausgeprägten Verformungen des Kopfes kann ein Helm helfen.
Wie die Helmtherapie funktioniert
Bringt der Arzt eine Kopforthese ins Gespräch, so werden bei einem ersten Termin (oft in Kinderkliniken) zunächst die Ursachen der Kopfdeformität geklärt. Dann wird der Grad der Verformung festgestellt. Anschließend wird besprochen, welche Behandlung sinnvoll ist. Empfehlen auch die Spezialisten einen Helm, so wird als nächster Schritt, abhängig von der orthopädischen Werkstatt, entweder ein genaues Gipsmodell des Kopfes angefertigt oder der Kopf mittels eines 3D-Scanners vermessen.
Die Anpassung erfolgt in enger Zusammenarbeit mit dem Arzt und wird von spezialisierten Orthopäden vorgenommen. Der aus Kunststoff gefertigte Helm bietet im Bereich der Deformität einen Freiraum, in den der Kopf ohne Druck von außen hineinwächst und sich in seiner Form normalisieren soll. Nach kurzer Eingewöhnungszeit wird der Helm ganztägig (23 Stunden) getragen.
Ein günstiger Zeitpunkt, um mit der Helmtherapie zu beginnen, ist zwischen dem 6. und 12. Lebensmonat. Die Dauer der Therapie kann zwischen 12 Wochen und 12 Monaten betragen. In einigen Fällen ist eine zweite Helmversorgung nötig.
Kritik an der Cranio-Orthese
Helme helfen, Schädeldeformationen zu beheben und bringen schnell sichtbare Erfolge, sagen die Befürworter der Helmtherapie. Dem stimmen auch die meisten Kritiker zu. Sie geben jedoch zu bedenken, dass die Therapie die gesamte Kopf-Hals-Region irritiert. Einer der schärfsten Kritiker ist der Kölner Arzt für Chirurgie und Chirotherapie, Heiner Biedermann.
In seinem Buch „KISS-Kinder“ stellt Biedermann fest, dass bei mittels Helmtherapie behandelten Säuglingen die Halsmuskeln besonders empfindlich seien. „Sie (die Kinder) reagieren noch sensibler als „normale“ KISS-Kinder (KISS = Kopfgelenk-induzierte-Symmetrie-Störung) und haben es entsprechend schwerer, sich motorisch zu entwickeln“, so Biedermann. Hinzu komme das Problem, dass der Helm an einer zentralen und sensiblen Region wirke und deshalb die Erfahrungen mit anderen, weiter peripher getragenen Apparaten wie z.B. Schienen, irrelevant seien.
Biedermann rät betroffenen Eltern, sich für ein paar Stunden einen Motorradhelm aufzusetzen, der etwas zu klein ist. Dann gewinne man einen Eindruck für das, was man seinem Nachwuchs antue. Was Biedermann verschweigt, ist, dass die Cranio-Orthese ein Eigengewicht von 120 bis 200 Gramm hat und der Vergleich mit dem Motorradhelm dementsprechend hinkt.
Über Möglichkeiten der Behandlung bei Plagiocephalie informieren
Eltern, deren Kind an Plagiocephalie leidet, sollten sich zunächst umfassend über sämtliche Behandlungsmöglichkeiten informieren. Aus einem ersten Termin in der Helmsprechstunde spaziert der Nachwuchs nicht gleich mit einer neuen Kopfbedeckung. Die Fachärzte wägen sehr genau ab, ob ein Helm notwendig ist, oder ob nicht.