Über den Körper die Seele berühren.
Nicht nur der Kopf speichert Erinnerungen. Wenn es nicht gelingt, sich über Worte mitzuteilen oder gar Worte für ein Ereignis fehlen, dann erinnert sich das Gewebe.
Der Osteopath John E. Upledger fand heraus, dass Erlebtes nicht nur vom Gehirn, sondern auch von Organen und vom Gewebe gespeichert wird – und dementsprechend dort abrufbar ist. Er nannte das ‚Gewebeerinnerung‘. Die Craniosacrale Therapie, ursprünglich ein Teilgebiet der Osteopathie, dringt damit in psychotherapeutische Bereiche vor und bekommt so eine neue Richtung.
Wenn die Vergangenheit sich meldet
Manchmal liegen Ereignisse soweit zurück, dass sie schlicht in Vergessenheit geraten sind oder derart gravierend waren, dass sie verdrängt oder vergessen werden mussten. Doch unabhängig vom Zeitpunkt der stattgefundenen seelischen und/oder körperlichen Verletzung, „weiß der Körper Bescheid“ und versucht sich bemerkbar zu machen, sich zu äußern: Er sendet Signale. Trotzdem kann zwischen dem durchlittenen Ereignis und dem Wahrnehmen der ersten Symptome unter Umständen eine lange Phase der Kompensation liegen.
Energiezysten stören das Craniosacrale System
Unfälle, Verletzungen und Traumen hinterlassen eine Verletzungsenergie im Körper. Gelingt es dem Körper nicht, diese Energie zu verteilen und damit den normalen Selbstheilungsprozess in Gang zu setzen, kommt es zu Funktionseinschränkungen. Um diese möglichst gering zu halten, konzentriert der Körper die Verletzungsenergie und bildet sogenannte Energiezysten im Gewebe, welche wiederum zu Störungen im Craniosacralen System führen.
Was ist das Craniosacrale System und wie funktionert es?
Das Craniosacrale System zeichnet sich durch rhythmische Bewegungen aus – unabhängig von Herz- und Atemrhythmus. Grundlage ist die rhythmisch fluktuierende Hirnflüssigkeit, die mit den Bewegungen der Schädelknochen korreliert und über die Hirn- und Rückenmarkshäute mit dem Kreuz- und Steißbein verbunden ist. Da dieses Craniosacrale System Gehirn, Rückenmark, Hypophyse und Zirbeldrüse umschließt, hat es beinahe zwangsläufig Einfluss auf die gesamten Körperfunktionen.
Bei einer Störung ist der Craniosacrale Rhythmus unterbrochen – ein bestimmter Abschnitt bewegt sich nicht mit. Folglich versucht der Behandler den normalen Rhythmus durch bestimmte Techniken wiederherzustellen und somit die Selbstheilungskräfte zu aktivieren.
Die Beschwerden bei einem veränderten Craniosacralen Rhythmus sind vielgestaltig
Beginnend beim Auftreten einzelner Symptome wie Müdigkeit, Obstipation, Zähneknirschen, Konzentrationsschwäche, Schreckhaftigkeit, Lernstörungen, Ängste, Schielen, Lähmungserscheinungen oder Schlafstörungen bis hin zum Auftreten ganzer Symptomenkomplexe wie Depressionen, Migräne, AD(H)S, Posttraumatischen Belastungsstörungen, Autismus und vielem mehr.
Wenn das Gewebe Erinnerungen speichert, muss es Ursachen geben
Die letztendlich verantwortlichen Ursachen können ähnlich der Beschwerden sehr verschieden sein. Nicht wenige sind explizit auf traumatische Erlebnisse zurückzuführen oder haben sonstige psychologische Hintergründe, andere hingegen sind sogenannte Geburtstraumata und können auf den Vorgang der Geburt zurückgeführt werden. Mitunter liegt einer Symptomatik auch ein Sturz auf den Po zugrunde, eine längst verheilte Wunde oder ein Schlag auf den Kopf.
Das Gewebe erinnert sich und Emotionen werden frei
Über die Technik des Somato Emotional Release gerät der Behandler in Kontakt mit dem Unbewussten des Patienten. Diese Technik ermöglicht es, an verdrängte Probleme zu gelangen, jene an die Oberfläche zu holen und zu bearbeiten – Orte mit den entsprechend gespeicherten Erinnerungen und Gefühlen werden intuitiv aufgespürt, zum Beispiel im Beckenbereich. Der Behandler fühlt und „hört“ sich mit seinen Händen in den Patienten hinein. Nicht seltene Reaktionen auf das Einfühlen und schließlich das Freiwerden von Emotionen sind Lachen, Weinen, Schreien, Schwitzen, Zittern oder Fluchen.