Schizophrenie. Wenn die Stimmen wieder kommen… und die Grenze zwischen Wahn und Wirklichkeit schwindet. Die Schizophrenie ist eine der schwersten psychischen Erkrankungen, doch Vorurteile verschärfen das Leid.
„Sie sprechen über die Kaffeemaschine, das Radio oder den Fernseher zu mir. Sie sind in meinem Kopf und berichten von Geheimdienstaktivitäten und geplanten Verschwörungen. Sie sagen, dass meine Gedanken abgehört und umgeleitet werden… die Stimmen kommentieren meinen ganzen Tag“ so beschreibt Angelika das, was sie während einer akut-psychotischen Phase fast täglich erlebt. Angelika ist eine von 800.000 Menschen in Deutschland, die an einer Schizophrenie leiden.
Realität und Wahn nicht mehr zu unterscheiden
Die Schizophrenie gehört zu den schwersten psychischen Erkrankungen und geht in ihrer häufigsten Form, der „paranoiden Schizophrenie“ mit Halluzinationen und Wahnvorstellungen einher, die die Betroffenen nicht von der Wirklichkeit zu unterscheiden vermögen – für sie sind Sinneseindrücke, wie das Hören von Stimmen oder auch optische Wahnvorstellungen ganz authentisch und durch nichts von der realen Welt zu unterscheiden.
Ursachen ungeklärt
Die Erkrankung tritt erstmals zumeist in einem Lebensalter zwischen 18 und 35 Jahren auf. Neben einer genetischen Disposition wird der Ausbruch der Erkrankung oft auf stressbelastete Lebenssituationen, wie der Auszug aus dem Elternhaus, die Trennung vom Lebenspartner oder eine Überforderung im beruflichen Bereich zurück geführt. Auch der missbräuchliche Konsum psychoaktiver Drogen kann ein auslösender Faktor sein. Aufgrund einer höheren Verletzbarkeit der Betroffenen (Vulnerabilität) gegenüber stressbehafteten Ereignissen, so die Theorie, bricht die Erkrankung dann in Form einer ersten Psychose (Phase wahnhaften Erlebens) aus.
Möglichkeiten der Behandlung
Bei der Schizophrenie ist das empfindliche neurochemische Gleichgewicht im Gehirn aus der Balance geraten. Es werden zuviele Transmitterstoffe (Botenstoffe, wie bspw. Dopamin) produziert – insofern lässt sich die Erkrankung durch Medikamente behandeln, die auf dieses Gleichgewicht wirken (Neuroleptika). Dennoch sollen auch psychotherapeutische und soziotherapeutische Maßnahmen ergriffen werden, damit Betroffene lernen, mit der Erkrankung umzugehen und künftig Stress und Konflikte besser bewältigen zu können. Außerdem hilft es, wenn sie begleitend Unterstützung bei der Gestaltung ihres Alltags erhalten.
Heilungschance bei früher Diagnose
Wie bei allen psychischen Erkrankungen gilt auch für die Schizophrenie, je früher sie diagnostiziert wird, desto höher sind die Chancen auf Besserung oder gar Heilung. Letzteres gelingt bei etwa einem Drittel der Patienten, die nach einer Behandlung beschwerdefrei bleiben und ein ganz normales Leben führen können. Ein weiteres Drittel der Betroffenen benötigt weiterhin Behandlung, ist aber dennoch in der Lage, selbstständig zu Leben und teilweise auch wieder ihrem Beruf nachzugehen. Bei den übrigen Patienten lässt sich das Leid durch eine Behandlung lediglich reduzieren – sie können ihr Leben fortan nur noch mit Einschränkungen führen und sind bis an ihr Lebensende auf Hilfe und Betreuung angewiesen.
Vorurteile und Stigma sind kontraproduktiv
Leider werden Menschen, die unter einer Schizophrenie leiden, in ihrem Umfeld auch heute noch allzu häufig stigmatisiert. Reisserische Medienberichte, die von „gewalttätigen Irren“ oder „Verrückten“ sprechen, sind da besonders kontraproduktiv. In Wirklichkeit sind Menschen, die an Schizophrenie erkrankt sind, nicht gewalttätiger als der Durchschnitt der Gesamtbevölkerung…
Derlei Stigmatisierung verschärft jedoch die Auswirkungen der Erkrankung immens und verhindert in vielen Fällen, dass sich die Betroffenen zu ihrer Krankheit bekennen. Einsicht in die Erkrankung ist aber die Grundvoraussetzung dafür, dass betroffene Menschen bereit sind, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Zwangsmassnahmen gegen den Willen der Patienten, wie die gewaltsame Einweisung in eine Klinik, sind nur bei akuter Gefährdung statthaft und sollten weitestgehend vermieden werden, damit die Betroffenen ihr häufig vorhandenes Misstrauen gegenüber professionellen Einrichtungen und Helfern abbauen können.
Schizophrenie ist ein Überlebensvorteil in Extremsituationen. Die Erfahrung führt dazu, dass Kinder Überlebender ihren Stoffwechsel ähnlich zu organisieren lernen. Meidet man Extremsituationen, tritt die Störung dementsprechend nicht auf. Das ist die schlüssigste Begründung für Asylrecht, die es gibt. Etwas als krank zu bezeichnen setzt aber auch die Möglichkeit einer Veränderung voraus. Ansonsten ist es keine Krankheit sondern eine Entwicklung. Die als Krankheit zu bezeichnen, stigmatisiert die Gesellschaft, die diese Entwicklung auszuschließen versucht.
Wow! Das ist komplex. Das ist spannend. …Gesellschaft, ist das nicht: ich leide, wer leidet mit?