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Widersprüche in Arbeitszeugnissen

Der Stellenwert von Arbeitgeber-Beurteilungen im Bewerbungsprozess. Gerade im zeugnis- und zertifikatsgläubigen Deutschland wünschen die meisten Arbeitgeber bei einer Bewerbung die Beifügung von Arbeitszeugnissen.

In den Niederlanden beispielsweise sind den Unternehmen Arbeitszeugnisse gar nicht so wichtig, da sich oft herausstellt, dass das Zeugnis zwar wohlwollend und gut formuliert ist, aber dass die im Zeugnis genannten Fähigkeiten und Leistungen des Arbeitnehmers oftmals nicht mit der Realität übereinstimmen. Manchmal werden sehr gute Arbeitszeugnisse auch als Instrument genutzt, um „unbequeme“ Arbeitnehmer wegzuloben.

Die Skala von Beurteilungen

Formulierungen wie „(stets) zu unserer vollsten Zufriedenheit“ oder „Arbeitsleistungen von jederzeit hervorragender Qualität“ stehen für eine sehr gute Leistung.

Der Textbaustein„stets zu unserer vollen Zufriedenheit“ symbolisiert eine gute Leistung, fehlt das „stets“ oder „jederzeit“ ist die erbrachte Leistung eher als befriedigend zu werten.

Wörter wie „überwiegend“ oder „meist“ oder die Formulierung „zu unserer Zufriedenheit“ stehen für eine ausreichende Leistung.

Die Formulierung „im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit“ ist äquivalent mit einer mangelhaften Arbeitsleistung, genau wie der Satz „Er/Sie erledigte seine/ihre Arbeit mit (beachtlichem) Fleiß und Interesse“.

Ungenügende Leistungen werden durch Worte wie „… bemühte sich, seine Arbeit termingerecht fertig zu stellen.“ oder „… zeigte Verständnis für seine Arbeit“ umschrieben.

Danksagungen und Zukunftswünsche zum Abschluss

Fehlen diese vollständig oder steht dort lediglich „Wir wünschen Herrn XY alles Gute und viel Erfolg“ – es fehlt also das Wörtchen weiterhin – oder werden die Zukunftswünsche mit der Formulierung „… vor allem Gesundheit“ verbunden, braucht sich der Arbeitnehmer nirgendwo mit diesem Zeugnis zu bewerben; egal, wie oft sonst vorher im Zeugnis sehr gute oder gute Leistungen bescheinigt wurden. Jeder Arbeitgeber wird stutzig, wenn im Zeugnis beispielsweise steht „Frau AB erfüllte die ihr gestellten Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit. […] Wir danken Frau AB für die Mitarbeit in unserem Unternehmen, wünschen ihr alles Gute für die Zukunft und viel Erfolg.“

Bei derartig widersprüchlichen Aussagen ist davon auszugehen, dass das Arbeitsverhältnis konfliktreich war – manchmal gehen die Gründe „zwischen den Zeilen“ aus dem Zeugnis hervor, manchmal aber auch nicht. Oft werden gute Zeugnisse nur ausgestellt, um den ungeliebten Mitarbeiter schnell und billig los zu werden und um Prozesse vor dem Arbeitsgericht zu vermeiden, wo man sich dann gezwungenermaßen wiedersehen würde.

Widersprüchliche Aussagen

Ebenso wird sich jeder Personalchef wundern, wenn die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers mit Worten wie „Er bemühte sich, seine Arbeit termingerecht fertig zu stellen und lieferte bei hohem Arbeitsanfall weitgehend brauchbare Ergebnisse“ und „Seine gesellige Art in Verbindung mit seinem Einfühlungsvermögen für die Belange der Belegschaft machte ihn zu einem allseits beliebten Mitarbeiter“ (heißt eigentlich: Er trank zu viel und stellte gerne den Damen nach.“) beschrieben wird, als Abschluss aber zu finden ist. „Ich beurteile seine Arbeitsleistung mit sehr gut.“

Entweder wusste der vorherige Arbeitgeber es nicht besser, als er das Zeugnis ausgestellt hat, oder es ging angesichts dieser widersprüchlichen Formulierungen eher darum, den trunksüchtigen, sexistischen Mitarbeiter los zu werden, indem man ihm trotz schlechter Leistungen ein „sehr gut“ als Gesamtleistung unter den Zeugnistext gesetzt und ihn somit ruhig gestellt hat.

Solche beispielhaft dargestellten Widersprüchlichkeiten sind jedoch leider keine Seltenheit in der Realität.

Wie viel Bedeutung sollte Arbeitszeugnissen zukommen?

Angesichts der oben beschriebenen Widersprüchlichkeiten und der Tatsache, dass beschönigende Zeugnisse auch oft als Instrumentarium eingesetzt werden, um missliebige Angestellte los zu werden, sollte man sich eher anhand der übrigen Unterlagen wie Lebenslauf und dem Verhalten im Vorstellungsgespräch beziehungsweise weiteren Bewerbungsprozess ein eigenes Bild über den Arbeitnehmer machen.