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Wer ist Bikram Choudhury?

Choudhury erhitzt die Gemüter. Seine schillernde Persönlichkeit und sein Yoga-Imperium ziehen oft Kritik auf sich. Trotzdem praktizieren immer mehr Menschen Bikram-Yoga.

Wenn Bikram Choudhury einen Raum betritt, ruhen unweigerlich sämtliche Blicke auf ihm. Die einen rollen genervt mit den Augen, andere lächeln verzückt und wieder andere sind einfach nur erstaunt über das, was sie sehen. Choudhury polarisiert. Sein Äußeres ist mehr das eines Entertainers als das eines Yogis. Und auch sein Benehmen lässt oft an der Ernsthaftigkeit seiner Person zweifeln. Choudhury reißt anstößige Zoten im Minutentakt, albert wie ein kleines Kind herum, um im nächsten Augenblick todernst zu erklären, warum Indien das beste Land der Welt sei. Nun, aus der Ferne lässt sich das sicher leicht sagen, denn Choudhury lebt nicht mehr in der alten Heimat, sondern residiert inmitten der Hollywood Hills. Wie er dahin kam? Bikram Choudhury verkauft Yoga. Als einer der erfolgreichsten Yogis weltweit.

Hot-Yoga-Guru Bikram Choudhury

Geboren wurde Choudhury 1946 im indischen Kalkutta (Bundesstatt Bengalen) als Sohn eines Buchhalters und einer Hausfrau. Nachdem zwei Geschwister Choudhurys bei einer Pockenepedemie verstarben, zog die Familie in den Nachbarstaat Bihar. In der historischen Stadt Deoghar, einem beliebten Pilgerort für Hindus, kam der vierjährige Bikram zum ersten Mal in Kontakt mit Yoga. Der Hindu-Lehrer seiner Geschwister lehrte ihn seine ersten Asanas, für die er mit Süßigkeiten belohnt wurde.

Kurz nach Bikrams sechstem Geburtstag zog Familie Choudhury wieder zurück nach Kalkutta, wo er in einer Sporthalle mit seinem zukünftigen Guru Bishnu Garan Gosh zusammentraf. Mindestens vier bis sechs Stunden pro Tag praktizierte Bikram seit jenem Tag Yoga im Ghosh’s College of Physical Education. Mit 13 Jahren gewann er die National India Yoga Championship und blieb ungeschlagen für die nächsten drei Jahre.

Mit 17 verletzte sich Bikram beim Gewichtheben am Knie. Seine Ärzte prophezeiten ihm, er würde nie wieder gehen können. Mit Hilfe seines Gurus heilte er das Bein jedoch innerhalb eines halben Jahres. Dieses Erlebnis bewog Bikram, ebenfalls Yoga-Lehrer zu werden. 1965 schickte Bishnu Gosh ihn nach Bombay, um dort Menschen mittels Yoga zu heilen. Bikram merkte bald, dass mehr Patienten seine Hilfe benötigten als er betreuen konnte. Und so begann er eine Sequenz aus 26 Übungen zu entwickeln, die universelle Hilfe für jedes körperliche Problem sein sollte. Die Idee des Bikram-Yoga war geboren. Wie aber kam es in die USA?

Bikram Choudhury und Hollywood

1970 verließ Choudhury Indien, um in Japan für seinen Guru Yoga zu unterrichten. In Tokio eröffnete er seine ersten eigenen Yoga-Schulen und arbeitete zeitweise mit der Universitätsklinik zusammen, um die positiven Wirkungen der Übungen zu untersuchen. Später begann Choudhury auch in Hawaii zu unterrichten, wo er eines Tages dem amerikanischen Präsidenten Richard Nixon vorgestellt wurde. Nixon hatte Probleme mit seinem Bein und Bikram gelang es, dieses nach einigen Tagen mittels Yoga zu heilen. Angeblich war Nixon so dankbar, dass er Choudhury beim Abschied eine „Green Card“ überreichte und ihm somit die Türen der Vereinigten Staaten öffnete. 1973 verließ der Yogi Japan und ging nach Los Angeles, wo er heute noch mit seiner Frau Rajashree und zwei Kindern lebt.

Weltweit gibt es inzwischen etwa 3.000 Schulen, welche Bikram-Yoga offiziell unterrichten. Nach eigenen Angaben, hält Bikram sein Yoga für das mit den meisten Anhängern und der am schnellsten wachsenden Community. Vor einigen Jahre sorgte Choudhury für einen Aufschrei in der Yoga-Szene, als er seine Sequenz durch ein Copyright schützen ließ.

Bikram Choudhury als Olympiasieger?

Der Hot-Yoga-Guru hat sich zwar unbestritten ein Yoga-Imperium aufgebaut, jedoch sind manche Punkte in seiner Vergangenheit zweifelhaft. So heißt es in einigen Quellen, Choudhury hätte 1964 bei den Olympischen Spielen in Tokio eine Goldmedaille im Gewichtheben gewonnen. In den offiziellen Aufzeichnungen ist sein Name jedoch nicht zu finden. Auch die Geschichte mit Richard Nixon ist nur schwer nachprüfbar. Wer Bikram einmal live erlebt, der wird gleich seine blühende Phantasie bemerken und sich ausschweifende Geschichten über Bikrams Leben anhören müssen. Manches wird daran wohl wahr sein, aber was, das weiß man nie so genau. Der Unterhaltungswert ist jedoch immer sehr hoch.

Schweißtreibend: Bikram-Yoga

Bikram-Yoga ist eine sehr fordernde, aber effektive Yoga-Richtung. Praktiziert wird in einem auf 38 Grad erhitzten Raum, bei etwa 30 Prozent Luftfeuchte. Jede Stunde dauert 90 Minuten. Gelehrt wird immer die selbe Sequenz aus 26 Hatha-Yoga-Übungen, bestehend aus stehenden und liegenden Asanas.

Bikram-Yoga in Deutschland

So richtig in Deutschland angekommen ist Bikram-Yoga noch nicht. Nur wenige Studios gibt es, die Nachfrage jedoch wird immer größer. Momentan finden Sie original Bikram-Studios nur in folgenden Städten: Berlin (Mitte), Frankfurt/Main, Hamburg, Kiel und München. Eine Übersicht der Studios weltweit finden Sie auf der Webseite des Yoga College of India.

Literatur über Bikram Choudhury und Bikram-Yoga

Absolut empfehlenswert und momentan das beste auf dem Buchmarkt ist die englische Ausgabe „Bikram Yoga“. Darin finden Sie Einblicke in das Leben Choudhurys sowie genaue Anleitungen zu jeder einzelnen Bikram-Asana. Die deutsche Übersetzung hingegen sollte nicht gekauft werden. Das Buch aus dem Riva-Verlag ist größtenteils fehlerhaft und hölzern übersetzt worden, so dass es weder Unterhaltungswert hat, noch zur Wissenserweiterung taugt.

Einen recht unterhaltsamen Einstieg bietet hingegen „Bikram Yoga. Das Praxisbuch“. Allerdings ist es nicht zur Vertiefung geeignet, da die Übungen zu ungenau beschrieben sind. Wer kann, sollte auch hier das englische Original kaufen: „Bikram’s Beginning Yoga Class“ trifft ziemlich gut Bikrams Tonalität im Unterricht und gibt so viel seiner Persönlichkeit preis. Zu beachten ist allerdings, dass einige Übungen veraltet sind und im Unterricht inzwischen etwas anders unterrichtet werden.