Ich versteh ja was du sagst – aber nicht was du meinst! Es ist nicht selten, dass Paare zu wenig reden. Kommunizieren tun sie jedoch trotzdem. Nonverbal. Da kommt es zu Reibereien. Doch auch dem lässt sich entgegenwirken!
Zu wissen, welche Kodierungen die Menschen benutzen, um gewisse zwischenmenschliche Verhältnisse zu kommunizieren, kann von großem Vorteil für den Empfänger von Nachrichten sein. Jedoch ist es unbestreitbar stets eine Gratwanderung zwischen einem ausgewogenen Maß von verbaler, direkter und nonverbaler, indirekter Kommunikation. Besonders in der Paarbeziehung. Gerne wird nonverbale Kommunikation verstärkt eingesetzt.
Funktionen der indirekten Kommunikation
Weil indirekte Kommunikation erlaubt, Themenbereiche zu betreten, ohne faktisch darauf festgelegt zu werden, bietet sie einen hervorragenden Schutzpanzer für den angreifbaren Menschen. So können unterschwellige Drohungen, klagende Vorwürfe, ausgeklügelte Erpressungsversuche, aber auch Gefühlseingeständnisse, Liebeserklärungen, und Fragen, für die man seinen Mut zusammennehmen muss, gestellt werden, ohne in Worte gefasst zu sein. Dadurch bleibt immer ein Hintertürchen offen, die dem Sender ermöglicht, sich elegant aus der Affäre zu ziehen und dem Empfänger der Nachricht eine angebliche Fehlinterpretation des Gesagten zu stellen. Auch dies ist in manchen Situationen durchaus keine schlechte Sache, doch auch hier gilt: Wer der Verlockung erliegt, stets auf Nummer sicher zu gehen, und nur noch nonverbal kommuniziert, zwingt sein Gegenüber in die unangenehme Lage, stets alles erraten zu müssen. Unterstützt werden diese Prozesse von dem Sender häufig mit ausdrucksstarker Mimik, einer deutlichen Körpersprache und schweren Seufzern. Sogar ein Schweigen kann so bedeutungsschwanger gestaltet werden.
Die Rolle der nonverbalen Kommunikation in Paarbeziehungen
In vielen Paarbeziehungen liegt eine Grundproblematik nicht, wie zu erwarten wäre, darin, dass zu wenig kommuniziert wird, sondern zuviel. Kommuniziert wird immer. Jeder Mensch trägt eine Botschaft nach außen, ob er das möchte oder nicht. Wenn er dies nicht möchte, wird dies vornehmlich über nonverbale Kommunikation geschehen, eine ablehnende Haltung wird demonstriert. Und hier liegt der Knackpunkt bei den Paarbeziehungen. Wird weitgehend auf direkte Verständigung verzichtet und klare Ansagen vermieden, erhält die Aussage „zwischen den sparsam eingesetzten Zeilen“ eine höhere Gewichtung. Die Partner müssen mehr hineinlesen, weil sie weniger Informationen erhalten. So kommt es zu Missverständnissen, Fehl- oder auch Überinterpretationen, an Stellen, an denen es keine Notwendigkeit gab. Dabei verzichten Männer aus einem Unwillen, sich mit einer Thematik auseinanderzusetzen, aus Bequemlichkeit oder aus einem Vermeidungsverhalten heraus auf direkte Kommunikation. Frauen hingegen, die tendenziell zwar nicht so mundfaul sind wie das andere Geschlecht, benutzen aus anderen Motiven heraus den indirekten Weg, sich dem Partner mitzuteilen: Einerseits bietet er eine Möglichkeit zu umgehen, Bedürfnisse klar zu formulieren. Somit muss frau nicht offen auch zu ihrer quengelnden, fordernden oder unzufrieden Seite stehen. Gleichzeitig erhofft sich dieser Partner, dass sein Lebensgefährte in der Lage ist, hauptsächlich nonverbal zu kommunizieren, weil dies als Messlatte gehandelt wird könnte, wie gut das Paar sich aufeinander eingespielt hat. Die nonverbale Kommunikation schafft eine Einheit, von welcher Außenstehende abgegrenzt werden und demonstriert die Intimität einer Partnerschaft. Dabei wird häufig übersehen, welche Anstrengungen mit dieser Form des Austausches verbunden sind, da es den Beteiligten eine ständige Aufmerksamkeit abverlangt und eine nicht endende Erwartungshaltung an die Sensibilität des Partners stellt.
Abenteuer: „Neue Direktheit“
Solange der Partner kein „Übermensch“ ist, der stets auf alle unterschwelligen Schwingungen achten und sich darauf einstellen kann, ist es hilfreich, sich auf den Ursprung von Kommunikation zu besinnen, und sie hin- und wieder auf eine direkte Informationsvermittlung herunter zu brechen – auch wenn man dann eventuell eine (Schutz-)Maske abnehmen muss. Nicht zu unterschätzen sind positive Effekte, die eine neue Direktheit auf eine Beziehung haben kann. Ein simples: „ Es ärgert mich, wenn du nicht mithilfst, weil es den Eindruck erweckt, dass du meine Arbeit als selbstverständlich abtust.“ kann ein stundenlanges säuerliches Schweigen mit anschließendem Gefühlsausbruch antizipieren und beiden Parteien Konflikte und viel Frust ersparen. Und – nebenbei bemerkt – welchem Ego tut es nicht gut, hin und wieder von dem/der Auserwählten völlig überraschend mit einem: „ Du siehst zum Anbeißen aus. Ich würde dich gerne hier und jetzt vernaschen“ in dessen Gedankenwelt hineingelassen zu werden? Vielleicht sollte man sich offener Kommunikation nicht ganz verschließen. Ihr Partner hat unter Umständen gar nicht so unrecht, wenn der berühmte Satz fällt: „ Du, wir sollten mal reden!“