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Weibliche Untreue

Das evolutionäre Erbe. Monogames Verhalten ist ein kulturell beeinflusstes Phänomen. Während Männer mit ihrer Untreue ihren Gen-Pool erweitern wollen, verfolgen Frauen ganz andere Ziele.

In der Geschlechtsmoral beobachten wir meist einen doppelten Standard. Männern wird in den meisten Kulturen mehr Freizügigkeit zugestanden als Frauen. Weiblicher Ehebruch ist in fast allen Kulturen verpönt. Man kann dafür soziobiologische Gründe anführen. Der Mann als Versorger von Frau und Kind muss drauf achten, dass es auch wirklich sein Erbe ist, das er großzieht. Durch die zusätzliche Deponierung seines Erbgutes anderswo, erhöht er die Chance der Verbreitung seines Erbgutes. Die Frau muss ihrerseits daran gelegen sein, sich die Betreuung und Zuneigung eines Versorgers zu erhalten. Es sieht so aus, als brächte die Frau eine größere Bereitschaft mit, sich an einen Partner zu binden: als wäre sie monogamer veranlagt als der Mann, während der Mann zwar ebenfalls partnertreu, aber doch nicht streng monogam ist.

Gleiche Rechte für Mann und Frau

Die Frau hat jedoch durchaus Appetenzen, auch außereheliche Beziehung einzugehen. Sie ist sexuell neugierig, wenn auch vielleicht etwas gebremster als der Mann. Zur Anpassungen im Dienste der ehelichen Partnerschaft gehört neben der Bindungssexualität auch die starke Gattungsbereitschaft des Mannes, sowie die Fähigkeit der Frau, dem Mann auch außerhalb ihrer fruchtbaren Tage sexuellen Verkehr zu gewähren. Sie bietet damit dem Mann und sich selbst „beziehungsstärkende“ positive Erlebnisse. Umgekehrt ist sie aber auch durch ihre Fähigkeit, einen Orgasmus zu erleben, dazu motiviert, sexuellen Verkehr zur suchen.

Der versteckte Eisprung

Als Hinweis auf die Natur der Untreue werten Biologen allein schon die Aggressivität des Mannes. Ein Phänomen, das besonders bei Tierarten auftaucht, bei denen die Männchen stark um die Weibchen konkurrieren. Die Folge: Ständig ist der Mann bemüht, die Frau vor Übergriffen anderer Männer zu bewahren. Und glaubt man den Wissenschaftlern, hat der Mann auch allen Grund dazu: Anders als die meisten Tiere verbergen Frauen, wann ihre fruchtbaren Tage sind, und können folglich ihre Fortpflanzungspartner frei wählen. Für den Mann bedeutet das: Er kann sich niemals sicher sein, ob das Kind seiner Partnerin auch tatsächlich von ihm ist. Ein von allen Männern als Signal wahrgenommener Oestrus (Zeit erhöhter sexueller Aktivität, bei dem der Eisprung geschieht) würde in der Kleingruppe Unruhe schaffen und damit eheliche Partnerschaften durch Rivalitäten der Männer gefährden. Die Harmonisierung des Gruppenlebens und der Schutz heterosexueller Dauerpartnerschaften wären dadurch gefährdet.

Wer die wahl hat, hat die Qual

Da Frauen im Falle einer Schwangerschaft erheblich mehr in den Nachwuchs investieren müssen als Männer, sind sie insgesamt wesentlich wählerischer und kritischer, was ihre Partnerwahl und ihre Beziehungen betrifft. Dies trifft umso mehr auf die Tage zu, an denen die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft hoch ist. Dass Frauen in den fruchtbaren Tagen kritischer sind, bedeutet aber nicht, dass sie mehr Kritik üben oder gar schlechtere Laune haben. Das ist kurz vor der Menstruation der Fall, und unter dem Begriff prämenstruelles Syndrom bekannt. Es bedeutet vielmehr, dass sie die eigene Beziehung und (potentiellen) Partner sorgfältiger und gründlicher betrachten. Dabei können sie durchaus auch die positiven Seiten des Partners klar erkennen, die sie vielleicht ansonsten im Alltagsstress leicht übersehen. Evolutionär betrachtet ist dieses Muster durchaus sinnvoll. All unsere weiblichen Vorfahren, die während der gefährlichen Tage ihres Zyklus nicht besonders wählerisch waren und den erstbesten Mann mit in die heimische Höhlen nahmen, liefen eben auch Gefahr, auf Männer zutreffen, die krank, schwach oder weniger intelligent waren als andere. Viele der unter diesen Bedingungen gezeugten Kinder hatten in der Folge geringere Überlebenschancen.

Emotional versus Sexuell

Männer und Frauen unterscheiden sich weniger darin, was sie schlimmer finden – emotionale oder sexuelle Untreue -, sondern darin, für wie wahrscheinlich sie es halten, dass das eine nicht ohne das andere geht. Frauen gehen davon aus, dass Männer zwar Sex ohne Liebe erleben können, nehmen aber an, dass, wenn der Partner sich in eine andere Frau verliebt, er auch mit ihr schläft. Männer vermuten umgekehrt, dass Frauen nur Sex haben, wenn sie auch verliebt sind. Wenn also Frauen emotionale Untreue schlimmer finden, dann setzen sie stillschweigend voraus, dass er sowieso mit der anderen ins Bett geht. Wenn Männer sexuelle Untreue schlimmer finden, dann gehen Sie davon aus, dass ihre Partnerin auch verliebt ist. Es ist also letztlich jeweils die doppelte Untreue, die Männer wie Frauen gleichermaßen entsetzt. Kulturelle Unterschiede zeigen sich auch darin, wem beim Treuebruch die Schuld zugeschoben wird und welche Reaktionen im Falle des Ehebruchs als gerechtfertigt erscheinen.

Kulturelle Unterschiede

Im Kulturen, in denen persönlicher Besitzt und eine enge, intensive Bindung zwischen einem Paar hoch im Kurs stehen, sexuelle Monogamie und die Ehe als wichtig für das ökonomische und soziale Bestehen geachtet werden, ist bei Männern ein eifersüchtiges Verhalten stärker ausgeprägt. Deutschland zählt wie auch die meisten anderen abendländischen Kulturen dazu. Anders ist das in Kulturen, in denen der Besitz einer größeren Familiengruppe gemeinsam gehört, Sexualität vor und neben der Ehe toleriert und in denen die Ehe als nicht so wesentlich betrachtet wird; hier ist Eifersucht weniger ausgeprägt. Die Aborigines Australiens, zumindest sofern sie noch auf traditionelle Weise leben, gehören zu einer solchen Kultur. Je nach Kultur ist Eifersucht also eine mehr oder weniger übliche Reaktion.