Der Einsatz pflanzlicher Mittel im Klimakterium: Gynäkologika. Auch im Hinblick auf die Wechseljahre bietet die Phytotherapie zahlreiche Möglichkeiten, Beschwerden zu lindern oder abzustellen: Gynäkologika.
Die letzte vom Ovar (Eierstöcken) gesteuerte Monatsblutung bezeichnet man als Menopause.
Unter Perimenopause oder Klimakterium versteht man den Zeitraum fünf bis sieben Jahre vor der Menopause sowie das erste Jahr nach der letzten Monatsblutung.
Aufgrund von Hormonumstellungen, die durch Nachlassen der Eierstockfunktion bedingt sind, treten während der Wechseljahre verschiedene Beschwerden auf:
Neurovegetative Beschwerden:
- Hitzewallungen, Schweißausbrüche
- Blutdruckschwankungen
- Herzklopfen, stechen in der Herzgegend
- Migräneartige Kopfschmerzen
- Ohrensausen, Schwindelgefühl
Psychische Beschwerden:
- Depressive Verstimmung, Angstzustände
- Konzentrationsstörungen, Antriebsschwäche
- Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit
- Schlafstörungen, nervöse Erschöpfung
- Nachlassende Libido
Stoffwechsel- und hormonbedingte Veränderungen:
- Erhöhte Cholesterinwerte und Lipid(=Fett)spiegel
- Osteoporose
- Funktionsstörungen der Scheide (Scheidentrockenheit und Schmerzen beim Koitus), Harnröhre, Blase (Harninkontinenz)
- Veränderungen der Haut, Haare und Nägel
- Juckreiz, Gewichtszunahme
Einsatz pflanzlicher Mittel
Zur Therapie werden östrogenähnlich wirksame Phytopharmaka eingesetzt, wenn eine Hormonbehandlung von Patienten abgelehnt wird, kontraindiziert oder (noch) nicht erforderlich ist.
Seit eine klinische Studie (WHI -Women’s Health Initiative)-Studie bei der Frauen im Alter zwischen 50 und 79 Jahren mit synthetischen Östrogenen und Gestagenen behandelt wurden, wegen vermehrter Risiken wie z.B. Thromboembolien, Brustkrebs, Schlaganfällen, Herzinfarkt und unerwünschten Ereignissen im Bereich der Herzkranzgefäße abgebrochen wurde (vgl. Anmerkung), ist die Hormonersatztherapie in den Wechseljahren, die zur Behandlung der Wechseljahresbeschwerden und der Langzeitauswirkungen der verminderten Östrogenausschüttung durchgeführt wird, kontrovers diskutiert worden.
Folglich intensivierte die pharmazeutische Industrie die Entwicklung von Substanzen, die selektiv die Wechseljahresbeschwerden bekämpfen, während unerwünschte Nebenwirkungen möglichst nicht auftreten sollen. Diese Substanzen nennt man „selektive Estrogen Rezeptor Modulatoren“ (kurz SERM).
Pflanzeninhaltsstoffe mit östrogenähnlichen Wirkungen werden unabhängig von ihrer chemischen Struktur fälschlicherweise Phytoöstrogene genannt, obwohl es sich nicht im engen Sinne um Hormone wie z.B. Östrogene handelt. Sinnvoller wäre der Gebrauch des Begriffs Phyto-SERM, weil die körpereigenen Hormonspiegel häufig nicht beeinflusst werden, wohl aber einzelne durch Hormone beeinflusste Symptome von den Pflanzen hervorgerufen werden, wobei die unerwünschten Wirkungen, die nach Hormongabe aufgetreten sind, oft ausbleiben (Hervorrufen von Thrombosen, Herzinfarkt, Krebsentstehung).
Folgende Inhaltsstoffe und Drogen fasst man beispielsweise unter dem Begriff Phyto-SERM zusammen:
- Isoflavonoide (in Sojabohnen, Rotkleeblüten, Linsen, Kichererbsen, Nüssen, Getreide und Bohnen),
- Stilbene (z.B. in Hopfenzapfen (Lupuli strobuli), Rhapontik-Rhabarber (Rheum rhaponticum) oder aus dem Wein (Reservatrol); da bei den Nachkommen von Frauen, denen man Stilbene als Kontrazeptiva verabreicht hatte, häufiger Ovarialkarzinome festgestellt wurden, werden Stilbene heute vornehmlich zur Behandlung des Prostatakarzinoms verwendet) und ggf. Phytosterole
- Lignane (in Vollkorngetreide, Sesam, Lein, Sonnenblumenkernen, Beeren, Hülsenfrüchten, Brennnesselwurzeln) greifen im Körper auf sehr unterschiedliche Weise in den Aufbau der Sexualhormone ein und haben nicht alle eine östrogene Wirkung.
Bei Pflanzenextrakten aus Traubensilberkerzenwurzelstock (mit Triterpen-glykosiden wie z.B. Actein) sind Wirksamkeit und Unbedenklichkeit durch klinische Studien am besten untersucht.
Es empfiehlt sich hier der Einsatz standardisierter Fertigarzneimittel in Absprache mit einem Gynäkologen (vor der Selbstmedikation mit pflanzlichen Mitteln ist es wichtig, das Vorliegen von verschiedenen Krebsarten im Bereich weiblicher Sexualorgane auszuschließen).
Sehr schlecht ist die Wirksamkeit der Yamswurz (Dioscoreae radix) als Gelbkörperhormonersatz belegt. Extrakte aus Yamswurz werden als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben, für die keine klinischen Studien notwendig sind. Außerdem ist unklar, wie die Yamswurzextrakte für eine ausreichende Wirkung zu dosieren sind, nicht nur aufgrund von fehlenden Untersuchungen, sondern auch, weil bei Nahrungsergänzungsmitteln häufig eine Gewährleistung gleicher Gehalte an Inhaltsstoffen ausbleibt.
Linderung einzelner Symptome bei Wechseljahresbeschwerden
Nicht immer treten alle Beschwerdebilder bei Frauen in den Wechseljahren gleichzeitig auf. In diesen Fällen ist es ggf. angemessen, einzelne Symptome zu lindern:
Gegen Trockenheit der Scheidenschleimhäute können verschiedene Gleitmittel in Form von Gelen die Symptome lindern (Gleitgelen®, Femilind®).
Leichte bis mittelschwere depressive Verstimmungen können mit Hilfe von Johanniskrautpräparaten gelindert werden; nervöse Beschwerden werden mit Melissenblättern, Lavendelblüten, Hopfenzapfen als Tinktur oder Tee behandelt, auch der Einsatz von Baldriantinktur ist sinnvoll.
Gegen übermäßige Schweißbildung (auch während der Nacht) kann Salbeitee oder ein Kombinationspräparat aus Salbeiblättern und Eichenrinde (z.B. Sweatosan®) eingenommen werden. Möglicherweise lässt die Wirkung nach 6-8 Wochen nach.
Zur Vorbeugung des Osteoporoserisikos reicht die Gabe von Calcium alleine möglicherweise nicht aus, da die Calciumaufnahme über Vitamin D3 gesteuert wird. Die Gabe von Traubensilberkerzenwurzelstock hat in klinischen Untersuchungen zu einer Verbesserung der Knochendichte geführt.
Anmerkung 1:
In der WHI (Women’s Health Initiative)-Studie sollten 8506 gesunde Frauen zwischen 50 und 79 Jahren 8,5 Jahre lang täglich 0,625 mg eines konjugierten Östrogens und 2,5 mg Medroxyprogesteronacetat einnehmen. 8102 Frauen bekamen Placebo. Primäre Endpunkte waren KHK- und Brustkrebs-Rate. Nach nur fünf Jahren wurde die Studie 2002 vorzeitig beendet – mit enttäuschenden Resultaten: Mit HRT gab es 37, mit Placebo 30 KHK-Ereignisse pro 10 000 Frauen pro Jahr. Und: Mit HRT gab es 38, mit Placebo 30 invasive Mamma-Karzinome pro 10 000 Frauen pro Jahr. Die WHI-Studie ist eine Präventionsstudie. Ihre Daten werden daher differenziert beurteilt: So sei das erhöhte Brustkrebsrisiko bei starken klimakterischen Beschwerden eher zu vernachlässigen, sagen Gynäkologen
„(…) Einem reduzierten Fraktur- und Darmkrebsrisiko steht ein erhöhtes Brustkrebs- und kardiovaskuläres Risiko gegenüber. Zu diesem Ergebnis gelangt der Health-Technology-Assessment(HTA)-Bericht 52, der in diesen Tagen – von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt – publiziert wurde.