Das Leben hinter dem Deich wird mit dem steigenden Meeresspiegel besonders in den Niederlanden immer gefährlicher. „Waterhouses“ sollen Abhilfe schaffen.
Seit Jahrhunderten kämpft die Menschheit gegen das Wasser. Obwohl es unsere wichtigste Ressource – Quelle allen Lebens – ist, haben wir mächtig Angst vor dessen Unberechenbarkeit: die riesige Tsunami-Welle, die nicht nur Japan, sondern die ganze Welt mitriss, ist nur ein Beispiel. Überflutungen auf der einen Seite, Wasserknappheit auf der anderen: Wasser ist nicht nur ungleich verteilt, es scheint dem Menschen in vielerlei Hinsicht im Wege zu stehen. Dabei könnten wir auf Wasser nie verzichten, denn länger als 3 Tage hält es kein Organismus ohne Flüssigkeit aus – auch die Pflanzen und Tiere nicht. Kurz: Wasser kann uns das Leben schwer machen, ist aber gleichzeitig dessen Grundlage.
Der Klimawandel als Ursache des Meeresspiegelanstiegs
Heiß diskutiert werden mittlerweile die Folgen des Klimawandels. Dazu gehört auch der Anstieg des Meeresspiegels, der Hafenstädten wie Amsterdam große Sorgen macht.
Eigentlich ist der Klimawandel ein ganz natürlicher Prozess. In der Erdgeschichte gab es schon immer abwechselnd heiße und kalte Perioden – das ist nichts Besonderes. Der Wasserkreislauf von aufsteigendem Wasser aus den Meeren zur Kondensierung zu Wolken in der Luft macht den natürlichen Treibhauseffekt aus. Er sorgt für ein angenehmes Klima, indem die Sonnenstrahlen vom Reflektieren in die Atmosphäre zurückgehalten werden und die Erde erwärmen.
Wir Menschen beschleunigen und verstärken den natürlichen Treibhauseffekt allerdings durch unser umweltfeindliches Verhalten: Kohlenstoffdioxid in den Abgasen unserer Verkehrsmittel und Fabriken sowie das in der Landwirtschaft vom Vieh produzierte Methan machen dabei den größten Teil der schädlichen Treibhausgase aus. Von der Erwärmung bleibt natürlich auch nicht das Eis verschont: die Polkappen schmelzen nachweislich, die Eisspitzen in den Bergen werden immer kleiner. Die naheliegende Folge: ein erhöhter Meeresspiegel von bis zu 1,50m.
Anpassung an neue Lebensumstände
Nachdem die große Flut 1953 die Niederlande fast vollständig zerstört hatte, war die erste Reaktion: Wasser auf Abstand halten. Seitdem wurde viel Geld in höhere Deiche und aufwendige Wassersperranlagen investiert. Die Angst vor dem Wasser bleibt – denn was ist, wenn die Deiche wie am 1. Februar 1953 wider Erwarten dem Wasser nicht mehr standhalten? Die Katastrophe wäre wohl um Einiges größer als jene Sturmflut. Denn gleichzeitig zum Wasseranstieg sinkt das Land wegen der Gasförderung um einige Zentimeter jährlich ab. Ein hoffnungsloser Fall?
Nicht für niederländische Architekten: ihre Idee dazu ist es, Häuser auf dem Wasser zu bauen – ihre Vision, den Kampf gegen das Wasser für ein sicheres Leben auf dem Wasser zu beenden.
Wenn das Wasser zum Baugrund wird
„Sicher auf dem Wasser?“, werden Sie sich jetzt wahrscheinlich fragen. Wie soll das gehen? Wahrscheinlich denken Sie gerade an Ihre letzte Schifffahrt oder den Besuch des schwimmenden Restaurants auf dem Fischkutter. Vergleichbar mit herkömmlichen Hausbooten sind die neuen „Waterhouses“ aber ganz und gar nicht.
Der Boden der Wasserhäuser ist mit einer mit Styropor gefüllten Betonwanne versehen, durch die das schwimmende Schwergewicht nicht sinken kann. Das Arbeits- und Badezimmer liegt zur Hälfte unter Wasser, wird durch knapp über der Wasseroberfläche angesetzte Fenster aber ausreichend beleuchtet. Damit das Haus genügend Stabilität bekommt – und hier lassen sich Seekranke beruhigen – ist es an mehrere Stahlpfeiler gekettet, die dem Haus durch ihre Höhe Spielraum nach oben (bei Anstieg des Meeresspiegels bzw. Flut), nicht aber zur Seite bieten. Durch die spezielle Konstruktion entsteht ein schwimmendes Haus, was man auch wirklich als „Haus“ bezeichnen darf – wobei die meisten eher futuristischen Luxusvillen gleichen.
Nachhaltige Lösung für die Zukunft oder nur ein Trend?
Die NIederlande sind Vorreiter in Sachen „Waterwoningen“, wie es bei unseren Nachbarn so schön heißt, und auch Großstädte wie Hamburg ziehen bereits nach. Ob auch andere gefährdete Regionen, zum Beispiel Venedig, dem Beispiel folgen werden, ist allerdings fraglich. Denn nicht in jeder Stadt sind solch aufwendige Bauprojekte umsetzbar. Auch Utopien wie ganze Städte, die nach dem Wasserbau-Prinzip konstruiert sind, sind wohl nur Zukunftsmusik, die man sich momentan noch nicht vorstellen mag. Für die sich auf das Fachgebiet spezialisierten Baufirmen würde damit aber ein Traum zerbrechen: der Traum vom großen, großen Geld. Bis dahin fahren sie weiter Autos und essen Fleisch aus Massentierhaltung. Wilkommen Treibhauseffekt, denn wir sorgen dafür, dass die Welt nicht untergeht.