Fragen zur Glückforschung an Prof. Dr. Abele-Brehm. Prof. Dr. Abele-Brehm, Professorin für Sozialpsychologie, teilt mit uns ihre Erkenntnisse aus der Wohlbefindensforschung und erklärt uns das Glück.
Wie nähert sich die Sozialpsychologie diesem Thema?
Durch empirische Studien. Das können experimentelle Studien sein oder auch Fragebogenstudien. Diese Studien werden entweder innerhalb eines Landes erhoben, können aber auch interkulturell angelegt sein.
Was ist Glück?
Glück ist ein momentaner Zustand höchster positiver Befindlichkeit. Neben diesem „Glück“ als Extremform positiven Erlebens beschäftigt sich die „Glücksforschung“ auch mit längerfristigen Formen von Zufriedenheit. Bei letzterer kann man allgemeine Lebenszufriedenheit von spezifischeren Bereichszufriedenheiten wie Gesundheit oder dem finanziellen Status eines Menschen abgrenzen.
Gibt es eine Erkenntnis in der Glückforschung, die Sie besonders erstaunt hat? Falls ja: Welche ist das?
Dass Glück wiederum Glück bedingt; anders formuliert haben zufriedene und ausgeglichene, „glückliche“ Menschen eine größere Wahrscheinlichkeit wiederum positive Erfahrungen zu machen, das heißt ein sich selbst verstärkender Prozess. Umgekehrt gilt dies leider auch. Wer sehr unglücklich ist, läuft Gefahr noch unglücklicher zu werden, weil er sich in Situationen begibt, die ihn Unglück hervorrufen können. Deshalb ist es sehr wichtig, aus einem Unglückszustand oder einem Zustand des Unzufriedenseins bald wieder herauszukommen.
Ihr Fachgebiet, die Organisationspsychologie, beschäftigt sich mit psychologischen Prozessen innerhalb der Arbeitswelt. Gibt es Erkenntnisse darüber, wie glücklich Freiberufler im Gegensatz zu Angestellten sind?
Hier laufen verschiedene Prozesse ineinander, die sich hinsichtlich des Glücksempfindens möglicherweise neutralisieren: Freiberufler haben mehr Autonomie und ganzheitliche Aufgaben – was zufrieden macht – aber sie haben auch eine höhere Unsicherheit, etwa hinsichtlich des Einkommens – was belasten kann.
Warum ist es für Arbeitslose so schwer glücklich zu sein?
Das ist nicht nur das fehlende Einkommen. Vielmehr brechen bei Arbeitslosigkeit viele soziale Bezüge weg , der Tag hat keine klare Struktur mehr, man fühlt sich fremdkontrolliert und schließlich erleben Arbeitslose häufig auch eine Zurückweisung von Anderen, da ihnen – teilweise – implizit unterstellt wird, sie seien mit daran „schuld“, dass sie arbeitslos geworden sind. Außerdem werden Arbeitslose „dünnhäutig“ und haben schnell das Gefühl ungerecht behandelt zu werden. Die Aufrechterhaltung eines hohen Selbstwertgefühls ist in diesem Zustand schwierig.
Gibt es schon Erkenntnisse darüber, wie sich die Wirtschaftskrise auf das Glück der Menschen auswirkt?
Bisher sind die Auswirkungen allgemein noch relativ gering. Sie werden aber sicher größer wenn mehr Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren.
Macht Geld glücklich?
Kein Geld zu haben macht eher unglücklich, das heißt Geld macht insbesondere dann glücklich, wenn man wenig davon hat. Geld allein macht zwar nicht glücklich, aber jeder Mensch – egal wie reich – kann sich mit Geld andere, glücklich machende Erlebnisse verschaffen.
Sind Intelligenz und Glück korreliert?
Nein, Glück ist eher mit Persönlichkeit und Temperament korreliert.
Ist glücklich sein also eine angeborene Disposition oder kann man lernen glücklich zu sein?
Beides. Es gibt klar eine genetische Basis, aber darüber hinaus gibt es noch viele Möglichkeiten, sich selbst (un-)glücklich zu machen. Dazu gehört etwa die Aufmerksamkeitslenkung. Viele Menschen gehen davon aus, dass positive Ereignisse, die sie erleben, „selbstverständlich“ sind; negative dagegen beklagenswert. Man kann lernen, die Aufmerksamkeit auch auf Positives zu lenken und sich daran zu freuen. Ganz wichtig ist die Pflege sozialer Beziehungen. Andere Menschen können eine wesentliche Quelle von Glück sein.
Was sind die grundlegendsten kulturellen Unterschiede im Erleben von Glück?
Es gibt kulturelle Universalien. So sind beispielsweise Freundschaft und Liebe über Kulturen hinweg wichtige „Glücksbringer“. Darüber hinaus nimmt man an, dass in „individualistischen“ Ländern, also westlichen Industrienationen, individuelle Leistung mehr zum Glück beiträgt als in kollektivistischen Ländern wie zum Beispiel Asien, in denen die Zugehörigkeit zur Gruppe eine wesentliche Glücksquelle darstellt.
Wer ist im Durchschnitt glücklicher: Frauen oder Männer?
Da gibt es keinen generellen Unterschied – bei Frauen sind die Schwankungen in eine positive wie eine negative Richtung häufig größer als bei Männern.
Empfinden Kinder ein anderes Glück als Erwachsene?
Das ist schwer zu sagen; möglicherweise denken Kinder weniger über ihr „Glück“ nach und sind spontaner.
Was braucht man also für ein glückliches Leben?
Befriedigende soziale Beziehungen, die Fähigkeit seine Aufmerksamkeit auf das Positive zu lenken, ein angemessenes Einkommen, Herausforderungen in der Arbeit und im Privatleben, die Fähigkeit, den Augenblick zu genießen und sich auf das Wesentliche konzentrieren zu können. Gelassenheit ist auch sehr wichtig; vielleicht auch ein Stück „Demut“ und die Fähigkeit, das eigene Leben in einen größeren Zusammenhang zu stellen.