Hedgefonds sind Finanzvehikel, die konstante Erträge erzielen wollen. Gescheitert sind in der Finanzkrise Strategien von Heuschrecken. Die Branche steht vor einer Zäsur. Wie Fremdkapital die Finanzbranche entzauberte.
Total Return, Absolut Return und Target Return lauten die Versprechen der Hedgefonds. Damit ist gemeint, dass diese Investmentvehikel das Geld der Anleger weniger starken Schwankungen aussetzen als beispielsweise Aktienfonds. Die Finanzkrise 2008 hat die Spreu vom Weizen getrennt.
Der Begriff Hedgefonds kommt eigentlich vom englischen Wort „hedge“. Übersetzt heißt das „absichern“. Genau das sollte auch die Idee eines Hedgefonds selbst sein. Hedgefonds versprechen regelmäßige und stetige Erträge, anstatt sich an bekannten Aktien-Vergleichsindizes zu orientieren. Um das zu erreichen, suchen die Investmentmanager nach Strategien, die anders als bei klassischen Investmentfonds nicht darin bestehen, Wertpapiere zu kaufen und damit lediglich auf steigende Kurse zu setzen.
Hedgefonds – die Alleskönner unter den Investmentfonds
Bei Hedgefonds wird beispielsweise zeitgleich auf steigende und fallende Kurse unterschiedlicher börsennotierter Unternehmen spekuliert. Hat also ein Investmentmanager ein Unternehmen entdeckt, das aus seiner Sicht besser aufgestellt ist als seine Konkurrenten, dann kauft er Aktien dieses Unternehmens und verkauft gleichzeitig andere Aktien derselben Branche (Leerverkauf). Gewichtet er beide Positionen gleich, dann macht er Gewinn, wenn sich der Kurs seiner Kauf-Aktie besser entwickelt als die verkauften Wertpapiere. Durch die Kombination aus Kauf und Verkauf hat er durch seine Strategie das allgemeine Marktrisiko weitgehend ausgeschlossen.
Zudem versuchen manche Hedgefonds von Preisunterschieden an unterschiedlichen Börsenplätzen zu profitieren, wobei die weite Verbreitung von Information solche Gelegenheiten in den letzten Jahren weiter reduziert hat.
Ein anderer Aktionsparameter der Manager eines Hedgefonds besteht im Einsatz von Fremdkapital: Durch das Hebeln des Eigenkapitals („Leveraging“) können größere Kapitalsummen bewegt werden. Dazu nimmt das Fondsmanagement Kredite auf.
Vielfältige Strategien von Hedgefonds
In der Praxis haben sich bislang fünf Strategie-Gruppen durchgesetzt, die von klassischen Investmentfonds – auch wegen gesetzlicher Vorgaben – nicht abgebildet werden können.
- Global Macro (Nutzen von weltweiten Trends)
- Long/Short Equity (Nutzen relativer Stärke)
- Arbitrage (Nutzen von Preisdifferenzen)
- Event Driven (Nutzen von Ereignissen)
- Managed Futures (Trading-Strategien)
Dabei kommen völlig unterschiedliche Wertpapiere (Aktien, Anleihen, Derivate) und räumliche Anlagegebiete zum Einsatz.
Wie die „Heuschrecke“ zum Finanzbegriff wurde
Im Frühjahr 2005 kritisierte der damalige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering diejenigen Finanzinvestoren als Heuschrecken, die Unternehmen aus reinem Profitinteresse zerschlagen und deren Einzelteile verkaufen. Dabei kommt es sehr häufig zum Einsatz von Fremdkapital. Mit seinem Vergleich bezog sich Müntefering vor allem auf Private-Equity-Investoren, die beim Aufkauf von Unternehmen mit einem vergleichsweise geringen Einsatz von Eigenkapital („Leveraged Buy-out“) zuschlagen. Die entstehenden Kreditzinsen werden häufig letztlich den übernommenen Unternehmen aufgebürdet.
Private Equity Unternehmen gehören genau wie Hedgefonds zu den Alternative Investments. In der folgenden hitzigen Debatte in Deutschland wurden Hedgefonds als Heuschrecken gleich mit verhaftet. Ähnlichkeiten der eingesetzen Methoden von Hedgefonds und Private Equity Unternehmen sind vor allem auf den Einsatz von Krediten zurückzuführen. Ansonsten handelt es sich aber um völlig unterschiedliche Geschäftsbereiche und Anlageideen.
Kredite als Kapital-Turbos – in beide Richtungen
Wer bei seinem Investment Kredite einsetzt, der erhöht grundsätzlich das Risiko sein Eigenkapital zu verlieren mit der Zunahme seines Kapitalhebels (Eigenkapitalsumme zu Fremdkapitalsumme). In der Hedgefondsbranche gehört der Einsatz von Krediten zum täglichen Geschäft.
Was sich zunächst harmlos und sinnvoll anhört, nämlich gute Investmentideen über Fremdkapitaleinsatz zu multiplizieren, kann im Falle gegenläufiger Entwicklungen ein erheblicher Beschleuniger beim Kapitalverlust sein. In der Finanzkrise 2008 hat sich in der Hedgefonds-Branche die Spreu vom Weizen getrennt: Gewinnern standen zahlreiche Verlierer gegenüber. Das war zumindest anders geplant und widersprach mancher Werbeaussage der Branche, die keine Verluste machen wollte.
Die spektakulärste Pleite mit einem Hedgefonds erlebten im Jahr 1998 ausgerechnet die Nobelpreisträger für Ökonomie mit ihrem Hedgefonds. Myron Samuel Scholes und Robert C. Merton erhielten im Jahr 1997 ihre Auszeichnung für die Entwicklung eines mathematischen Modells zur Berechnung von Optionen.
Der LTCM (Long-Term Capital Management) setzte aufgrund seiner Berechnungen auf bestimmte Entwicklungen bei russischen Anleihen und anderen Wertpapieren. Was in der Theorie nicht sein durfte, brachte die Welt an den Rand einer Finanzkatastrophe: Unter Führung der US-Notenbank Federal Reserve konnte der Zusammenbruch ganzer Märkte damals noch verhindert werden. LTCM hatte seinerzeit in der Spitze Kapitalhebel von bis zu 100 eingesetzt, konnte also mit einer Milliarde US-Dollar Geschäfte im Volumen von 100 Milliarden US-Dollar bewegen. Diese Sorglosigkeit scheiterte damals genau wie jetzt manche Hedgefonds, die zu viel Fremdkapital einsetzten. In der Krise mussten sie ihre Positionen auflösen und fuhren dadurch hohe Verluste ein.
Statt guter Anlageideen wurden bei einigen Hedgefonds also schlechte Anlageideen verfolgt und der Niedergang durch gehebeltes Kapital beschleunigt. Die gescheiterten Protagonisten verlassen die Bühne – zunächst.