Konkurenz bei der Behandlung der Makula-Degeneration
Mit neuen Medikamenten lässt sich die feuchte Makula-Degeneration bekämpfen. Jetzt ringen zwei Pharmahersteller um diesen Markt.
Das Bestreben der pharmazeutischen Industrie, an den Leiden der Menschheit zu verdienen, führt zu seltsamen Blüten. Darüber wurde jetzt in Nürnberg auf dem Internationalen Kongress der Deutschen Augenchirurgen im Juni 2008 berichtet.
In Deutschland leiden rund 450.000 Patienten unter der feuchten – und damit besonders tückischen Forum – der altersbedingten Makuladegeneration AMD. Bei ihnen wuchern Gefäße aus der Aderhaut in die Netzhaut ein. Das Sehen wir immer schlechter – Erblindung droht.
Ihnen kann der Augenarzt seit kurzem mit einem operativen Eingriff helfen. Dabei werden moderne Wirkstoffe direkt in den Augapfel eingegeben. Diese Wirkstoffe hemmen das Wachstum der Blutgefäße, stoppen den Prozess, erhalten die Sehkraft und können diese sogar manchmal wieder verbessern.
Zwei Medikamente mit unterschiedlichen Preisen
Seit drei Jahren wird dabei das Präparat „Avastin“ eingesetzt. Das stammt aus der Krebsheilkunde und unterdrückt die Blutversorgung von Tumoren. „Obwohl das Mittel für den Einsatz am Auge nicht zugelassen war, wirkte es auch hier erstaunlich gut“, so der Facharzt und Kongresspräsident Armin Scharrer aus Fürth. „In der Folge setzten weltweit immer mehr Augenärzte Avastin als Standardtherapie gegen die Altersblindheit ein In Deutschland war das als so genannte Off-Label-Therapie auch ohne Zulassung gegen AMD möglich, da es dagegen kein anderes zugelassenes Mittel gab“. So Scharrer.
Im Januar hat die Arzneimittelfirma Novartis einen sehr ähnlichen Wirkstoff unter dem Namen Lucentis für die Behandlung der altersbedingten Makuladegeneration zugelassen und auf den Markt gebracht. Augenärzte vermuten, dass beide Mittel ähnlich erfolgreich wirken. Aber die Wirkung von Avastin ist bislang nicht wissenschaftlich bewiesen. Ein Versuch läuft jetzt erst.
Papierkrieg vor Therapie
Das Problem: Lucentis kostet etwa 1 500 Euro, Avastin nur rund 50 Euro. Die meisten Kassen übernehmen aufgrund besonderer Vereinbarungen oder Umstände die Kosten für beide Medikamente. Die Patienten müssen jedoch meist die Therapie erst umständlich beantragen und einen Papierkrieg bewältigen. Die Anträge werden in der Regel genehmigt, aber das Verfahren kann einige Zeit dauern.
Derzeit läuft eine unabhängige Vergleichsstudie an vier Bremer Augenkliniken. Sie soll klären, ob es Unterschiede zwischen beiden Medikamenten gibt oder ob nicht gar das günstige Mittel Avastin sogar besser wirkt. Vielleicht wird ja in Bremen die Standardtherapie der Zukunft entwickelt. Wenn alles gut läuft, hat sogar das ohnehin überforderte deutsche Gesundheitssystem seinen Nutzen davon – hunderttausende Augenkranker auf jeden Fall.
Hintergrund dieser Problematik: Eine Therapie muss außer vom Bundesgesundheitsamt – oder dem entsprechenden Zentralinstitut in einem anderen EU-Land – vom „Gemeinsamen Ausschuss“ von Bundestag und Bundesrat zugelassen werden, damit die Gesetzlichen Kassen diese bezahlen. Die Privatkassen halten sich normalerweise an diese Entscheidungen.