Ergonomie ist die Lehre von den optimalen Arbeitsbedingungen – und dabei geht es um mehr als um den Rücken und den richtigen Bürostuhl.
Am Lehrstuhl für Ergonomie an der Technischen Universität München betreibt man Studien zu Komfort- und Diskomfort für Sportbekleidung und die ergonomische Gestaltung von Sportinformationssystemen. „Die erkennbaren Umwälzungen in Gesellschaft, Arbeitswelt und Technologie provozieren viele Forschungsfragen“, heißt es auf der Internetseite des Lehrstuhls. „Als Beispiele sind neben anderen Faktoren vor allem die veränderten demografischen Bedingungen in den Industrienationen und die sich bietenden Potenziale durch innovative Interaktionstechnologien zu nennen. Maschinen werden zunehmend assistieren und automatisiert agieren, unter vielen anderen auch das Automobil. Wir forschen am Lehrstuhl für Ergonomie sowohl zu anthropometrischen als auch kognitionswissenschaftlichen Fragestellungen.“
Ergonomie zur Optimierung der Arbeitskraft
Wer den Begriff „Ergonomie“ hört, denkt oft zuerst an den Rücken. Arbeitsplätze, also vor allem Stühle und Arbeitsflächen sollen ergonomisch gestaltet sein, damit man keine Rückenschmerzen bekommt. Doch Ergonomie meint viel mehr als das. Die älteste bekannte Definition von Ergonomie stammt von einem Polen mit dem beinahe unaussprechlichen Namen W. Jastrzebowski. Er schrieb den „Grundriss der Ergonomie oder Lehre von der Arbeit“ und stützte sich dabei auf die „aus der Naturgeschichte geschöpfte Wahrheit“. Ergonomie ist demnach ein wissenschaftlicher Ansatz, „damit wir aus diesem Leben die besten Früchte bei der geringsten Anstrengung mit der höchsten Befriedigung für das eigene und für das allgemeine Wohl ziehen.“
Das Wort Ergonomie, die deutsche Form des englischen Ergonomics, ist eine Kombination der beiden griechischen Wortstämme ergon (= Arbeit) und nomos (= Regel, Gesetz).
Das Fachgebiet Ergonomie wurde ursprünglich in den USA während der Industrialisierung geschaffen. Das vorrangige Ziel war die Optimierung der Produktivität der Mitarbeiter. Die wissenschaftliche Erforschung der Ergonomie begann in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts durch Physiologen, die die Belastbarkeit des Menschen und die menschlichen Fähigkeiten zur Erledigung von Tätigkeiten im Umfeld der beiden Weltkriege untersuchten.
Die Vermessung des Menschen
Die Ergonomie (oder human factors) ist die wissenschaftliche Disziplin, die sich mit dem Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Menschen und anderen Elementen eines Systems beschäftigt sowie die berufliche Tätigkeit, die die Theorien, Prinzipien, Daten und Methoden zur Gestaltung anwendet, um das menschliche Wohlbefinden und die gesamte Systemleistung zu verbessern. Ergonomen tragen dazu bei, Aufgaben, Arbeiten, Produkte, Umgebungen und Systeme so zu gestalten, dass diese den Bedürfnissen, Fähigkeiten und Einschränkungen der Personen entsprechen. Die Ergonomie ist heute also ein systemorientierter Wissenschaftszweig, welcher sich über alle Aspekte der menschlichen Aktivität ausdehnt. Somit fördert die Ergonomie einen ganzheitlichen Ansatz mit Gedanken zu physischen, kognitiven, sozialen, organisatorischen, umgebungsbedingten und anderen Faktoren. Ergonomen arbeiten oft in besonderen Branchen oder Anwendungsgebieten. Diese Anwendungsgebiete sind nicht klar abgrenzbar und entwickeln.
Spezialisierungsgebieten der Ergonomie
Die physische Ergonomie befasst sich mit anatomischen, anthropometrischen (= „Vermessung des Menschen“), physiologischen und biomechanischen Eigenschaften des Menschen, dies im Zusammenhang mit der körperlichen Aktivität. Das betrifft unter anderem die Arbeitshaltungen, das Handhaben von Materialien, repetitive (also sich ständig wiederholenden) Bewegungen, arbeitsbezogene Beschwerden der Muskeln und der Knochen, Arbeitsplatzgestaltung, Sicherheit.
Die kognitive Ergonomie befasst sich mit mentalen Prozessen, wie zum Beispiel Wahrnehmung, Erinnerung, logisches Denken und Bewegungsreaktionen, dies wiederum im Zusammenhang mit Interaktionen zwischen Menschen und anderen Systemelementen. Betroffene Themen sind unter anderen Geschicklichkeitsleistung, Mensch-Computer-Interaktion, menschliche Zuverlässigkeit, Arbeitsstress und Training.
Die organisationale Ergonomie befasst sich mit der Optimierung soziotechnischer Systeme. Hier geht es unter anderem um Kommunikation, Ressourcenmanagement der Belegschaft, Arbeitsgestaltung, Arbeitszeitgestaltung, Teamarbeit, Mitwirkungsgestaltung, kooperative Arbeit, neue Arbeitsparadigmen, virtuelle Organisationen, Telearbeit und Qualitätsmanagement.