Sauerstoffmangel ist nicht die Ursache für menschliches Gähnen. Doch aus welchem Grund gähnt der Mensch und warum wirkt dies meist ansteckend?
Die Gähn-Forschung hat zwar längst noch nicht alle Fragen beantwortet, die zu diesem Thema von Interesse sind, dennoch kommen die Wissenschaftler den Antworten Stück für Stück näher und so manche Behauptung konnte inzwischen auch bereits als falsch widerlegt werden.
Warum gähnen Menschen?
Lange Zeit wurde vermutet, dass Gähnen in Folge von Sauerstoffmangel im Blut auftritt und zudem ein Anzeichen von Müdigkeit ist. Die Sauerstoff-Mangel-Theorie konnte jedoch schon vor einigen Jahren widerlegt werden und 2007 wurde in „Evolutionary Psychology“ eine Studie veröffentlicht, die zu dem Schluss kam, dass es vielmehr dazu dient, die Temperatur im Gehirn zu senken und eine Folge ansteigender Hirntemperatur ist. Verantwortlich für diese amerikanische Studie der State University of New York at Albany waren Andrew und Gordon Gallup.
Gähnen kühlt das Gehirn und steigert die Aufmerksamkeitsfähigkeit
Die Studie von Andrew und Gordon Gallup sorgte weltweit für Aufsehen und auch hierzulande nahmen viele Medien ihre Ergebnisse auf. So berichtete unter anderen auch die „WELT ONLINE“ über die Ergebnisse der Studie. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Gähnen nicht als reines Anzeichen von Müdigkeit oder Langeweile zu sehen ist, sondern vielmehr die Funktion hat, die Temperatur im Gehirn zu regulieren. Auf diese Weise können Menschen sich besser konzentrieren, die Aufmerksamkeit steigt und auch die Denkleistung kann verbessert werden.
Warum ist Gähnen ansteckend?
Es bleibt die Frage, warum Gähnen ansteckend ist. Und dass dem so ist, wissen die meisten Menschen aus dem Alltag. Schließlich ist es den meisten schon passiert, dass sie sich haben anstecken lassen und das häufig gerade dann, wenn es nicht passend ist. In der Öffentlichkeit gilt Gähnen bekanntlich gemeinhin eher als unhöflich und die Variante ohne vorgehaltene Hand wird zuweilen sogar als Zumutung oder Dreistigkeit aufgefasst. Doch vielleicht wird in diesem Zusammenhang zumindest hinsichtlich der Hirnkühlungs-Aktion vorschnell geurteilt.
Gähnen als Zeichen von Einfühlungsvermögen?
Eine eindeutige Antwort auf die Ansteckungs-Frage scheint es zwar nicht zu geben. Dafür aber mehrere Interpretationsansätze, von denen einige das Ansteckungs-Gähnen sogar in positivem Licht erscheinen lassen. Dies gilt vor allem für die Theorie, dass sich nur Menschen anstecken lassen, die Empathie, also Einfühlungsvermögen, besitzen. Mit diesem Ansatz beschäftigte sich nicht nur das Fachmagazin „Nature“, sondern auch die „sueddeutsche.de“. Hier wird zudem auch noch einmal auf die Studie der Galupps, sowie auf weitere amerikanische Forschungsergebnisse verwiesen. Die Schlussfolgerungen sind jedoch unterschiedlich.
Gähnen in Gruppen: früher praktisch – heute eher verpönt
Geht es nach den Gallups, könnte ein Individuum, das aufgrund mangelnder Denkleistung gähnt, beispielsweise andere Gruppenmitglieder anstecken, damit die Gruppe insgesamt dauerhaft wachsam bleiben kann. Dem widersprechen andere Theorien, nach denen das Gähnen in einer Gruppe für einen synchronen Wechsel zwischen Aufmerksamkeits- und Ruhephasen sorgt. Vor allem für die in Gruppen lebenden Vorfahren der heutigen Menschen könnte diese nonverbale Art der Kommunikation sich als sehr nützlich erwiesen haben. Wichtig scheinen bei der Gähn-Ansteckung auch die Spiegelneuronen zu sein.
Allerdings handelt es sich hierbei lediglich um Theorien. Und solange es keine stichhaltigen Beweise oder neue Erkenntnisse gibt, sollte man heutzutage weiterhin davon ausgehen, dass Gähnen bei anderen eher schlecht ankommt und nicht als Zeichen für Gutmenschlichkeit oder besondere Bemühungen aufmerksam zu sein interpretiert wird, was wiederum vor allem für Schüler, Studenten und Zuschauer von Dia-Vorträgen bedauerlich ist.