Hätte David Beckham einem Dinosaurier davonlaufen können? Intelligente Software erlaubt es Wissenschaftlern immer kühnere Experimente anzustellen: So fragen sie z.B., ob ein Dinosaurier einem Fußballer gefährlich werden könnte?
Forscher rütteln allzu gern am Sockel gefürchteter Kreaturen und so wundert es wenig, dass John Hutchinson, vom königlich tierärztlichen Institut in England feststellt, dass Tyrannosaurus rex eine lahme Ente war. Per Computer-Modell errechnete John, dass Tyrannosaurus, der sog. König der Kreidezeit, die ihm zugeschriebene Spitzengeschwindigkeit von 70 km/h nur mit überproportionalen Muskeln erreicht hätte. Und diese hatte er nicht. Sehr viel wahrscheinlicher ist es, dass er ziemlich langsam war für einen gefürchteten Jäger. Vielleicht 40 km/h oder sogar noch weniger, so schätzt John. Für eine Drehung um 45 Grad soll er sogar mehrere Sekunden gebraucht haben, was bei einer Verfolgungsjagd nicht gerade nützlich war.
T.rex – gerade noch schneller als ein Fußballer, aber weniger wendig
Jetzt schrauben Bill Sellers und Phillip Manning von der Universität in Manchester diese Geschwindigkeit sogar noch weiter hinunter: Höchstens 29 km/h soll der Dino geschafft haben. Die Wissenschaftler bauen am Computer virtuelle Modelle von Emu, Strauß und Mensch sowie von Dinosauriern nach. Die digitalen Skelette stattet ein intelligentes Programm mit Muskeln aus, denen bestimmte Werte für die Dichte, die Kontraktionsgeschwindigkeit, die Kraft und ähnliche Eigenschaften zugeordnet werden. Diese Werte basieren oft auf Beobachtungen bei lebenden Tieren und sind immer wieder Anlaß wissenschaftlicher Debatten. Bill und Phillip diskutieren die Werte nicht allzu lange – sie lassen ihre virtuellen Tiere lieber loslaufen. Unter der Kontrolle einer Software, die aus jedem Fehler lernt, verfeinert sich das Modell Stück für Stück. Am Ende bewegt sich der bloß hühnergroße Compsognathus am schnellsten, der mit 64 Kilometern pro Stunde selbst den heutigen Vogel Strauß übertrumpfte (57 km/h). Velociraptoren, die als kleine, wütende Jäger aus „Jurassic Park“ bekannt sind, kommen auf knapp 40 Stundenkilometer. Tyrannosaurus rex hingegen werden durch das Rechenmodell lediglich eine Tempo-Obergrenze von 29 Stundenkilometern beschieden, ein km/h mehr als dem Menschen. Einem Fußballstar hätte er also gefährlich werden können, allerdings nur solange dieser keine wilden Haken schlägt, denn gelenkig war der Koloss nicht.
Wurde dem König der Kreidezeit das eigene Gewicht zum Verhängnis?
Von seiner Faszination hat Tyrannosaurus nichts eingebüßt – das Publikum bleibt ihm weiterhin auf den Fersen, denn viele Fragen bleiben noch offen. Weshalb kam es damals zum Beispiel zu diesem ungeheuren Riesenwuchs? War dieser Wuchs in die Höhe und Breite ein Erfolgsrezept oder führte er am Ende zum Aus der Dinosaurier? Funktionierten die extrem langen Hälse einiger Dinosaurier durch eine Art Leichtbauweise mit einem ausgeklügelten Luftsacksystem im Bereich der Halswirbel? Hatten sie wie Vögel Knochen mit Hohlräumen? Fragen über Fragen für die Biomechaniker, die sich die neueste Software zu eigen machen, um die Bewegungsabläufe, Knochen und Muskeln zu studieren.
Gelenkigkeit – eine Frage der schnellen Kopfdrehungen
Die Gelenkigkeit von Adlern untersuchten Wissenschaftler um Graham Taylor an der Universität in Oxford. Sie setzten den Vögeln kleine Kameras auf den Kopf, mit denen sie die Kopf- und Augenbewegungen der Vögel überwachten. Eine Hochgeschwindigkeitskamera am Boden fängt gleichzeitig den An und Abflug auf. Am Computer werden diese Aufnahmen vereint.
Die Forscher haben festgestellt, dass der Vogel während des Flugs dadurch Stabilität gewinnt, dass er einen fernen Punkt am Horizont fixiert. Sobald er Beute erspäht, dreht er schnell seinen Kopf in die Richtung, in die er sich drehen will. Der Körper holt dann langsam den Kopf ein. Ballett-Tänzer, die sich in einer Pirouette drehen, verwenden eine ähnlich schnelle Kopfdrehung, bei der dem Normalsterblichen sofort schwindelig werden würde.
Und die Moral von der Geschichte? Alle von Dinosauriern verfolgte Fußballer sollten sich die Pirouetten der Tänzer abschauen, um ihren 1 km/h Geschwindigkeitsnachteil aufzuholen. Denn T. rex braucht mehrere Sekunden um sich um 45 Grad zu wenden.