Für die immer noch rätselhafte Weißfleckenkrankheit – lat. vitiligo: Flechte, Hautkrankheit – gibt es inzwischen viel versprechende Ansätze zur Behandlung.
Es beginnt meist ganz harmlos und unscheinbar: ein kleiner weißer Fleck unter der Achsel, eine Stelle im Gesicht, die im Sommer nicht braun wird, fehlende Pigmente am Haaransatz – Vitiligo ist in den meisten Fällen zu Beginn schwer zu erkennen bzw. von anderen Pigmentstörungen zu unterscheiden. Sie kommt unauffällig und schleichend und besteht nicht selten mehrere Jahre, bis die Betroffenen sie überhaupt zur Kenntnis nehmen und einen Arzt aufsuchen.
Dann nämlich, wenn die weißen Stellen sich langsam am gesamten Körper ausbreiten und zu großen unübersehbaren Flecken werden. Wenn Haare unter der Achsel oder auch Kopfhaare weiß werden, weil ihre Pigmente zerstört sind. Oder wenn das Hautproblem ein kosmetisches wird, das die Psyche belastet und die Betroffenen sich unsicher und unwohl fühlen, sich so in der Öffentlichkeit zu zeigen. Manchmal besteht auch ein heftiger Juckreiz, der den Ausschlag gibt, nun doch einen Hautarzt aufzusuchen.
Was ist Vitiligo und wie verläuft diese Erkrankung?
Vitiligo ist eine nicht ansteckende Erkrankung, bei der die Pigmentzellen der Haut (Melanozyten) zerstört werden und sich charakteristische, weiße, scharf begrenzte Flecken entwickeln. Form, Größe und Anzahl der Flecken sind vollkommen unterschiedlich. Auch die betroffenen Hautstellen sind bei jedem Patienten verschieden, jedoch lassen sich typische Vitiligo-Stellen ausmachen wie: Unterarme, Handgelenke, Hände, Finger, Ellenbogen, Füße und Genitalien. Rund 0,5 bis 2% der Weltbevölkerung sind betroffen. Vitiligo kann in jedem Alter auftreten. Drei Verlaufsformen sind bekannt und sind gleich häufig anzutreffen: Die weißen Stellen verkleinern sich sehr langsam und repigmentieren vollständig wieder. Oder: die Vitiligo kommt zum Stillstand, die Flecken bleiben wie sie sind. Oft aber breiten sich die Flecken auch weiter aus, bis fast die gesamte Haut weiß ist.
Ist Vitiligo unheilbar?
„Da kann man nichts machen!“ ist leider immer noch der häufigste Satz, den Vitiligo-Patienten vom Hautarzt nach der Diagnose zu hören bekommen. Und nicht selten löst dieser Satz bei Betroffenen Angstzustände und Depressionen aus. Das Gefühl, der Erkrankung hilflos und ohnmächtig ausgeliefert zu sein, ohne etwas dagegen tun zu können, bedeutet extremen Stress für viele Patienten. Hautarzt und Vitiligo-Spezialist Dr. med. Ralph Shimshoni betont das auch in seinem Interview mit dem Vorsitzenden des Bundesverbandes Jürgen Pfeifer: „Es ist bedauerlich, dass viele Arzte die Vitiligo als eine triviale kosmetische Hautveränderung ansehen und den Patienten mitteilen, dass sie einfach mit dieser Pigmentstörung leben müssen und dass jede Behandlung eine Vergeudung von Zeit und Mühe sei. Aufgrund dieser fatalistischen Einstellung werden die Patienten entmutigt, eine Therapie zu suchen.“
Ein gutes Vitiligo-Management ist wichtig
Und es lohnt sich durchaus, nach einer passenden Therapie zu suchen. Die Vitiligo-Forschung kämpft nach wie vor darum, dass diese rätselhafte und von Seiten der Medizin lang ignorierte Erkrankung finanziert und damit endlich ernst genommen und weiter erforscht werden kann. Auch die Fachleute versuchen mit Veranstaltungen wie dem inzwischen zweiten deutschen Vitiligo-Tag in Erlangen (18.06.2010) die Öffentlichkeit aufzuklären über Ursachen und mögliche Therapieansätze. Es gibt inzwischen eine Menge viel versprechender Therapieansätze – wichtig ist allerdings, sich genau zu informieren und das individuell passende Behandlungskonzept zu finden. Das kostet oft Zeit und auch Geld, aber die Mühe lohnt sich durchaus.
Bewährte schulmedizinische Therapieansätze
Die Schulmedizin bietet verschiedene Ansätze zur Behandlung an, die sehr oft eine Kombination aus Bestrahlung und Salben bilden. Meist sind diese Behandlungen langwierig und zeitaufwändig, manchmal werden sie nur an bestimmten Kliniken durchgeführt. Das Vitiligo-Zentrum Pommelsbrunn/Hohenstadt fasst die bewährtesten Therapien wie folgt zusammen:
1. UVB 311 nm-Lichttherapie (Schmalband UVB, narrow band UVB): Diese UV-Lichttherapie gilt heute als Mittel der ersten Wahl. Die Behandlung wird über mehrere Monate durchgeführt.
2. 308 nm-Excimer-Laser/308 nm-Excimer-System: Hier wird mit Licht der Wellenlänge von 308 nm behandelt. Die Therapie ist für einzelne und kleinflächigere Stellen sehr gut geeignet. Die gesunde Haut bleibt verschont.
3. Weitere gezielte UVB-/IPL-Therapien: Micro-Phototherapie (schmalspektrum UVB mit fokussiertem Strahl) und IPL (Intense Pulsed Light) hochenergetische Blitzlampe 290-320 nm.
4. Pigmentzelltransplantation mittels nicht-kultivierter epidermaler Suspension: “Haut zum Sprühen“
5. Topische Immunmodulatoren (Calcineurin-Inhibitoren): Diese eigentlich für Neurodermitis zugelassenen Substanzen in Form einer Salbe und Creme (Tacrolimus und Pimecrolimus) zeigen besonders im Gesichts- und Halsbereich gute Effekte. Durch zusätzliche Verpackung zum Beispiel mit Frischhaltefolie wird versucht, die Wirkung auch an anderen Körperregionen zu steigern.
6. Antioxidative Substanzen/Enzyme: Basierend auf dem oxidativen Stress werden Gels unter anderem mit antioxidativen Enzymen Superoxiddismutase (SOD) und Katalase auf die betroffenen Stellen appliziert. Zusätzlich kann eine Begleitbehandlung mittels antioxidativer Nahrungsergänzung unter Anderem mit Vitaminen, Ginkgo biloba und antioxidativen Enzymen erfolgen.
7. Pseudokatalase Creme: Diese entsprechend den Untersuchungen über oxidativen Stress entwickelte Creme wird insbesondere in Kombination mit UVB 311 nm-Licht verwendet und verzeichnet großartige Erfolge bei der Repigmentierung.
Alternative Methoden zur Behandlung von Vitiligo
Freilich konzentrieren sich die schulmedizinischen Therapien in der Hauptsache auf die eher äußere Behandlung der Symptome. Die Ganzheitliche Medizin sieht die Vitiligo als komplexes Zusammenspiel mehrerer Ursachen und findet darin sehr verschiedene Ansätze. Sie hier alle darstellen zu wollen, würde den Rahmen sprengen, jedoch findet sich auf der Website der Wiener Vitiligo Selbsthilfegruppe die Therapien sehr schön zusammengefasst.
Erwähnenswert ist auch der Ansatz von oben erwähntem Vitiligo-Spezialisten Dr. med. Ralph Shimshoni (und vielen anderen), der die Vitiligo nicht als Hauterkrankung, sondern als autoimmune Stoffwechselstörung betrachtet:
„Die Vitiligo ist für mich eine Autoimmunerkrankung. Bei etwa 80% der Betroffenen unseres Patientengutes findet man noch andere Autoimmunerkrankungen wie Thyreoiditis, Neurodermitis, Diabetes, Psoriasis, rheumatoide Arthritis, Autoimmungastritis, Autoimmunanämie, Multiple Sklerose, Hepatitis (…) Vor jeder Behandlung erfolgt eine weitgehende Diagnostik. Der Stoffwechsel, die Eigenabwehr, die Hormone, der Vitamin- und Mineralienhaushalt und Funktion des Abwehrsystems werden untersucht. Nicht zu vergessen, ist die Darmflora, da sich bekanntlich 80 % des lymphatischen Gewebes im Darm bzw. entlang des Darmes befindet.“
Im Fachkrankenhaus Schloss Friedensburg im Thüringer Wald kümmert sich mit Dr. Shimshoni ein Team aus Fachärzten aus den Gebieten der Hautkrankheiten, Allergologie, Inneren Medizin, Psychotherapie, Ernährungswissenschaftler und Ernährungsberater um den Patienten. Auch hier werden beachtliche Heilerfolge erzielt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es inzwischen durchaus erfolgversprechende Ansätze in der Vitiligo-Therapie gibt – jedoch ist ein gutes „Vitiligo-Management“ von Nöten, um die jeweils passende und individuelle Therapie zu finden. Darüber kann die Mitgliedschaft in einer Vitiligo-Selbsthilfegruppe sehr hilfreich und empfehlenswert sein.