Antioxidative Vitamine hemmen gesundheitsfördernde Sportwirkung. PNAS-Studie: Ausdauersport ohne Vitaminpräparate mit Vitamin C & E ist vermutlich gesünder. 1000 Milligramm Vitamin C & 400 IE Vitamin E täglich steigern Diabetes-Risiko.
„Mens sana in corpore sano!“, dichtete der römische Dichter Juvenal: „In einem gesunden Körper steckt ein gesunder Geist.“ Noch gesünder und schneller geht es nach Ansicht der so genannten Vitalstoff-Experten der Orthomolekularen Medizin mit zusätzlichen Vitaminpräparaten und Spurenelement-Pillen. „Orthomolekulare Medizin ist zur Behandlung von Krankheiten und Störungen nicht geeignet“, bewertet das Buch „Die andere Medizin“ über alternative Heilmethoden der Stiftung Warentest die Orthomolekulare Medizin. Trotzdem werden überall gerne zusätzliche Vitaminpräparate eingenommen. Vielleicht stärken die Vitamin-Pillen und Spurenelement-Pülverchen ja doch die Abwehrkräfte des Sportlers und steigern die Lebenserwartung durch den Anti-Aging-Effekt? Pustekuchen, meinen dazu Wissenschaftler vom Institut für Ernährungswissenschaften der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Zusammen mit Forscher-Kollegen des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung in Potsdam und der Harvard Medical School in Boston veröffentlichten sie gerade eine neue Studie zu Ausdauersport und Vitaminpräparaten. „Die gesundheitsfördernde Wirkung von körperlicher Bewegung wird durch die Einnahme von sogenannten Antioxidantien in Form von Vitamin C und E sogar unterdrückt“, resümiert Prof. Dr. Michael Ristow das Ergebnis der wissenschaftlichen Studie.
Vitaminpräparate & Anti-Aging – keine Vitaminpillen & Mitohormesis
Vitamin C und E, Coenzym Q und Co sollen in Form zusätzlicher Nahrungsergänzungsmittel als synthetische Antioxidantien freie Radikale bekämpfen und unser Leben verlängern, so die Freien-Radikale-Theorie – so die Anti-Aging-Theorie. Freie Radikale wie die reaktiven Sauerstoff-Moleküle (reactive oxygen species, ROS) sind extrem reaktionsfreudige Moleküle. Sie entstehen bei verschiedenen Stoffwechselprozessen und werden von unserem Organismus auch für die Infektionsabwehr benötigt. Entstehen aber zum Beispiel beim Ausdauersport durch die Zellatmung in den Mitochondrien sehr viele freie Radikale, kann es zur Schädigung unserer Zellen kommen – so die Anti-Aging-Theorie. Doch die Anti-Aging-Theorie scheint mittlerweile ins Alter gekommen zu sein: „Es ist jedoch so, dass die durch Sport kurzfristig vermehrt gebildeten freien Radikale jedoch selbst die körpereigene Abwehr gegen reaktive Sauerstoffspezies erst in Gang setzen“, erklärt Prof. Dr. Ristow. Er entwickelte das Prinzip der Mitohormesis: „Freie Radikale wirken langfristig wie ein Impfstoff gegen oxidativen Stress. Antioxidantien unterdrücken die körpereigene Produktion von freien Radikalen – und damit diesen Impfeffekt.“
1000 Milligramm Vitamin C & 400 IE Vitamin E – vier Wochen Sport & 39 junge Männer
39 junge Männer absolvierten vier Wochen lang ein Sportprogramm. Davon war die eine Hälfte mit weniger als 2 Wochenstunden Sport relativ untrainiert, die andere Hälfte der Männer mit mehr als 6 Wochenstunden Sport schon relative Sportskanonen. Jeweils eine Hälfte der sportiven Männer erhielt keine Vitaminpräparate oder zwei mal täglich 500 Milligramm Vitamin C und einmal täglich 400 Internationale Einheiten (IE) Vitamin E (RRR-alpha-Tocopherol). Innerhalb der vier Wochen wurde geradelt und gelaufen sowie parallel der Einfluss der Antioxidantien auf verschiedene Labor-Parameter wie Genexpression und Blutinhaltsstoffe gemessen.
Freie Radikale verbessern den Blutzuckerstoffwechsel
Nach den vier Wochen stellten die Forscher fest, dass freie Radikale sogar den Blutzuckerstoffwechsel verbessern, vermutlich damit sogar das Diabetes-Risiko senken können. „Durch körperliche Bewegung werden die Mitochondrien stärker aktiviert und damit die Produktion der ROS angekurbelt“, stellt Prof. Dr. Ristow fest. Auch bemerkten die Wissenschaftler bei den Sportlern ohne Vitaminpräparate einen Anstieg der Expression von Genen, die den Insulin-Stoffwechsel regulieren. „Das bedeutet, dass zeitweiliger oxidativer Stress durchaus eine wichtige Rolle bei der Verhinderung von Typ-2-Diabetes mellitus spielen kann.“, erklärt Prof. Dr. Ristow. Dieser Effekt scheint aber durch die synthetischen Vitaminpräparate mit Vitamin C und E zunichte gemacht zu werden. „Wir müssen sogar davon ausgehen, dass Antioxidantien das Diabetes-Risiko eventuell erhöhen, indem sie die Bildung von ROS verhindern“, resümiert Prof. Dr. Michael Ristow das Ergebnis der wissenschaftlichen Studie. Dagegen bleibe der gesundheitsfördernde Effekt einer abwechslungsreichen Diät mit Obst und Gemüse unbestritten, obwohl sie Antioxidantien enthielten.