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Verschattungssystem im normalen Fenster

Für Verbundfensterscheiben entwickeln die Chemiker der Jenaer Universität ein neues kostengünstiges Verschattungssystem, was bereits in Autos bekannt ist.

Jeder kennt es. Man sitzt am Frühstückstisch, wirft einen Blick nach draußen und freut sich über die warmen Sonnenstrahlen. Sie erwärmen bekanntlich die Gemüter, im Gegensatz zu den diesigen, nebligen Wettereinflüssen. Doch dann setzt man sich an den Tisch und die Sonne blendet dermaßen, dass die Rollos wieder zur Hälfte heruntergefahren werden müssen. Dies könnte nun bald ein Ende haben. Ein neues Verschattungssystem für Verbundscheiben entwickeln die Chemiker der Universität Jena. Sie sagen, es sehe aus wie ein ganz normales Fensterglas. Die Besonderheit käme erst zur Geltung, wenn das Licht darauf scheint.

Verschattungssystem im Fensterglas von Wohnräumen und Bürogebäuden

Professor Dr. Thomas Heinze beschreibt, dass sich innerhalb von Sekunden die Glasscheibe von der Wintersonne leuchtend blau färbe. „Die Intensität der Färbung hängt davon ab, wie intensiv die einfallenden UV-Strahlen sind“, erklärte der Professor für Organische Chemie und Leiter des Kompetenzzentrums für Polysaccharidforschung der Jenaer Universität. Sobald die Sonnenstrahlen hinter den Wolken verschwinden, erhält das Fensterglas in wenigen Minuten seine anfängliche Durchsichtigkeit. Das ist das Ergebnis eines gegenwärtigen Forschungsprojekts aus der sächsischen Universität.

Diese besondere Fensterscheibe mit dem automatischen Verschattungssystem in dem neuen Verbundglas könne für Bürogebäude sowie Wohnräumen hergestellt werden. „Zwar gibt es bereits eine Reihe anderer Konzepte für photoschaltbare Materialien, die teilweise auch schon auf dem Markt sind“, so Professor Dr. Heinze. Weiterhin behauptet er, dass diese Jenaer Neuentwicklung einen Vorteil biete. Es sei um ein Vielfaches günstiger als elektrochrome Systeme. Somit könne es sich jeder mittelständische Bürger leisten.

Elektrochrome Systeme

Elektrochrome Systeme sind bekannt aus der Autoindustrie. Der Innenspiegel kann automatisch den Scheinwerfer des hinteren Fahrzeuges abblenden. Diese Scheiben enthalten ein elektrochromes System. Bei ihr wird über zwei Photozellen eine Lichtintensitätsänderung erfasst. Dies sorgt für eine Spannungsänderung und schafft dabei einen Konzentrationsausgleich von Li-Ionen. Mit der umkehrbaren chemischen Reaktion erreicht der Spiegel die benötigte Abdunkelung oder Aufhellung.

Klebstoff auf Kartoffelstärken-Basis hält die zwei Verbundglasscheiben fest

Die geheimnisvolle Neuentwicklung versteckt zwischen den beiden Scheiben des Verbundglases eine Besonderheit. Sie wird „mit einem Klebstoff auf der Basis von Kartoffelstärke miteinander verbunden“, klärt Dr. Tim Liebert aus Professor Dr. Heinzes Team auf. Gewisse charakteristische Eigenschaften ermöglichen die Nutzung der natürlichen Polymer Stärke: „Nicht nur, dass sich der nachwachsende Rohstoff in großer Menge preisgünstig gewinnen lässt“, erklärt Dr. Liebert. „Verknüpft mit Fettsäuren wird aus der Stärke ein schmelzbarer, transparenter Klebstoff.“ Mittlerweile ließen die Chemiker von der Universität Jena diesen Stärkekleber weltweit patentieren. Zudem hatten sie zusammen mit ihren Kooperationspartnern diese besondere Verleimung „mit photosensiblen Farbstoffen versehen“.

Damit schufen sie eine Grundlage, um die Verbundgläser auch im großen Maßstab mit Anwendung des Stärkeklebers einzusetzen. Laut Pressemeldung der Universität Jena soll „der erste Prototyp einer Fensterscheibe mit integriertem photoschaltbarem Verschattungssystem auf Basis von Kartoffelstärke“ im folgenden Jahr 2016 vorliegen. Dieses Projekt wurde in Zusammenarbeit mehrerer Institutionen erforscht, was von der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (kurz: AiF) bis 2016 mit etwa einer Millionen Euro unterstützt wird.