Die Verlaufsform im Deutschen wird durch Beschreibungen gebildet. Eine Mundart-Variante wird nun in der gesprochene Sprache als Standarddeutsch anerkannt.
In vielen Sprachen gibt es eine Verlaufsform. Sie dient dazu Handlungen und Vorgänge zu beschreiben, die gerade stattfinden. In der deutschen Sprache kann diese Form der Zeit nur mit Hilfe von Beschreibungen zum Ausdruck gebracht werden. Eine Konjugation des Verbs selbst erfolgt nicht. In der Umgangssprache verbreitet sich in Deutschland allmählich eine Variante, die wahrscheinlich auch in das schriftliche Standarddeutsch Eingang finden wird.
Wie wird die Verlaufsform in der deutschen Sprache gebildet?
Eine Möglichkeit, den Verlauf einer Handlung zu beschreiben, ist der Gebrauch eines Adverbs. Also eines Wortes, das ein Verb näher beschreibt.
- Ich lese gerade.
- Jetzt geht er.
- Wir sind gerade dabei zu segeln.
Offiziell anerkannt ist auch die Verwendung des Verbs „sein“ verbunden mit der Präposition „beim“. Der Infinitiv wird dann substantiviert und groß geschrieben.
- Er ist beim Einkaufen.
- Ich bin beim Abwaschen.
- Wir sind beim Telefonieren.
Entgegen der allgemeinen Meinung wird die Verlaufsform auch dann angewendet, wenn eine Handlung vorübergehend ruht, weil sie viel Zeit in Anspruch nimmt. Entscheidend ist, dass sie begonnen wurde, aber noch nicht abgeschlossen ist.
- Ich bin beim Hausbau.
- Ich fahre gerade nach Hamburg. (Wenn der Sprecher „gerade“ in einer Autobahnraststätte sitzt.)
Umgangssprachliche Verlaufsformen in der deutschen Sprache
Bekanntlich ist in der Umgangssprache erlaubt, was in der Standardsprache verboten ist. Das betrifft vor allem Dialekte oder die Jugendsprache. Auch kleinere Gruppen von Menschen, ein Verein oder innerhalb einer Familie, entwickeln ganz individuelle Ausdrücke oder Veränderungen der deutschen Sprache. Und eine Verlaufsform wird in einigen Mundarten in Deutschland völlig selbstverständlich verwendet.
Im Norden der Republik wird die Verlaufsform gerne mit dem Verb „Sein“ und dem Adverb „dabei“ gebildet, gefolgt vom Infinitiv mit „zu“.
- Er ist dabei die Wohnung aufzuräumen.
- Ich bin dabei zu chatten.
- Wir sind dabei umzuziehen.
In Süddeutschland, vor allem in Bayern, werden die Verben „tun“ und „kommen“ als eine Art Hilfsverb verwendet, um die Verlaufsform auszudrücken.
- Sie tut Auto waschen.
- Er kommt angelaufen.
Die „Rheinische Verlaufsform“ als Standard
Die gebräuchlichste umgangssprachliche Verlaufsform stammt aus dem Rheinland und ist daher als „Rheinische Verlaufsform“ bekannt. Sie wird mit dem Verb „sein“, der Präposition „am“ und dem substantivierten Infinitiv gebildet. Im Unterschied zum offiziell korrekten Deutsch wird also die Präposition „beim“ durch „am“ ersetzt. Manche Rheinländer setzen „am“ auch zwischen Substantiv und Verb ein.
- Ich bin am Überlegen.
- Er ist am Autowaschen. (Er ist das Auto am waschen.)
- Ihr seid am Rasenmähen. (Ihr seid den Rasen am mähen.)
Diese rheinische Variante hat sich immer mehr ausgebreitet und wird mittlerweile in ganz Deutschland benutzt. Nicht unbedingt von allen Bürgern. Aber doch mit einer solchen Mehrheit, dass der Duden sie bereits als mögliche Form im gesprochenen Deutsch anerkannt hat. Damit ist bereits der Weg in das schriftliche Standarddeutsch geebnet.
Die Superverlaufsform
Manche Deutsche machen es auch doppelt gemoppelt, um den Verlauf der Handlung noch stärker zu betonen. Sie verwenden sowohl das Adverb als auch die Präposition. Obwohl beide zur Bildung der Verlaufsform geeignet sind, ist der Gebrauch einer Kombination von beiden zumindest fraglich.
- Ich bin gerade beim Telefonieren.
- Er ist gerade am Kochen.