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Verführung

Ein Spiel oder Täuschungsmanöver? Was Eva – die erste Verführerin – angefangen hat, setzen ihre Töchter fort. Das männliche Geschlecht steht ihnen in puncto Verführung jedoch nicht nach.

Dem weiblichen Geschlecht unterstellt man seit Menschengedenken verführerische Fähigkeiten. Eva, die erste Frau, machte man dafür verantwortlich, dass sie „dem Teufel Eingang verschafft hat“ und „denjenigen betört hat, dem der Teufel nicht zu nahen vermochte“*). So schrieb im 2. Jahrhundert der Kirchenschriftsteller Tertullian und manche glauben daran noch heute.

Jede Epoche brachte eigene Typen von Verführerinnen. Einmal war sie kindlich-naiv, andermal geheimnisvoll oder selbstbewusst. Als Femme fatale löste sie Furcht aus; als Sexbombe fand sie „Gefallen an der Schönheit ihren Körper“.

Dabei richtet sich die Verführerin an den männlichen Vorstellungen aus und „packt den Mann bei seinen Trieben. Alles, was sie tun muss, ist, sein Begehren zu wecken, und schon zeigt er sich bereit, Geld und Macht mir ihr zu teilen.“*)

Der Verführer

Als unerreichbares männliches Vorbild auf diesem Felde fungiert Giacomo Casanova (1725 – 1798). Seine unzähligen Eroberungen verschafften ihm weltweiten Ruhm. Er eilte „von einem Genuss zum anderen“ und brillierte durch einfallsreiches „Erfinden neuer Freuden“: „Die gleiche Wurzel hatten sowohl meine Neigung, neue Bekanntschaften zu schließen, wie auch meine unbeschwerte Art, sie wieder abzubrechen, obwohl stets aus zwingenden Gründen und niemals aus Leichtfertigkeit“**).

Casanova zufolge handelt sich beim Umgang mit Frauen „nur um gegenseitige Täuschung“; „denn wenn Liebe mit im Spiel ist, sind gewöhnlich beide Teile die Betrogenen“**).

Ein Jahr vor seinem Tode verstand er sich nicht als Sieger; im Gegenteil – er glaubte, sein Leben lang ein Opfer seiner Sinne gewesen zu sein.

Für die modernen Nachfolger von Casanova scheint die Verführung einer Frau einem erfolgreichen Feldzug zu gleichen. Dieser soll gut geplant sein:

„Phase Eins: Breche das Eis, mache Small Talk und forciere Kommunikation.

Phase Zwei: Etabliere Vertrauen und erreiche es, dass ihr ein paar gute Gefühle miteinander teilt.

Phase Drei: Entwickele romantische und sensuelle Gefühle. Bringe sie dazu, dass sie dich als potentiellen Liebhaber sieht.

Phase Vier: Erreiche irgendeine Form der intensiven physischen Berührung: Küssen oder Händchen-Halten.

Phase Fünf: Vereinbare das nächste Treffen oder etabliere nachdrücklichen sexuellen Kontakt.“***)

Psychologischer Aspekt

Aus psychologischer Sicht stellt eine Verführung einen Prozess dar: Zuerst muss das Vertrauen aufgebaut werden: „Um jemanden in die Irre führen zu können, muss man erst sein Vertrauen gewinnen“****). Das Trugbild auf einer Seite und der Glaube an seine Wahrhaftigkeit an der anderen – wie zwei Seiten einer Münze – gehören hier zusammen.

Der Verführer braucht Befähigungen in der Kunst der Täuschung. Auf dem Wege zum seinen Ziel spiel er stets etwas vor. Als Waffe benutzt er Versprechungen. Der Verführer gibt ein falsches Versprechen. So kann er zum Beispiel Liebe versichern, die er nicht fühlt, um eine Frau zu erobern. Dieses Versprechen muss nicht mal ausgesprochen werden; es reichen Andeutungen, deren Wirkung beabsichtig ist. Dies scheint überhaupt ein Regelfall zu sein: „die meisten Verführungsunternehmungen sind mit Versprechungen verbunden, die nicht deutlich ausgesprochen werden“. ****)

Deshalb ist es auch schwierig, den Verführer der Lüge zu bezichtigen. Dennoch ist eine Verführung „jedes Mal ein Verrat“; ein Verrat an Vertrauen und Gefühlen der verführten Person: „Wir sagen von einem Mann, er verführe eine Frau, wenn er sie, obwohl er weiß, dass es gegen ihre Grundsätze verstößt, sich ohne Liebe jemandem hinzugeben, zu einer sexuellen Beziehung verlockt, indem er eine Liebe erklärt, die er nicht fühlt. Offensichtlich bräuchte ein Mann eine Frau nicht zu verführen, die einfach eine sexuelle Beziehung haben will, ob mit oder ohne Liebe.“****)

Zitate und Quellen:

*) Jane Billinghurst, Bad Girls. 2004

**) Ciacomo Casanova, Mein Leben. 2004

***) Johannes Serchlöb, Krieg sie rum! 2006

****) Alekxander Lowen, Narzissmus. 1984