Nicht erst seit Einführung des AGG – auch Antidiskriminierungsgesetz genannt – bestehen Benachteiligungsverbote vor allem im Bereich des Arbeitsrechts.
Chancengleichheit im Berufsleben ist elementarer Bestandteil der verfassungsrechtlich gewährleisteten Gleichbehandlung von Menschen. Die Benachteiligung von Menschen aus Gründen ihrer Rasse, ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, der sexuellen Identität und des Alters ist nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vom 14.08.2006 (BGBl. I S. 1897, 1910) verboten. Daraus leiten sich konkrete Rechtspflichten unter anderem von Arbeitgebern ab.
Gleichbehandlung schon bei der Stellenanzeige
Das Bundesarbeitsgericht hat die Rechtsstellung älterer Arbeitnehmer in einem aktuellen Urteil gestärkt. Das Verbot von Diskriminierung setze bereits in der (vorvertraglichen) Anbahnungsphase eines Arbeitsverhältnisses ein. Schreiben Arbeitgeber öffentlich Stellen aus, so unterliegen sie bereits in der Formulierung der Anzeige der Pflicht, Benachteiligungen auszuschließen. Im zugrunde liegenden Streitfall hatte sich ein 50jähriger Akademiker auf ein inseriertes Stellenangebot beworben, in welchem der Arbeitgeber „eine(n) junge(n), engagierte(n) Volljuristen/Volljuristen“ suchte. Er wurde nicht einmal zum Vorstellungsgespräch eingeladen, den Zuschlag erhielt eine wesentlich jüngere Mitbewerberin, die im übrigen über gleiche qualifikatorische Merkmale verfügte. Der Übergangene hatte hierin eine Diskriminierung wegen seines Alters gesehen und den Arbeitgeber auf Schadensersatz verklagt.
Das Bundesarbeitsgericht hat – gleich den Vorinstanzen – dem Anspruch stattgegeben. Mit Urteil vom 19.08.2010 (Aktenzeichen 8 AZR 530/09) sah es bereits in der Stellenausschreibung einen Verstoß gegen § 11 AGG, weil gegen das Benachteiligungsverbot (§ 7 I) verstoßen werde. Danach verstoßen nicht nur konkrete Altersvorgaben („nicht älter als…“) , sondern schon allgemein gefasste Anforderungen („jung, alt“) gegen die gesetzliche Gleichbehandlungspflicht, aus der sich eine altersneutrale Formulierung notwendig ableite. Folgerichtig erkannte das höchste Arbeitsgericht dem Kläger auch Schadensersatz (§ 15 I AGG) zu, und zwar – in Übereinstimmung mit gefestiger Spruchpraxis in vergleichbaren Fällen – in Höhe eines (entgangenen) Monatsgehalts.
Kein Grundsatz ohne Ausnahmen
Arbeitgeber versuchen zuweilen, sich den strengen Anforderungen zu entziehen. Bei der Lektüre von Stellenanzeigen sticht nicht selten der mit unternehmerischer Selbstbeschreibung untermalte Filter („Wir suchen für unser junges dynamisches Team“) ins Auge. Auch das könnte rechtswidrig sein. Gewiss muss es – der Vielfalt der Berufsbilder und Anforderungsprofile entsprechend – auch Ausnahmen vom Benachteiligungsverbot geben. Für jugendnahe Bereiche im Entertainment oder im Model-Casting müssen naturgemäß andere Maßstäbe gelten als im sonstigen Berufsalltag. Eine differenzierte Anwendung erfährt das Verbot im Übrigen auch im Hinblick auf die so genannten Tendenzbetriebe, worunter unter anderem Kirchen, gemeinnützige Vereine oder politische Parteien zu verstehen sind. Die private Lebensführung, die den Arbeitgeber gewöhnlich nichts angeht, aber auch das religiöse oder weltanschauliche Bekenntnis eines Mitarbeiters kann dem moralischen Wertanspruch, der sich mit diesen Tendenzbetrieben gewöhnlich verbindet, in der öffentlichen Wahrnehmung abträglich sein.
Noch abschließend ein Wort zum Schadensersatz. Auch höhere Beträge sind rechtlich durchsetzbar, allerdings unter der Voraussetzung, dass der Benachteiligte beweisen kann, dass er hätte eingestellt werden müssen, also dass er definitiv der bestgeeignete Bewerber war. Diese Hürde dürfte nur sehr schwer zu nehmen sein.