Ein homöopathisches oder phytotherapeutisches Frischpflanzenpräparat. Urtinkturen sollen das Wesen der Pflanzen als Ganzes vermitteln, um ganzheitlich zu heilen, gehören zur Phytotherapie und auch in den Bereich der Homöopathie. Doch wie?
Urtinkturen sind Frischpflanzenpräparate, die wie Tee, Extrakte oder spagyrische Essenzen beziehungsweise Tiefpotenzen homöopathischer Mittel angewendet werden. Sie genießen den Ruf, das Wesen der Pflanzen besonders gut und umfassend nutzen zu können und es heißt, dieses käme in keiner Zubereitung so klar zum Ausdruck, wie bei einer Urtinktur.
Bedeutung von Geruch und Geschmack im Heilpflanzenwesen
Das Heilpflanzenwesen kommt vor allem über den Duft und den Geschmack zum Ausdruck, da es beides in recht „reiner“ Form wiederzugeben vermag. Bei ätherischen Ölen erscheint der Geruch sehr viel deutlicher, dafür aber fehlt der Geschmack – oder er lässt schlicht zu wünschen übrig. Bei anderen Anwendungen ist er gänzlich verändert oder nicht vorhanden, einzig beim Tee ist noch der Ursprung zu bemerken, wenngleich er bei getrockneten Pflanzen eher subtil erscheinen kann.
Dies alles ist für die Wirkweise der Pflanzenanwendungen kein Mangel. Ist jedoch die Wirkung des Pflanzenwesens an sich gewünscht, wird beabsichtigt, den Patienten auch auf seelischer Ebene anzusprechen, so gilt die Urtinktur als Mittel der Wahl.
Sind Urtinkturen pflanzlich oder homöopathisch?
Urtinkturen sind letztlich schwer zuzuordnen, denn sie können genaugenommen sowohl zu den pflanzlichen als auch zu den homöopathischen Arzneimitteln gezählt werden.
Pflanzliche Arzneien enthalten gemäß der Verordnungen und des Arzneimittelgesetzes eine ausreichend hohe Menge an Wirkstoffen, die nachgewiesen werden kann. Homöopathische Mittel aber sind nicht über diesen Wirkstoffgehalt definiert, sondern durch die Herstellung selbst, die den Vorschriften des Homöopathischen Arzneibuches (HAB) unterliegt. Bei homöopathischen Verdünnungen liegen die Wirkstoffe in derart niedriger Konzentration vor, dass sich eine Analyse genaugenommen erübrigt. Begründet ist dies darin, dass das Prinzip der Wirkung ganz anderen Grundsätzen und Philosophien folgt.
Urtinkturen werden ebenfalls nach dem HAB hergestellt. Unter anderem vermutlich deshalb, weil sie Ausgangsstoff für die Herstellung homöopathischer Dilutionen sind. So zählen sie formal zu den homöopathischen Mitteln, obwohl sie nicht verdünnt worden sind und anhand der Anwendungsgebiete wiederum den Phytotherapeutika zugeordnet werden.
Ein pflanzliches Arzneimittel – Phytotherapeutikum oder Phytopharmakon genannt – wird aufgrund der Indikation, also des Anwendungsgebietes verordnet beziehungsweise nach dem Arzneimittelbild angewandt.
Ein Beispiel zur Verdeutlichung der Anwendung von
Klagt ein Patient über Schlafstörungen oder Unruhezustände, so wird der Behandelnde Baldrian als Tee, Tinktur und dergleichen empfehlen, da Baldrian anhand von Erfahrungen und Studien bekannt dafür ist, beruhigend zu wirken.
Ein homöopathisches Mittel hingegen wird nach dem Arzneimittelbild angewandt, bei dem die Gesamtheit aller Symptome, die bei einem gesunden Menschen durch die Anwendung von Baldrian auftreten könnten, betrachtet wird. Es könnte zwar auch ein tiefpotenziertes Baldrian-Präparat homöopathischen Ursprungs bei Unruhezuständen verwendet werden, aber ein höher dosiertes könnte ganz andere Folgen mit sich bringen.
Urtinkturen und Tiefpotenzen werden meist nach Indikationen angewendet und somit zu den pflanzlichen Präparaten gezählt. Homöopathika sind für den Therapeuten letztlich erst die Hochpotenzen. Von der Anwendung her sind sie demnach pflanzliche Präparate, nach dem Arzneimittelgesetz hingegen homöopathische Arzneimittel.