Fast jedes größere Unternehmen verfügt über eine so genannte Corporate Identity, die sich auf Kleidung, Ziele und Werte bezieht. Was hat es damit auf sich?
Zu der Corporate Identity eines Unternehmens gehört vielfach ein Dresscode, der teilweise sogar schriftlich fixiert ist. In manchen Hierarchieebenen kann hiervon abgewichen werden, praktisch in Sekretariaten (zumindest teilweise, wenn keiner oder nur wenig Publikumsverkehr herrscht oder branchenabhängig), Telefonzentralen, Aktenarchiven oder in der Haustechnik. Dennoch sollte die Abweichung vom allgemeinen Dresscode nicht zu groß sein – gegen gepflegte Jeans in Kombination mit sauberen Oberteilen und ordentlichen Halbschuhen ist sicherlich nichts einzuwenden, sofern man nicht gerade im Management sitzt, Freizeitkleidung, die eher einem Rockkonzert oder einer Radtour angemessen wären, sind jedoch ein absolutes No go.
Weitere Bestandteile der Corporate Identity
Hierzu zählen gemeinsame Ziele und Werte, die von jedem Angehörigen des jeweiligen Unternehmens aktiv gelebt werden sollen. Als Beispiele können angeführt werden:
- Kunden-/Mandantenwohl steht an erster Stelle
- Niemand darf diskriminiert oder benachteiligt werden (in Anlehnung an das AGG)
- Soziale, ökologische und ökonomische Verantwortung jedes Mitarbeiters
- Offenheit und Toleranz gegenüber Kunden, Mitarbeitern und Kollegen
- Positive Repräsentanz des Unternehmens in der Öffentlichkeit.
Ungeschriebene Unternehmenskultur
Während die Corporate Identity zumeist schriftlich fixiert wurde in Richtlinien oder anderen vergleichbaren Schriftstücken, handelt es sich bei der vorherrschenden Unternehmenskultur eher um den informellen Teil, der nirgendwo verschriftlicht wurde. Oft lässt sich hierbei feststellen, dass die tatsächlich vorherrschende Unternehmenskultur stark von der offiziellen Corporate Identity abweicht. Auch wenn schriftlich Grundsätze wie Freundlichkeit gegenüber jedermann – unabhängig von Position im Unternehmen, sozialem Status oder äußerem Erscheinungsbild – festgehalten wurden, so lässt sich in der Praxis vielfach feststellen, dass manche Führungskräfte es kaum nötig haben, sich an die einfachste Grundregeln zwischenmenschlichen Zusammenlebens zu halten. Es ist zu beobachten, dass eine Vielzahl von Führungskräften ausschließlich gleich- oder höher gestellte Persönlichkeiten grüßt, während die eigene Sekretärin oder Reinigungskräfte vielsagend ignoriert werden. Auch einfachste Höflichkeitsregeln wie Türen aufhalten, Leute erst einmal aus dem Aufzug steigen lassen, bevor man selbst einsteigt und Ähnliches gelten plötzlich nicht mehr.
Zur Unternehmenskultur zählt auch die allgemeine Stimmung: Sind Fröhlichkeit und ein gutes Miteinander unter den Kollegen gern gesehen oder wird dies direkt durch negative Rückmeldungen von Vorgesetzten zu unterbinden versucht? Spricht der Chef fast ausschließlich mit einem Mitarbeiter, oder wird das ganze Team bei einer Entscheidungsfindung einbezogen? Ist eine offensichtliche Bevorzugung einzelner Mitarbeiter erkennbar? Ist zu befürchten, dass hinter verschlossenen Türen Dinge besprochen werden, die wenig später als Bombe über den Rest des Teams hereinbrechen?
Wie viel Anpassung an Unternehmenskultur und Corporate Identity ist nötig?
Es ist sicherlich nicht falsch, sich an den mehr oder weniger offiziellen Dresscode zu halten und sich – sofern Verkauf, Marketing und Vertrieb im Fokus des Unternehmens stehen – mit den angebotenen Produkten und Leistungen zu identifizieren. Übertrieben und nicht hinnehmbar ist es jedoch, wenn der Arbeitgeber verlangt, dass seine Angestellten ausschließlich Kleidung und Duftwässerchen von einem bestimmten Modelabel – vorzugsweise des eigenen Unternehmens – zu tragen. Dies greift stark in die Persönlichkeitsrechte des Einzelnen ein, dem freigestellt sein sollte, wo er seine Kleidung her bezieht und welches Parfum/Rasierwasser er oder sie auflegen möchte.
Auch wenn es Negativ-Beispiele in Form von Unternehmen gibt, deren Mitarbeiter nicht einmal die einfachsten Höflichkeitsgrundsätze beherzigen, so heißt das nicht, dass man sich dem nicht vorhandenen Stil des Unternehmens anpassen und sein gutes Benehmen am Empfang abgeben sollte. Wichtig ist, immer man selbst und somit auch authentisch zu bleiben. Der Wohlfühlfaktor wird abgesehen vom möglicherweise nicht allzu guten Betriebsklima nicht gerade dadurch gesteigert, dass sich der Arbeitnehmer bis zur Unkenntlichkeit verbiegt, um irgendwie dazu zu gehören.
Schluss bei Aufforderung zu Mobbing und Bespitzelung von Kollegen
Viele Firmen nutzen die schlechte Wirtschaftslage aus und versuchen deshalb, einzelne Mitarbeiter zur Bespitzelung von Kollegen anzuhalten, eventuell verbunden mit der subtilen Drohung der Kündigung oder der späteren eigenen Opferrolle, wenn der Mitarbeiter nicht mitspielen will. Hier gilt: Möglichst umgehend das Unternehmen verlassen anstatt sich in eine fatale Abhängigkeit vom Chef zu bringen. Im ersten Moment mag er es gut heißen, wenn einer seiner Mitarbeiter sich als Spitzel zur Verfügung stellt, der Respekt vor dem Untergebenen geht jedoch ganz den Bach hinunter, so dass der einst belobigte Mitarbeiter plötzlich selbst die Hölle auf Erden erlebt, weil er sich für dieses falsche Spiel hergegeben hat.
Zudem ist es eine Charakterfrage, inwieweit ein Mitarbeiter es mit seinem Gewissen vereinbaren kann, andere Kollegen ans Messer geliefert zu haben.