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Unmoralische Angebote aus Heidenheim

Auch die großen Offenen Immobilienfonds in Deutschland leiden unter der Finanzkrise. Windige Geschäftsleute schlagen aus der Verunsicherung der Anleger Profit.Der SEB Immoinvest ist einer der größten Offenen Immobilienfonds. Er verwaltet einen milliardenschweren Immobilienbesitz, und er gilt in der Finanzbranche als sehr renommiert. Dennoch hat der Fonds ein Problem: Als die Finanzkrise im Oktober ihren Höhepunkt erreichte, zogen verunsicherte Anleger in Massen Gelder ab. Die liquiden Mittel des Fonds drohten unter die gesetzlich vorgeschriebene Mindestgrenze von fünf Prozent zu fallen. Das Management des SEB Immoinvest beschloss deshalb, vorerst keine Anteile mehr zurückzunehmen. Und die Anleger waren nun erst Recht verunsichert.

Doch jede Krise hat ihre Gewinner – und auch in dieser Krise gibt es findige Geschäftsleute, die versuchen, aus der Verunsicherung der Anleger Kapital zu schlagen. Sie kommen aus dem beschaulichen Heidenheim in Baden-Württemberg, und sie heißen Wolfgang Reich jr. und Georg Engels. Ihre Masche: Über verschiedene Firmen bieten sie Anteilseignern geschlossener Offener Immobilienfonds an, ihre Anteile gegen Aktien dubioser Firmen einzutauschen. Oder sie bieten direkt Bargeld für die Anteile – nur eben nie mehr als nötig.

Kaufangebot für den SEB Immoinvest

Zuletzt hat Georg Engels zugeschlagen: Bis zum 24. April läuft das aktuelle Kaufangebot der GES Beteiligungen UG für Anteile des SEB Immoinvest. Die Firma mit Sitz in Steinheim am Albuch – acht Kilometer entfernt von Heidenheim – bietet 47,50 Euro je Fondsanteil. Der offizielle Kurs von der SEB Asset Management genannte Kurs für die Anteile lag am 9. April bei 59,06 Euro. Nur nimmt die Fondsgesellschaft die Anteile nach wie vor nicht zurück. Anlegern bleibt aber immer noch die Möglichkeit, ihre Papiere einfach über die Börse zu verkaufen – für mehr als 56 Euro.

Die GES Beteiligungen darf also mit 8,50 Gewinn je Anteil rechnen – das ergibt eine hübsche Marge von 18 Prozent. Dabei geht das Unternehmen nur ein geringes Risiko ein: Die Börsenkurse der Immobilienfonds, die derzeit keine Anteile zurücknehmen, liegen seit Monaten zwischen drei und zehn Prozent niedriger als die offiziellen Kurse der Fondsgesellschaften. Und zuletzt haben sie sich sogar leicht erholt.

Für die Kauf- und Umtauschangebote entstehen kaum Kosten

Auch Kosten entstehen den Geschäftemachern kaum: Sie müssen lediglich ihr Angebot im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichen. Das kostet weniger als 50 Euro. Anschließend sind die Banken zur Weiterleitung des Angebots verpflichtet. Auf den Kosten dafür bleiben die Banken sitzen, wie Dirk Althoff von der Direktbank Cortal Consors berichtet: „Wir bekommen nicht einmal das Porto erstattet.“

Kein Wunder also, dass die Bauernfänger aus dem Schwabenland schon eine ganze Reihe von Angeboten lanciert haben. Fast immer nahmen Sie damit Anteilseigner großer Offener Immobilienfonds ins Visier, die derzeit keine Anteile zurücknehmen. Schon im November erhielten die Besitzer von Anteilen des Axa Immoselect von der Private Equity Fonds I AG & Co. KG a. A. aus Heidenheim das Angebot, ihre Anteile gegen Aktien der KK Immobilienfonds I AG & Co. KG a. A. zu tauschen. Vorstand der Firma mit dem bombastischenn Namen war ein gewisser Wolfgang Reich. Wenig später machte die 2. VV Vermögensverwaltungs GmbH ein Barangebot für Anteile des CS Euroreal. Das Angebot lag selbstredend rund 16 Prozent unter dem damals an der Börse erzielbaren Anteilspreis, die Firma hatte ihren Sitz in Heidenheim und der Geschäftsführer hieß – Wolfgang Reich.

Mitte Dezember unterbreitete Georg Engels dann sein erstes Umtauschangebot für Anteile des SEB Immoinvest. Als Vehikel dazu diente ihm damals aber nicht die GES Beteiligungen UG, sondern die Polaris AG mit Sitz in München. Deren Website ähnelte in Aufbau und Optik nicht nur verdächtig denen der anderen involvierten Unternehmen, die Polaris bot sogar die gleichen Wertpapiere zum Tausch an wie die Private Equity Fonds I von Wolfgang Reich: Aktien der KK Immobilienfonds I AG & Co. KG a. A.

Weitere Angebote für andere Fonds folgten. Das Muster war immer gleich: Eine dubiose Firma bot Aktien, die an keiner Börse gehandelt wurden, oder Bargeld an und wollte dafür Anteile renommierter Offener Immobilienfonds, ob die nun CS Euroreal oder KanAm Grundinvest hießen.

Eine Anlegerin verkaufte Fondsanteile im Wert von 80.000 Euro

So schräg die Angebote zum Teil auch anmuteten: Einige Anleger sind offenbar auf sie hereingefallen. Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, berichtet von einer Postbank-Kundin, die ein Kaufangebot für ihre Fondsanteile schriftlich angenommen hat. „Sie hat sich erst danach an ihre Bankberaterin gewandt. Die hat ihr gesagt, dass sie die Anteile an der Börse viel teurer verkaufen könne. Das hat sie dann auch gemacht. Anschließend wollte die Firma, deren Angebot die Dame angenommen hat, aber die Anteile sehen.“ Die hatten nach Nauhausers Angaben immerhin einen Wert von etwa 80.000 Euro.

Die hinters Licht geführte Anlegerin wollte nicht so einfach nachgeben, und so liegt der Fall nun beim Anwalt. Doch Nauhauser ist skeptisch: „Wenn ein Kaufvertrag zustande gekommen ist, sieht es schlecht aus. Doch genau das lassen wir nun prüfen.“

Die Angebote aus Heidenheim und Umgebung sind wohl legal

Denn illegal sind die Aktivitäten von Engels und Co. wohl nicht. Kaufangebote für Wertpapiere darf grundsätzlich jedes Unternehmen abgeben – auch wenn diese Angebote offensichtlich schlecht sind. Für Umtauschangebote muss zwar normalerweise ein Wertpapierprospekt erstellt werden, den die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) kontrolliert. Diese Pflicht entfällt allerdings, wenn das Gesamtvolumen eines Angebots unter 100.000 Euro liegt. Und die Geschäftsleute aus dem Schwabenland haben offenbar genau darauf geachtet, diese Grenze nicht zu überschreiten.

Immerhin veröffentlichte die Bafin aber einen Verbraucherhinweis, in dem sie warnte: „Die Bafin rät allen Anlegern, vor der Annahme eines solchen Angebotes sowohl Anbieter als auch wirtschaftliche Substanz der Anlage genau zu prüfen und gegebenenfalls auf weitere Informationen über das Unternehmen und die angebotenen Wertpapiere zu bestehen.“

Sicher ein guter Rat. Nur dürfte es für die Anleger schwierig sein, an detaillierte Informationen über die Unternehmen zu gelangen. Die Firmen selbst scheinen jedenfalls wenig auskunftsfreudig zu sein: Bei drei Versuchen, die GES Beteiligungen anzurufen, erreichte WF nur einen Anrufbeantworter.

Und so wird es wohl das Geheimnis von Herrn Engels bleiben, wie viele Anleger schon auf seine Kauf- und Umtauschangebote hereingefallen sind.