Sojabohnen gelten als Träger des EHEC-Erregers. Die kleine Bohne aus China rückt auch sonst als Lebensmittel immer mehr ins Visier der Kritiker.
Sojabohnen gelten in den USA seit langem als Health Food Nummer Eins. Tofu, Sojamilch, Sojaproteine, Sojawürstchen… die kleine Bohne aus Ostasien hat es in verschiedenen Formen auf die Teller der westlichen Welt geschafft. Sie gilt als fettarm, proteinreich und gesund. Doch immer häufiger mehren sich Meldungen über mögliche schädliche Wirkungen der Sojabohnen auf den menschlichen Organismus. Tatsächlich wurden Sojabohnen in Asien Jahrtausende lang nur als Viehfutter eingesetzt. Ihr Proteinreichtum sorgte für schnelles Muskelwachstum bei Rindern und Schweinen.
Sojabohnen als Träger des EHEC-Keims
Nachdem am 10.6.2011 verunreinigte Sojabohnen als Auslöser der teilweise tödlich verlaufenden Darmerkrankung durch EHEC-Erreger ausgemacht wurden, ist wohl klar: Sojasprossen werden es vorerst nicht mehr auf deutsche Teller schaffen. Zuvor galten Gurken, Tomaten und Blattsalat für die Gesundheitsbehörden als Ursache der Ausbreitung des mutierten Darmbakteriums, das blutigen Durchfall auslösen und zum lebensgefährlichen Hämolytisch-Urämischen Syndrom führen kann.
Die deutschen Gesundheitsbehörden halten ihre Warnung vor Sprossen und Keimlingen wegen der Gefahr einer Infektion mit EHEC aufrecht. Denn die Ermittler haben in einem Gartenbaubetrieb im niedersächsischen Bienenbüttel die Quelle für den Ausbruch der Erkrankung mit den Durchfallerregern in Sojasprossen ausfindig gemacht. Das teilten Robert Koch-Institut, Bundesamt für Verbraucherschutz und das Bundesamt für Risikobewertung am Freitag in Berlin mit. Mitarbeiter des Bio-Bauernhofes in Niedersachsen hatten sich mit dem gefährlichen Erreger angesteckt. Allerdings konnte in hunderten von Proben das EHEC-Bakterium weder auf Produkten des Betriebes, noch auf den eingesetzten Maschinen oder im Wasser nachgewiesen werden. Für das Robert Koch-Institut sei aber die Indizienkette erdrückend, erklärte Präsident Reinhard Burger. Wie lange die Warnung vor Sprossen und Saatgut für die Züchtung von Keimlingen aufrecht erhalten bleiben soll, können die Gesundheitsexperten nicht sagen.
Genfood: Sojabohnen made in USA
In den USA werden mehr Sojabohnen als anderswo auf der Welt angebaut. Ganze Bundesstaaten wie Illinois und Iowa haben sich auf den Anbau der Bohne in Monokulturen spezialisiert. Pro Jahr werden 91.417.300 Tonnen Sojabohnen angebaut (Stand 2009). In Deutschland sind es nach Angaben der FAO rund 1.000 Tonnen. Soja gehört in den USA zu den meist exportierten Agrarprodukten und steht an zweiter Stelle, was die Gewinne angeht. 2003 wurden mit dem Export von Sojabohnen mehr als 9.7 Milliarden Dollar erwirtschaftet. Damit hält die USA einen Anteil von mehr als 40 Prozent am Welthandel mit der asiatischen Bohne. Verkauft wird neben den geernteten Sojabohnen auch Sojamehl und Sojaöl. Das in den USA und auch in weiten Teilen Kanadas angebaute Soja ist jedoch oft gentechnisch verändert. Weltweit soll 2010 mehr als 70 Prozent der Sojabohnen mit transgenem Saatgut angebaut worden sein.
Umstrittene Bohne: Gesunde und schädliche Eigenschaften von Soja auf menschlichen Organismus
Den in der Sojapflanze vorkommenden Phytoöstrogenen, die so genannten Isoflavone, werden krebsvorbeugende Wirkung nachgesagt. Sie sollen außerdem Cholesterol senken und wegen der hormonähnlichen Wirkung unangenehme Symptome der Wechseljahre lindern helfen. Die Sojabohne ist wegen dieser positiven Eigenschaften weltweit zu einem Grundstoff für viele Biolebensmittel geworden. Meist wird für die Weiterverarbeitung so genanntes texturiertes Soja verwendet, das zu Miso, Sojasoße, Tofu, Sojamilch und Sojaprotein verarbeitet wird.
Doch in jüngeren Studien konnten Wissenschaftler nachweisen, dass Sojabohnen auch schädliche Wirkungen auf den Organismus haben. Bei Menschen, die große Mengen an Soja konsumieren, seien Gesundheitsschäden aufgetreten. Kritiker in den USA wollen vier große Nachteile bei Sojaprodukten erkannt haben: 1. Störung der Schilddrüse, 2. Einschränkung der Eiweißverdauung, 3. Entzug wichtiger Mineralstoffe wie Kalzium, Magnesium, Eisen und Zink im Körper und 4. Isoflavone, die den Hormonhaushalt durcheinander bringen.
Sojabohnen verursachen Verdauungsprobleme – nur für Tiere geeignet?
Traditionell wurden Sojabohnen in China zur Zeit der Chou-Dinastie (1134-246 v.Ch.) erstmals zu Lebensmitteln für Menschen verarbeitet, als man die Technik der Fermentierung entdeckte. Die ersten essbaren Produkte aus Sojabohnen waren: Tempeh, Natto, Miso und Sojasoße. Unfermentierte, also ungegorene Sojabohnen enthalten nach einer Studie des amerikanischen Wissenschaftlers Joseph Rackis von 1985 ein natürliches Gift, das wie ein Enzyminhibitor wirkt und im Körper für die Eiweißverdauuung notwendige Enzyme wie Trypsin blockiert. Diese Inhibitoren sind lange, eng gefaltete Proteine, die nicht komplett deaktiviert werden können, selbst wenn Sojabohnen gekocht und zubereitet werden. So können die Keimlinge ernsthafte Verdauungsprobleme verursachen, die Eiweißverdauung schädigen und bei übermäßigem Verzehr chronische Mangelerscheinungen wegen fehlender Aminosäuren auslösen. Bei Tierversuchen wurde festgestellt, dass Nahrung mit Trypsininhibitoren zu einer Vergrößerung und krankhaften Veränderung der Bauchspeicheldrüse und Krebs führen kann.
Herkunft unklar: Verunreinigtes Saatgut der Sojabohnen stammte aus verschiedenen Ländern
Dass die Bienenbüttler Sojabohnen gesundheitsschädigend wirken, hat allerdings nichts mit dem EHEC-Erreger gemein. Die Sojabohnen aus Niedersachsen sind durch Verunreinigung mit den Bakterien zur Gefahrenquelle geworden, nicht weil die Bohnen per se gefährlich sind. Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium vermutet, dass das gekaufte Saatgut bereits verunreinigt war oder Mitarbeiter des Gartenbaubetriebs den Erreger eingeschleppt hätten. Landwirtschaftsminister Gert Lindemann (CDU) hatte den Biobetrieb als „die Spinne im Netz“ bezeichnet. Mindestens 80 an der Seuche erkrankte Opfer in ganz Deutschland hätten die Bienenbütteler Sprossen gegessen. Das Saatgut aus dem niedersächsischen Betrieb, das mittlerweile längst verbraucht worden ist, stammte nach Angaben der Berliner Morgenpost aus mehreren Ländern.
Keimlinge wie Alfalfa, Mungbohnen und Kresse sind oft Träger von Erregern
Sojakeimlinge, Mungbohnensprossen, Alfalfakeime und Kresse gelten schon seit längerem als potenziell gefährliche Gemüsesorten, die Bakterien und Krankheitserreger verbreiten können. Denn die Sprossen werden vor dem Verzehr oft nur unzureichend gereinigt. Das Risiko bei Sojasprossen besteht darin, dass die Keimlinge meist mit der Wurzel geerntet und vom Konsumenten nur mit Wasser abgespült werden. Behälter für die Aufzucht zu Hause sollten stets desinfiziert werden, da sie einen idealen Brutplatz für Mikroorganismen aller Art bilden können. In den USA gab es nach Angaben der Lebensmittelschützer von Foodsafety seit 1996 mehr als 30 Fälle von Krankheiten, die mit verunreinigten Sojakeimen in Zusammenhang stehen. Alfalfasprößlinge waren im Frühjahr 2009 der Überträger für schwere Salmonellenerkrankungen.