Schwindel und Erbrechen nach 3-D-Filmen kommen nicht von zu viel Popcorn oder Cola. Manchen Menschen wird vom dreidimensionalen Zuschauen wirklich schlecht.
Die großen und kleinen Liebhaber der scheinbaren Räumlichkeit im Kino kommen immer öfter auf ihre Kosten. Ob „Avatar“, „Drachenzähmen leicht gemacht“ oder „Toy Story“ – inzwischen sieht es so aus, als würde 3D zum Standard in den Kinos. Voraussichtlich fast 30 Großproduktionen kamen und kommen 2010 auch in 3D in die Kinos. Viele Kinos scheuen weder Kosten noch Mühen, sich auf die neu erwachten Publikumswünsche einzustellen. 3-D-Projektionsanlagen kosten je nach Technologie und Kinogröße zwischen 100.000 und 200.000 Euro.
Schweißausbrüche, Schwindel und Übelkeit
Nicht jedem Kinozuschauer bekommt dieser Filmgenuss. Je rascher die Bewegungen sind und je näher man an der Leinwand sitzt, desto gefährdeter sind empfindliche Personen. Zu den häufigsten Symptomen zählen Magenbeschwerden, Übelkeit (unter Umständen bis hin zum Erbrechen), kalter Schweiß am ganzen Körper, Schwindel – kurzum: Es geht den Betroffenen einfach ganz elend. Jeder, dem beim Autofahren, auf hoher See oder im hinteren Teilen von Omnibussen schlecht wird, weiß, wovon die Rede ist.
Die 3-D-Krankheit ist verwandt mit der Reisekrankheit (Kinetose oder „Bewegungskrankheit“) und mit dem noch namenlosen Missempfinden, das manche Computerspieler kennen, wenn das Hirn Probleme bekommt, widersprüchliche Informationen über die Bewegung im Raum zu verarbeiten.
Widersprüchliche Botschaften ans Gehirn
Denn was Auge und Innenohr dem Gehirn signalisieren, läuft in solchen Fällen so stark auseinander, dass es sich nicht mehr vereinbaren lässt. Empfindsame Menschen kennen solche unliebsamen Zustände vom Rummelplatz. Schnelles Dahinjagen oder rasantes Auf und Ab wie in der Achterbahn oder im Star Flyer ist nicht jedermanns Sache.
„Wir rasen dahin!“, signalisiert das Auge etwa im Flug- oder Bahnsimulator. Das Gleichgewichtsorgan konstatiert: keine Bewegung zu verzeichnen. Im Flugzeug oder auf dem Schiff läuft es dann umgekehrt: Eigentlich passiert nichts mit dem Körper, trotzdem hat man das Gefühl, „gebeutelt“ zu sein.
Die Widersprüche zwischen Wahrnehmung und Verarbeitung im Gehirn wirken sich auf das vegetative Nervensystem aus. Je größer die Reiz-Diskrepanz, umso mehr Leute bekommen die gefürchteten Übelkeitssymptome.
Empfindliches Gleichgewichtsorgan: oft vererbt
Dabei scheint es auch eine genetische Komponente zu geben: Wessen Eltern beim Autofahren einen Spuckbeutel dabei haben mussten, der bleibt oft auch selbst nicht von dieser Malaise verschont. Außerdem scheinen Asiaten häufiger unter der Empfindlichkeit zu leiden als Europäer. Der japanische Spieledesigner Hideo Kojima kann zwar Spiele designen, aber beim Spielen in der Ego-Perspektive wird ihm schlecht.
Kann man der 3-D-Krankheit vorbeugen?
Medikamente gegen Reisekrankheit helfen selten gegen die 3-D-Krankheit im Kino. Außerdem machen die meisten von ihnen müde – keine gute Voraussetzung für einen Filmgenuss.
Anflüge von Unwohlsein lassen sich mit dem Fixieren von festen Objekten (wie etwa die Handtasche auf dem Schoß) in den Griff bekommen. Das ist der Versuch, der Überflutung mit widersprüchlichen Reizen Einhalt zu gebieten.
Experten geben außerdem folgende Tipps:
- Konzentrieren Sie sich besonders auf statische Bildteile statt dem Fokus der Kamera zu folgen
- Halten Sie immer mal vorübergehend ein Auge zu, um so den 3-D-Effekt zu eliminieren
- Wenn das nicht hilft, schließen Sie die Augen für ein paar Minuten
- Lutschen, kauen, knabbern Sie! Was bei Kindern auf Reisen wirkt, hilft auch Erwachsenen
Übrigens: 3-D-Brille absetzen hilft nicht. Gerade bei den klassischen farbverschobenen 3-D-Bildern wird dem Auge dann nur noch ein optischer Matsch kredenzt – und das verdaut man noch schwerer als das 3-D-Bild.
Kann man sich an Kinetose gewöhnen?
So wie manche Menschen es schaffen, ihre Höhenangst in den Bergen zu überwinden, so kann man auch versuchen, sich zu desensibilisieren, was 3-D-Filme angeht. Man kann lernen, auf die ersten Anzeichen der Kinetose angemessen zu reagieren oder die Sinneswahrnehmungsdiskrepanz immer wieder ganz bewusst als Trugbild zu entlarven.
Es gibt aber auch Menschen, denen so schnell übel wird, dass sie auf Besserung vergeblich hoffen. Diese empfindsamen Zeitgenossen müssen leider auf entsprechende Filme bzw. Computerspiele verzichten.