Im deutschen Kulturkreis gibt es sie kaum noch: eine feierliche Verlobung. Ganz anders in der türkischen Kultur: Hier ist es eine große Feier.
Inzwischen ist im deutschen Kulturkreis eine Verlobungsfeier altmodisch, das verrät schon ein Blick auf ein Glückwunschkartensortiment. Doch eine türkisch-muslimische Verlobungsfeier ist eine sehr feierliche Angelegenheit.
Um die Hand anhalten
Monate bevor es zur Verlobungsfeier kommt, gibt es den Besuch des zukünftigen Bräutigams mit seiner Herkunftsfamilie (oder Freunden) bei der Familie der zukünftigen Braut, wo er feierlich um die Hand der jungen Frau anhält. Er verspricht vor der Familie der Zukünftigen, für die Frau zu sorgen und für ihr Wohlergehen Verantwortung zu tragen. Gibt der Vater der Braut daraufhin sein Einverständnis, bezeugt das Paar seinen Respekt per Handkuss und es wird für alle Anwesenden Mokka gereicht, den die junge Frau zubereitet und serviert. Ihrem Geliebten gibt sie eine speziell präperierte versalzene Portion, die er ohne Protest und ohne die Miene zu verziehen trinkt. Danach ist der offizielle Teil vorbei, und alle können sich bei einem Imbiss gemütlich unterhalten.
Vorbereitung für die Verlobung
Einige Zeit später (vielleicht ein Vierteljahr) wird der Termin für die Verlobung festgelegt. Findet das Fest nur im engsten Verwandten- und Freundeskreis statt, kommen schnell um die 60 Personen zusammen. Für die Planung ist es einfach, wenn das Zuhause der Braut erlaubt, so viel Gäste zu beherbergen. Einladende für diese Feier sind die Eltern der zukünftigen Braut. Für das Paar wird ein besonderer Tisch hergerichtet, geschmückt mit Blumen und Tüchern, farblich abgestimmt auf die Kleidung des Paares, gedeckt mit Gläsern und Getränken (nicht-alkoholischen), zentral, für alle sichtbar. Das Verlobungspaar wartet in einem Extraraum, bis alle Gäste eingetroffen sind. Das Buffet wird aufgebaut, alles ist bereit.
Austausch der Ringe
Die jungen Mädchen (Cousinen, Schwestern, Freundinnen) bilden im Wohnzimmer ein Spalier aus Blumen für den Einzug des Paares. Die zukünftige Braut und Bräutigam werden von Verwandten die Treppe hinunter geführt und gehen dann als Paar durch dieses Blumenspalier zu ihrem gedeckten Tisch. Andere Verwandte bringen ein Kissen, bestickt mit den Initialen der jungen Leute, auf dem die Verlobungsringe fest gesteckt sind, verbunden mit einem roten Seidenband. Eine Verwandte steckt beiden die Ringe an, dann wird das rote Band durchgeschnitten. Der Vater der Braut hält eine Begrüßungsrede, ein Onkel spricht feierlich ein Gebet, die ganze Gesellschaft wird andächtig und still.
Fotos, Kuchen, Tee und Kaffee
Nun gibt es die erste Gelegenheit für viele Fotos mit den jungen Leuten zusammen mit Freunden und Verwandten. Sobald das Blitzlichtgewitter sich beruhigt hat, kann das Verlobungspaar das Buffet eröffnen.
Größtenteils sitzen Männer und Frauen getrennt und unterhalten sich. Ein paar junge Mädchen tanzen in einem Extraraum. Nach einer guten Weile (und Verdauungspause) wird das Nachtischbuffet mit selbstgebackenen Kuchen und Desserts aufgebaut. Als Höhepunkt gibt es eine Verlobungstorte mit einem Fotobild des Paares. Diese wird vom Paar feierlich, unter erneutem Blitzlichtgewitter, angeschnitten. Als nette Geste des Zutrauens und der Fürsorge füttern sich die Jungverliebten zunächst gegenseitig und dann Großmutter und Mütter von Braut und Bräutigam, bevor für alle der Kuchen angeschnitten und auch das allgemeine Kuchenbuffet eröffnet wird.
Gefeiert wird ohne alkoholische Getränke, statt dessen gibt es reichlich Mineralwasser und Limonade, frischen Tee und Kaffee. Auch wenn viele Männer und Frauen vorerst getrennt sitzen und sich unterhalten, mischt sich die Gesellschaft doch im Laufe des Festes. Es ist sehr feierlich und ein großes, erinnerungswürdiges Ereignis für die gesamte Familie und ihre Gäste.