Die Chancen auf einen frühen Berufseinstieg, nach dem Zeit- und Leistungsdruck im Bachelor und Masterstudium, steigen mit den persönlichen Stärken.
Der Semesterstundenaufwand in den Diplom- und Magisterstudiengängen entsprach einem Arbeitsaufwand von einer 20-Stunden-Woche. Im Vergleich dazu gibt die Studienordnung im Bachelor und Master eine 40-Stunden-Woche und noch dazu mit nahezu bedingungsloser Anwesenheitspflicht unter einer hohen Prüfungslast vor. Nebenbei noch arbeiten müssen ist dabei nicht eingeplant. Ein Studierender mit einem 400-Euro-Job kommt bei Einhaltung der Regelstudienzeit locker auf eine 60-Stunden-Woche.
Nach dem Abschluss folgt der Konkurrenzdruck bei der Arbeitssuche
Hat der Wahn der Punktejagd mit dem Bachelor- oder Masterabschluss endlich ein Ende gefunden, folgt die Bewährungsprobe bei der Arbeitssuche. Ein bis zwei Jahre Volontariat zählen in den Geisteswissenschaften zum Pflichtprogramm. Die Ausbildungszeit ist für Viele nach dem Studium noch nicht zu Ende und es wird wieder schwierig einen Platz zu ergattern. Was gibt es für Alternativen? Noch ein Praktikum machen, bis es klappt? Dafür haben viele Angehörige und Freunde oder Bekannte aus dem sozialen Umfeld kein Verständnis mehr. Häufen sich die Absagen, kommen Ungeduld, Frust und Selbstzweifel auf. Vorausgesetzt alles läuft nach Plan, also mit Einhaltung der Regelstudienzeit, und dass innerhalb weniger Monate ein Volontariatsplatz gefunden wird, beträgt die Mindestausbildungszeit für etliche Studienfächer sechs bis sieben Jahre. Den Kandidaten ohne Promotion und Doktortitel steht, beim Bewerben auf eine gut bezahlte Stelle oder Festanstellung, weiterhin ein harter Konkurrenzkampf bevor.
Statt nur viel zu arbeiten: aufs Wesentliche konzentrieren
Wer im Studium noch nebenbei arbeiten muss und die Regelstudienzeit einhält, kann sich nur schlecht aufs Wesentliche konzentrieren. Dazu zählt auch über den Tellerrand der Studienordnung hinauszuschauen, vieles auszuprobieren und über Praktika Einblicke in mögliche Arbeitsbereiche zu sammeln, nicht zu sehr gegen die eigenen Schwächen anzukämpfen, sondern zu sich selbst zu finden, eigene Stärken zu entdecken und sich darauf zu konzentrieren. Es ist wichtig diese Lebenserfahrung während des Studiums zu sammeln und eigenständig denken und handeln zu lernen, um für den Berufseinstieg fit zu sein. Ein Bachelorstudium sollte nicht als verlängerte Schulphase betrachtet werden, in der pflichtmäßig Scheine nach einer Studienordnung mit wenigen Wahlmöglichkeiten abgehakt werden.
Spätestens im Master geht der Endspurt erst richtig los. An der Ziellinie wartet, dankbar für eine Pause von dem jahrelangen Studienmarathon, das Burnout oder es entstehen, heimlich verborgen im stillen Kämmerlein, Suchterkrankungen, Schlaf- und Essstörungen. Mindestens ein Viertel aller Studierenden ist bei steigender Tendenz von langfristigen Depressionen betroffen, weil sie keine Pausen mehr machen. Davon profitieren weder Absolventen noch Arbeitgeber. Was zählt ist die Grenzen des eigenen Arbeitspensums gut zu kennen und sich ein angemessenes Maß an Pausen zu gönnen. Nur so ist es möglich dauerhaft leistungsfähig zu sein und später den Berufsalltag gut zu bewältigen. Wer viel leistet sollte sich auch ab und zu Urlaub gönnen, auch wenn der Geldbeutel nur den nahegelegenen Park oder eine Fahrradtour zulässt. Für Denksportler, die viel sitzen, bieten sich Bewegung als Ausgleich an, um abends entspannt schlafen zu können.
Während des Studiums über Praktika und Auslandssemester Berufspraxis sammeln
Die Vorstellung länger zu studieren als vorgesehen löst bei vielen Studierenden Panik aus. Wie sollen sie das bezahlen, außerdem würde es viel zu lange dauern. Aber was macht das schon für einen großen Unterschied, noch ein Jahr länger zu studieren, wenn man am Ende sowieso damit rechnen muss, ausgebrannt und arbeitslos einen Berg an Bewerbungen zu verschicken? Wer sich die Zeit nimmt herauszufinden, in welcher Branche er tätig werden will, indem er viele Praktika absolviert, sammelt bereits wertvolle Berufserfahrung und kann sich besser auf wichtige Ziele im eigenen Leben konzentrieren und zu deren Verwirklichung schon vor dem Abschluss einen wesentlichen Teil beitragen. Dazu wird bei den neu eingeführten Studienbedingungen letztlich mehr Zeit benötigt als zu Diplom- und Magisterzeiten.
Wer entspannt seinen Master machen kann und sich nicht zu sehr unter Druck setzt, gleich im Anschluss mit dem Karrierestart loszulegen und von vornherein einplant noch ein Praktikum zu machen, wird auch in einem Bewerbungsgespräch eine positive Ausstrahlung vermitteln. Diese Gelassenheit muss man sich allerdings nicht nur zeitlich, sondern auch finanziell leisten können. Dennoch ist es ein Vorteil, sich bei der Suche nach einem Studienplatz zumindest die Option offen zu halten, länger zu studieren. Viele wissen gar nicht, dass z.B. das Bachelor-Plus-Programm des DAAD ein zusätzliches Auslandsjahr auch finanziell unterstützt oder dass sie nach der Schule erst einmal ein Übergangssemester zur Orientierung einlegen können.
Für das Einhalten der Regelstudienzeit wird kein Chef einem neuen Angestellten auf die Schulter klopfen. Was neben den nötigen Fachkenntnissen zählt ist ein souveränes Auftreten, Selbstvertrauen und Teamfähigkeit. Wie viele Credits auf dem Zeugnis stehen, wird für die meisten Personalmanager kaum eine Rolle spielen, weil das System für außen Stehende nicht annähernd transparent ist. Auch die Endnote wird von Studierenden überbewertet. Viel wichtiger ist es, sich die Zeit für z.B. ein Auslandssemester zu nehmen und sich ehrenamtlich zu engagieren, aber auch rechtzeitig Pausen einzulegen, statt bis zur Erschöpfung durchzuarbeiten. Das zeugt von persönlichen Stärken, die sehr hilfreich sind, um überhaupt zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden.