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Tipps für den Aktenvortrag

Der Einstieg in das zweite juristische Staatsexamen. Man hat keine zweite Chance für einen ersten guten Eindruck. Die mündliche Prüfung der zweiten juristischen Staatsprüfung beginnt mit dem Aktenvortrag.

Mündliche Prüfung

Die juristische Ausbildung ist in den Bundesländern unterschiedlich gestaltet. Bis zu den mündlichen Prüfungen im ersten oder zweiten Staatsexamen bestehen die zu erbringenden Leistungen in der Regel aus schriftlichen Arbeiten, entweder in Form von Klausuren oder Hausarbeiten.

Viele Referendarinnen und Referendare werden in der mündlichen Prüfung das erste Mal mit der Erbringung einer mündlichen Leistung unter Prüfungsbedingungen konfrontiert. Dabei gilt auch hier, wie für schriftliche Prüfungen, dass die gute Vorbereitung entscheidend ist.

Im Folgenden sollen Ihnen einige Tipps hierfür gegeben werden. Dabei geht es nicht um die rechtlichen Erwägungen. Diese sind so vielfältig, dass Sie sich da auf das Handwerkszeug aus Studium und Referendariat verlassen müssen.

Die Beispiele stammen – wie Sie unschwer erkennen werden – aus dem Wahlfach Arbeitsrecht.

Es geht hier aber nicht um das fachliche Können, sondern um die Präsentation ihrer eigenen juristischen Erwägungen und die Vorbereitung darauf.

Studium der Prüfungsakte

Lesen Sie die Akte genau und machen Sie sich dabei Notizen. Meistens enthalten die Akten auch Hinweise, welche rechtlichen Probleme der Prüfer gerne näher erörtert haben möchte. Diese Hinweise sind meist in (teilweise irrigen) Rechtsansichten der Prozessparteien „versteckt“.

Etwa:

„Der Kläger ist der Auffassung, dass wenn ein Arbeitsvertrag mündlich geschlossen werden kann, dieser natürlich auch mündlich wieder gekündigt werden kann.“

Hier dürften Probleme im Bereich der Schriftform eine Rolle spielen. Gleichzeitig sollten Sie beim Aktenstudium auch registrieren, was die Parteien nicht problematisieren. Wenn der Rechtsweg zu dem Arbeitsgericht offensichtlich gegeben ist, zum Beispiel bei einer Kündigungsschutzklage eines Arbeitnehmers, müssen Sie da kein Wort verlieren.

Sie dürfen es natürlich, was als Einstieg durchaus nützlich sein kann, eben weil es einfach und unproblematisch ist.

Ihre Aufzeichnungen

Die Prüfungsordnungen sehen vor, dass der Vortrag in freier Rede zu halten ist.

Sie brauchen jetzt nicht in Panik zu verfallen. Die Prüfer habe schon viele Kandidaten aus lauter Angst den Text vorlesen sehen, so dass Sie durchaus auch darauf schauen können. Sie tun sich aber selbst keinen Gefallen, wenn Sie den Vortrag ausformulieren. Davon gibt es zwei Ausnahme:

Den ersten Satz und den Tenor, den Sie als Entscheidung vorschlagen.

Diese Sätze schreiben Sie auf und es wird Ihnen keiner übel nehmen.

Sie schreiben also sinngemäß:

„Ich berichte über einen Rechtsstreit, der im Januar 2008 vor dem Arbeitsgericht XY anhängig war.“

Es folgt eine weiterer allgemeiner Satz, den Sie nicht mehr auszuformulieren brauchen, Sie brauchen ihn noch nicht einmal aufzuschreiben, denn Sie wissen, um was es geht:

„Die Parteien streiten sich über …“

Sie wissen, um was es geht, der Fachprüfer auch. Der Rest der Prüfungskommission weiß es nicht! Das bedeutet, dass Sie nun den Sachverhalt so darstellen müssen, dass Menschen, die die Akte nicht kennen, trotzdem verstehen, um was es geht und wo die Probleme liegen.

Daten können sich die wenigsten Menschen wirklich merken. Wenn das Datum keine Rolle spielt (etwa wegen Fristen), lassen Sie es weg. Sagen Sie stattdessen „einige Tage später“ oder „am nächsten Tag“.

Die oben genannten „versteckten“ Hinweise helfen auch da häufig weiter und zeigen, auf was Sie Ihren Schwerpunkt setzen sollen. Meistens lassen sich bei Prüfungsaktenvorträgen Klägervortrag und Beklagtenvortrag in zwei/drei Sätzen zusammenfassen. In Ihren Aufzeichnungen brauchen Sie diese Sätze nicht auszuformulieren. Ausformulierte Sätze verleiten zum Ablesen. Schreiben Sie nur Stichworte auf. So ist es möglich, den gesamten Aktenvortrag (Tatbestand und Entscheidungsgründe) auf einem DINA4 Blatt niederzuschreiben. Dann müssen Sie nicht umblättern. Dieses eine Blatt fällt Ihnen nicht aus der Hand und wenn doch, dann müssen Sie nicht die Reihenfolge sortieren.

Rechtlichen Erwägungen

Aktenvorträge sind im Urteilsstil vorzutragen. Das heißt, Sie machen nicht lange mit vielem „könnte“ und „möglicherweise“ rum. Sie und die Prüfer sind nun Kollegen. Sie haben eine begründete Meinung, und die vertreten Sie. Punkt.

Im Laufe der folgenden Fragen, können dann noch andere Erwägungen angestellt werden. Ausnahme: Wenn eine Diskussion in der Vortragsakte angesprochen wird, sollten Sie die auch erwähnen. Es reicht aber in der Regel aus, wenn Sie Ihre Auffassung mit einem Argument begründen und die Gegenauffassung mit einem Argument ablehnen.

Üben

Das Halten von Aktenvorträgen kann man, wie fast alles im Leben, lernen. Sprechen Sie Ihre Ausbilder darauf an. Das Üben muss nicht unter Examensbedingungen stattfinden. Dazu sind die Akten, die Sie aus dem „richtigen Leben“ bekommen, meist viel zu dick. Sie können aber daran erlernen, alles auf das Wesentliche einzudampfen und beim Vortrag so locker zu werden, dass Sie sich in der eigentlichen Prüfung nur auf die rechtlichen Probleme konzentrieren können.