Was genau passiert eigentlich im Körper, wenn wir unter Stress stehen? Welche negativen Auswirkungen bedrohen unsere Gesundheit und wie können wir uns davor schützen?
Was bedeutet Stress
Sich entspannen zu können ist in unserer hektischen Zeit wichtiger denn je und schwieriger als je zuvor. Fast jeder leidet unter Zeitdruck und Anspannung. Was Stress ist, wird individuell unterschiedlich erlebt. Häufig geht es dabei um eine Änderung der Lebensumstände, sei es durch Arbeitslosigkeit oder Umzug. Wir stehen vor neuen Herausforderungen und/oder müssen viele Aufgaben in kurzer Zeit bewältigen. Man unterscheidet zwischen positivem Stress – dem Eustress – und negativem Disstress. Auf einer Punkteskala zur Stressmessung rangiert hinter dem Verlust des Partners durch Tod oder Trennung gleich die eigene Hochzeit. Natürlich dürften die meisten Menschen dieses freudige Ereignis als positiven Stress empfinden. Doch selbst eine prinzipiell negative Erfahrungen, wie die Scheidung, kann persönlich als befreiend erlebt werden. Kritisch wird es immer dann, wenn man die eigene Reaktionsweise auf neue Herausforderungen im Leben nicht selbst bestimmen kann, sondern das Gefühl von Ohnmacht und Handlungsunfähigkeit die Oberhand gewinnt.
Dann reagiert der moderne Mensch noch genauso wie seine steinzeitlichen Vorfahren beim Anblick des berühmt-berüchtigten Säbelzahntigers. Denen blieb nur die Wahl zu flüchten, zu kämpfen oder sich tot zu stellen. Egal wie lebensbedrohend die Situation wirklich ist, und welche Art von Alarmsignal die Abwehrreaktionen auslöst, der Körper reagiert stets in gleicher Weise.
Körperliche Reaktionen auf Stress
Unser vegetatives Nervensystem sorgt für eine Umschaltung von der Aktivität in die Ruhephase. Der Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung erfolgt automatisch durch ein mehr oder minder harmonisches Zusammenspiel der beiden Antagonisten Sympathikus und Vagusnerv (Parasympathikus).
Flucht-/Kampfreaktion
Sympathikus und Hypophyse senden Impulse an die Nebennieren zur Ausschüttung bestimmter leistungssteigernder Hormone, v.a. Adrenalin. Der Herzschlag beschleunigt sich. Puls, Blutdruck und Muskelspannung steigen. Fett- und Zuckerreserven werden mobilisiert, Verdauung und Immunabwehr hingegen gelähmt. Etwa 60 Prozent aller Menschen reagieren auf Stress mit diesem Muster, sind quasi „auf dem Sprung“(Typ A).
Totstell-Reflex
Die anderen 40 Prozent (Typ B) fühlen sich gelähmt und der Gefahr hilflos ausgeliefert, wie das sprichwörtliche Kaninchen vor der Schlange. Der Parasymphatikus hemmt die meisten Lebensfunktionen mit Ausnahme der Verdauung und Ausscheidung. Die Leistung fällt ab, man fühlt sich müde, lustlos und wie erschlagen. Dazu kommen eventuell psychosomatisch bedingter Harndrang oder/und Durchfall.
Stress bedroht unsere Gesundheit
Kurzzeitig sind solche Reaktionen mit ihren unangenehmen Folgen nicht weiter tragisch, wenn Körper und Seele sich bald erholen und zum normalen Alltag übergehen können. Doch in der Realität fällt es vielen Menschen schwer loszulassen, auch am wohlverdienten Feierabend und in der Freizeit.
Stress wird immer dann zur Gefahr, wenn zwischen den Anspannungsphasen und in Zeiten hoher Aktivität keine ausreichende Erholung möglich ist. Der Körper kann die mobilisierten Energiereserven nicht mehr abbauen mit negativen Folgen wie Bluthochdruck, Erhöhung der Blutfettwerte, Stoffwechselstörungen und Verdauungsbeschwerden. Das Infarktrisiko wächst ebenso wie die Möglichkeit, ein Magengeschwür zu bekommen. Aufgrund der schlechteren Sauerstoffversorgung kommt es zu Müdigkeit und Leistungsabfall. Langfristig können sich Atemwegserkrankungen entwickeln oder gar Asthma. Die Funktionsweise des Immunsystems ist beeinträchtigt und das Infektionsrisiko erhöht. Zudem ist sind die Mechanismen zur Zellreparatur – die oft beschworenen Selbstheilungskräfte des Körpers – eingeschränkt. Bakterien, Viren aber auch Krebszellen haben leichtes Spiel. Den Vagotonikern – jenen Menschen vom Typ B, die sich unter Stress wie gelähmt fühlen – droht im schlimmsten Fall ein Abgleiten in Angstneurosen oder Depressionen. Die sogenannten Sympathiker (Typ A) neigen hingegen dazu, die Warnsignale des Körpers zu missachten. Geht man jedoch mit den Kräften ständig bis an die eigenen Grenzen, ist man am Ende völlig ausgebrannt.
Wege der Stressbewältigung
Abbau der überschüssigen Energiereserven
Sich bewegen heißt das Zauberwort. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie tanzen, Spazieren gehen, joggen, schwimmen, Gymnastik machen oder (Nordic) Walking. Die Hauptsache ist, den Körper überhaupt in Bewegung zu setzen. Dies unterstützt die Sympathiker vom Typ A dabei, die erhöhten Blutfettwerte abzubauen. Den Vagotonikern (Typ B) hilft es, in die Gänge zu kommen und damit den depressiven Verstimmungen im wahrsten Wortsinne davon zu laufen.
Auseinandersetzung mit den Stressoren
Sich die Belastungen überhaupt bewusst zu machen, ist der erste Schritt. Danach kommt die seelisch-geistige Verarbeitung. Weinen kann ebenso befreiend erlebt werden, wie Lachen. Es ist möglich die Angst vor einer neuen Arbeitsstelle in Neugier umzuwandeln oder gar Interesse an der Aufgabe, die einen erwartet. Im besten Fall werden wir aktiv und handeln, nutzen z.B. unsere Wut, um belastende Lebensumstände zu verändern.
Bewusste Entspannung
Erst einmal tief durchatmen – dieser gute alte Rat gilt immer noch. Denn die Atmung ist die einzige der unwillkürlichen Lebensfunktionen, die wir bewusst steuern können. Die vollständige Bauch- oder Zwerchfellatmung macht uns wacher, leistungsfähiger; beugt Verdauungsstörungen und Infektionskrankheiten vor. Wir kriegen den Kopf wieder frei und damit eine gewisse Distanz zu den negativen Gefühlen und Problemen. Deshalb spielt die Atmung auch eine entscheidende Rolle bei allen Entspannungsverfahren. Es gibt eine Fülle an verschiedenen Methoden sich zu entspannen und ein breites Spektrum von CDs, Cassetten und Büchern. Am Besten probieren Sie die Entspannungstechnik Ihrer Wahl direkt aus, z.B. in einem Volkshochschulkurs. Viele Krankenkassen bezuschussen übrigens die Teilnahme, andere bieten eigene Kurse an.