Stress – Weit mehr als nur ein Wort

Stress – fast jeder hat ihn, aber keiner mag ihn. Das Wort Stress gehört zu den von einer Jury gewählten „100 Wörtern des 20. Jahrhunderts„. Damit hatte sein Begründer, der Stressforscher Hans Selye, seinerzeit sicher nicht gerechnet. Stress versetzt uns in Hochform, spornt uns an. Er kann uns aber auch krank machen.

Definition „Stress-Typen“

Das Stressgeschehen im Körper wird vorwiegend durch endokrine Drüsen und die beiden Äste des vegetativen Nervensystems, Sympaticus und Vagus, bestimmt. Sie bestimmen auch den Stress-Typ.

Der Sympaticotoniker (Typ A) ist im Alltag meist sehr leicht erregbar, nervös und neigt zu Explosionsreaktionen. Körperlich findet man bei ihm Herzklopfen, Bluthochdruck, Kopfschmerzen und/oder erhöhte Blutfettwerte. In Stresssituationen reagiert er nach dem Urprinzip Kampf oder Flucht.

Der Vagotoniker (Typ B) bevorzugt die Variante des ’’Totstellens“. Dafür wird zwar weniger Energie benötigt, es artet aber in die andere Richtung aus, indem der Blutdruck fällt, die Muskeln erschlaffen und Schwindelgefühle auftreten. Es kann als Reaktion auf eine gefährliche Stresssituation sogar zum Kollaps oder dem so genannten Vagus-Schock kommen.

Typ A ist oft nur dann zufrieden, wenn er aktiv ist und Leistung erbringt. Er hat nur wenig Geduld mit sich und anderen. Das Leben an sich zu genießen, hat er nicht gelernt. Dementsprechend treten körperliche Beschwerden auf (häufige Kopfschmerzen), die er selbst aber nicht in Zusammenhang mit seinem Lebensstil bringt. Charakteristisch für den A-Typ sind hohes Leistungsstreben, Konkurrenzdenken, Ungeduld, Perfektionismus, hohes Verantwortungsbewusstsein, Hektik, Aggressionsbereitschaft und starke Zielorientierung.

Im Gegensatz hierzu werden Menschen, die gelassener auf Stress reagieren, als Typ B-Menschen bezeichnet. Sie kalkulieren mehr Zeit ein als sie brauchen, schütteln Dinge ab, die sie nur indirekt betreffen, sehen alles humorvoller, setzen Prioritäten. Eine zu grobe Einteilung in nur zwei Typen ist jedoch nicht angebracht, da viele Menschen Mischtypen sind.

Man hat auch heraus gefunden, dass es geschlechtsspezifische Unterschiede hinsichtlich Stresserleben und Stressverhalten gibt. Männer haben zum Beispiel häufiger als Frauen den Eindruck, eingeengt zu sein oder eine Situation nicht im Griff zu haben. Frauen hingegen haben eher Stress in Diskussionen bei unterschiedlichen Auffassungen oder bei Konflikten, weil sie alles, was die Harmonie stört, als bedrohlich empfinden. Diese Verhaltensweisen sind aber nicht angeboren, sondern wurden im Laufe des Lebens erlernt und sind durchaus wieder veränderbar.

Eustress /Distress

Den Zustand, in dem belastende Reize als angenehm oder als Herausforderung empfunden werden, nennt man Eustress. Er wird begleitet von positiven Gefühlen wie Freude, Glück, Begeisterung oder Stolz. Freudige Erlebnisse und Erfolgserlebnisse wirken auf die körperliche Abwehr stärkend, darum haben Vitalität und Lebensfreude viel mit Eustress zu tun. Man findet ihn in Bereichen wie Sport, Urlaub, Hobby usw.

Nehmen die belastenden Reize aber Überhand und werden sie als unangenehm empfunden, so nennt man das Distress. Dieser Zustand ist ein Risikofaktor für die Gesundheit, da er das Gleichgewicht zwischen Körper und Psyche auf Dauer stört und so zu zahlreichen psychosomatischen Krankheiten führen kann.

Eustress und Distress haben viele Gemeinsamkeiten (zum Beispiel wird in jedem Fall dem Körper vermehrt Energie zur Verfügung gestellt), aber sie unterscheiden sich deutlich im emotionalen Bereich. Nur allein den Distress zu bekämpfen brächte ein ziemlich eintöniges Leben mit sich und so hat sich in der Praxis die Suche nach Eustress-Erlebnissen bewährt.

Stress-Formen/Stressoren

Stressoren sind Reize, die auf einen Organismus schädigend einwirken können. Man unterscheidet in körperliche und psychische Stressoren, aber auch in Stressoren, die durch die Umwelt auf uns einwirken. Körperliche Stressoren sind unter anderem das Wetter (zum Beispiel durch Luftdruckschwankungen, Hitze), Infektionen, Hunger, Vergiftungen und Verletzungen. Psychische Stressoren können zum Beispiel sein: Partnerschafts- oder Familien-Probleme, Prüfungsangst, berufliche Schwierigkeiten, Versagensängste, Termindruck, Arbeitslosigkeit, Überschuldung oder der Tod eines Angehörigen. Auch Langeweile, Einsamkeit, Monotonie zählen dazu. Zu den umweltbedingten Stressoren zählen Lärm durch Straßenverkehr, krank machende Wohnverhältnisse (beengtes Wohnen, Asbest, Farben), Staus, überfüllte Transportmittel etc.

Stress-Signale

Es gibt zahlreiche Stress-Signale, die zu denken geben und möglichst in den Anfängen auf die Stress-Bremse treten lassen sollten:

  1. Heißhunger-Anfälle – Wenn zu wenig Serotonin, der Gehirnbotenstoff, der für ausgeglichene emotionale Verfassung zuständig ist, vorhanden ist, greift der Körper vermehrt zu Kohlenhydraten, wie Süßigkeiten.
  2. Verletzungen – Wenn man gestresst ist, verringert sich die Aufmerksamkeit und man verletzt sich häufiger.
  3. Keine Lust auf Sex – Stress unterdrückt die Produktion von Sexualhormonen.
  4. Augenlid-Zuckungen – Zeichen von Dauerstress
  5. Verdauungsprobleme – Durch zu hastiges, unregelmäßiges Essen
  6. Ohrenklingeln – Wenn es nur zeitweise auftritt, ist es ein sicheres Zeichen für Stress. Bei andauerndem Symptom könnte es bereits Tinnitus sein.
  7. PMS-Syndrom – Da Stress die Ausschüttung der Sexualhormone drosselt, kann das zur Verzögerung des Eisprungs führen (Bauchschmerzen, Krämpfe, Depressionen).
  8. Herzrasen – Frauen besitzen scheinbar öfter eine Veranlagung für eine Herzklappenschwäche. Dies kann bei Stress zu Herzrasen führen.
  9. Juckreiz – Das Gehirn schüttet unter Stress vermehrt Histamin aus. Diese Substanz kann – zusammen mit anderen körpereigenen Stoffen – zu Juckreiz führen.
  10. Immunschwäche – Stress öffnet Bakterien Tor und Tür.
  11. Haarverlust – Wenn das Haar dünner wird, gibt die Hirnanhangdrüse vermehrt Signale an die Nebennieren, mehr männliche Hormone zu produzieren.
  12. Fahle Haut – Chronischer Stress verlangsamt die Zellerneuerung. Als Folge wird die Haut trocken und schuppig.
  13. Gerötete Haut – Durch Erweiterung der Blutgefäße

Mögliche Folgeerkrankungen aufgrund von Dauerstressbelastung

Leider ist es oft nicht so, dass man sich nach einer belastenden Aktion die nötige Entspannung und Ruhe gönnen kann oder will. Manchmal jagt ein Stressor den nächsten, das heißt der Körper befindet sich in Daueralarm. Stress manifestiert sich bevorzugt in den verletzlichsten Zellen oder in den anfälligsten Organen. Jeder Mensch hat einen anderen Schwachpunkt.

Stress kann Auswirkungen auf unser Immunsystem haben. Da vermehrt Cortisol ausgeschüttet wurde in den verschiedenen Alarmphasen, fehlen dem Körper unter anderem Abwehrkräfte bei Infektionen, Allergien bis hin zu Krebs. Es kann zu Schmerzen vielfältigster Art kommen (Rücken-, Kopfschmerz, Migräne – oft Zeichen von Überlastung und Muskelverspannungen). Häufig wird auch über Schlafstörungen geklagt.

Da der Sympaticus die Verdauung bei Stress auf Sparflamme setzt, kann es zu Verdauungsstörungen wie Verstopfung, Durchfall, Blähungen, Magendruck, Krämpfen kommen. Manche Menschen leiden unter Atemschwierigkeiten (Asthma + Bronchitis können allergisch bedingt, aber auch Stress bedingt sein), Hyperventilation, Atembeklemmung. Auch Hautprobleme sind häufig (Ekzeme, Akne, Neurodermitis, Psoriasis, Herpes und so weiter).

Sehr häufig sind Herzkrankheiten (Angina pectoris, Rhythmusstörungen, Insuffizienz, Infarkt, Herzneurose) und Kreislaufbeschwerden (Durchblutungsstörungen, hoher Blutdruck, niedriger Blutdruck, Schwindel, Ohnmacht). Zunehmend finden sich auch veränderte Blutwerte (Blutzucker, Cholesterin, Blutsenkung).

Doch viele dieser Beschwerden können durch gezielte Entspannung und eine veränderte Lebensweise behoben werden. Die Möglichkeiten sind heute sehr vielfältig.

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