Streit übernimmt eine wichtige Funktion in der Partnerschaft. Bleibt er aus, geht es meist mit der Beziehung zu Ende.
Ein Paar, dass schon lange zusammen ist und sich trotzdem noch nie gestritten hat, ist wohl die absolute Ausnahme. Die meisten Paare streiten sich hin und wieder. Dabei geht es dann hauptsächlich um Alltagsthemen wie Ordnung oder das Fehlen der selbigen, Freizeitgestaltung oder Ähnliches. Allerdings findet kaum jemand einen Streit besonders angenehm. Aber er erfüllt in der Beziehung eine wichtige Funktion.
Am Anfang kennt man sich noch nicht
In einer neuen Beziehung ist man meist damit beschäftigt, den Partner erst einmal kennen zu lernen. Man ist frisch verliebt und idealisiert den anderen gern. Die Schmetterlinge im Bauch sorgen dafür, dass man alles durch eine rosarote Brille sieht. Und zuerst will man auch gar nicht die Fehler des anderen sehen, geschweige denn ansprechen. Die Angst, die neue Liebe gleich wieder zu verlieren, tut ihr Übriges, um den verklärten Blick zu erhalten.
Man erkennt die ersten Macken des Anderen
Kein Mensch ist ohne Fehl und Tadel. Und keiner gleicht dem anderen hundertprozentig. Dies wird den meisten Paaren klar, sobald die erste Verliebtheit abgeflaut ist und man die Dinge realistischer betrachten kann. Es wird offensichtlich, dass man trotz der Liebe Dinge verschieden macht. Beide Partner haben unterschiedliche Erfahrungen, wurden unterschiedlich erzogen und haben sich verschiedene Handlungsstränge geschaffen, mit deren Hilfe sie den Alltag bewältigen. Dies kann in einer Beziehung zu Unstimmigkeiten führen. Ein sehr gängiges Thema ist dabei das oft das verschiedenartige Verständnis von Ordnung. Bei jedem beginnt Unordnung auf einem anderen Level.
Streit kann helfen
Trifft man auf die ersten Unstimmigkeiten, entstehen Konflikte, Diskussionen oder Streit. Und das ist ganz wichtig. Denn der Streit kann hier verschiedene Funktionen erfüllen
- Der Streit macht einem die Probleme und Unstimmigkeiten bewusst
- Streit erzeugt den Druck, die Probleme auch wirklich anzugehen
- Durch den Streit lernt man den anderen und dessen Meinungen besser kennen
- Der Streit unterbricht auch die alltägliche Routine
Streit dient also primär dazu, Probleme zu erkennen und zu bewältigen. Um dies auch zu schaffen, ist es wichtig, richtig zu streiten und nicht die typischen Fehler, wie persönliche verbale Angriffe oder Ähnliches zu begehen. Schon John Gottman erkannte, dass die richtige Art des Streitens die Dauer der Beziehung beeinflusst.
Wenn der Streit ausbleibt
Trotz der Wichtigkeit des Streitens gibt es immer wieder Partner, die selbigen um jeden Preis vermeiden wollen. Der Grund dafür kann sein, dass sie den Konflikt fürchten und Angst haben, mit einem Streit die Beziehung als solche in Frage zu stellen. Wenn sie ihre Meinung aber nicht sagen, können sie die Probleme, die sie natürlich auch schon gesehen haben, nicht lösen. Oft knabbern sie allein daran, entwickeln vielleicht sogar Aggressionen oder psychosomatische Symptome. All das, um dem Partner nicht sagen zu müssen, was einen stört. Doch meist macht sich das Unterbewusstsein dann doch irgendwann Luft und explodiert förmlich. Der Partner, der damit nicht gerechnet hat, ist natürlich schockiert. Nicht selten führen solche Ausbrüche zum Ende der Beziehung.
Doch auch bei Paaren, die sich früher gestritten haben, kann der Streit plötzlich ausbleiben. Und das nicht, weil sich beide in allem nun absolut einig sind, sondern weil mindestens einer kapituliert hat. Er hat es aufgegeben für seine Meinung und seine Empfindungen zu kämpfen, sondern bleibt um des lieben Friedens Willen lieber stumm. Der Streit wird nicht als Mittel der Kommunikation verstanden und genutzt. Eine andere Alternative ist natürlich auch, dass die Partnerschaft nicht mehr als wichtig genug angesehen wird, um sich wegen ihr zu streiten. Man lebt nur noch nebeneinander her, ohne sich wirklich für den Anderen und das gemeinsame Miteinander zu interessieren. In beiden Fällen, ist die Beziehung stark bedroht und führt bald zu ihrem Ende.