Stevia als natürlicher Zucker-Ersatz ist als Bestandteil der Anti-Pilz-Diät geeignet, Zulassung vorausgesetzt. Die Wirkung als Anti-Pilz-Mittel ist Legende.
Stevia rebaudiana Bertoni (Familie Asteraceae) stammt aus den Wäldern Paraguays. Seit Jahrhunderten süßen die Guarani-Indianer ihren Mate-Tee mit den Blättern der Pflanze. In Japan ist Stevia aus Lebensmitteln nicht mehr wegzudenken, doch in Europa muss die Pflanze als neuartiges Lebensmittel (novel food) einer langwierigen Zulassungsprozedur unterzogen werden.
Kalorienfreie Süßkraft steckt in den Blättern
Die Blätter enthalten zahlreiche Glykoside, vor allem Steviosid und Rebaudiosid, die vom Körper nicht abgebaut werden und daher keine Kalorien liefern. Durch Wasserabspaltung (Hydrolyse) entstehen Zucker und ein zuckerfreier Rest (Aglykon). Die getrockneten und pulverisierten Stevia-Blätter sind bis 15-mal süßer als herkömmlicher Haushaltszucker (Saccharose). Nach dem Eindampfen bleibt ein weißes Pulver zurück, das sogar 300-mal süßer ist als Saccharose. Daher werden nur geringste Mengen benötigt: eine preiswerte und natürliche Alternative zu Zucker und synthetischen Süßstoffen. Der Wunsch nach Süße ohne Reue – also ohne Kalorien und Chemie – schien aufzugehen. Was lag näher, als die Stevia-Blätter auch in Europa auf den Markt zu bringen? In vielen Naturkostläden standen sie schon im Regal, da verweigerte die Europäische Kommission im Jahre 2000 die Zulassung.
Zugelassen wird der chemisch definierte Süßstoff – nicht das Blatt
Mehr als zehn Jahre wurden Inhaltsstoffe des Süßblattes Stevia rebaudiana untersucht, um mögliche Gesundheitsrisiken durch Verzehr auszuschließen. Dahinter stand das Bestreben, diese kalorienfreie Zuckeralternative als Lebensmittel in der EU zuzulassen. Seit 2008 steht offiziell fest: der Stevia-Süßstoff (mit einem Reinheitsgrad von 95 %) ist gesundheitlich unbedenklich. Nach positiver Bewertung der europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) im Mai 2010 gilt auch die EU-weite Zulassung von Steviolglycosiden, d.h. aus Pflanzenblättern extrahierten Süßungsmitteln, als sehr wahrscheinlich. Diese Substanzen müssen dann als Zusatzstoff deklariert werden. Mit der Zulassung der Pflanzenblätter selbst (mit einem Reinheitsgrad von 5 bis 15 %) ist dagegen auf Jahre hin nicht zu rechnen!
Stevia vereint Eigenschaften, die sie als Bestandteil der Anti-Pilz-Diät geradezu ideal erscheinen lassen
Menschen, die unter Darmpilzen leiden, sollten auf ihre Ernährung achten. Der wichtigste Grundpfeiler einer Anti-Pilz-Diät besteht bekanntlich in Reduktion/Verbot von Zucker und schnell resorbierbaren Kohlenhydraten. Neben dem Haushaltszucker sind auch Fruchtzucker (Fructose: Obst!), Traubenzucker (Glucose), Malzzucker (Maltose), (Malto)Dextrin, Melasse, Honig, Ahornsirup und damit zusammengestellte (Fertig-)Nahrungsmittel zu meiden. Synthetisch hergestellte Zuckeraustauschstoffe wie Aspartam, Acetsulfam, Cyclamat und Saccharin (E 950-4) sind oft nicht nur Pilzen ein Graus.
Stevia gegen Pilze: Bisher nur unbewiesene Behauptungen
Künstliche Süßstoffe sind wie Stevioside kein Pilzfutter. Darüber hinaus wird den Stevia-Blattextrakten aber auch eine antimikrobielle und das Pilzwachstum eindämmende Wirkung nachgesagt. Die Autorin Barbara Simonsohn beschreibt: „Stevia wirkt antifungizid, als Pilzmittel, und wird in Südamerika bei Pilzerkrankungen eingesetzt. Candida-Betroffene haben damit endlich ein gesundes Süßmittel zur Verfügung.“ In Internet-Kräuter-Verzeichnissen werden auch auf „wissenschaftlich anerkannte Heilwirkungen“ verwiesen und der Einsatz von gemahlenen Stevia-Blättern als pilz- und bakterienhemmende Gesichtsmaske gegen Candida und bei Ekzemen empfohlen.
Für diese Behauptungen fehlen jedoch wissenschaftliche Beweise. Lediglich in einer indischen Labor-Studie zeigten verschiedene Stevia-Blatt-Extrakte auf bebrüteten Petrischalen eine hemmende Wirkung auf das Wachstum von bakteriellen Keimen (Bacillus cereus und E. coli). Darüber hinaus wurden Anti-Pilz-Wirkungen getestet: Alle Extrakte zeigten hemmende Wirkungen auf das Wachstum von Haut- und Candida-Pilzen. Die Forscher wollen diese Labor-Ergebnisse im Tierversuch bestätigen.
Stevia als gesunde Zuckeralternative mit Zukunft
Die ungewöhnlichen Eigenschaften der Pflanze (Vitaminschutz, kalorienfrei, zahnfreundlich) machen sie auch für die Lebensmittelindustrie interessant. Coca-Cola und Pepsi haben bereits Stevia-gesüßte Getränke auf den Markt gebracht (z.B. Sprite Green in den USA). Wohlgemerkt: Die multinationalen Konzerne lassen sich primär den Einsatz hochprozentiger Stevia-Extrakte bewilligen, nicht aber Produkte mit Stevia-Blättern.
Die Schweiz hat als erster europäischer Staat, im Rahmen von Einzelanträgen, Zuckerersatzstoffe auf Stevia-Basis (Steviol-Glycoside) zugelassen, Frankreich folgte als bisher einziger EU-Staat. Über die Zulassungsanträge des belgischen Molekularbiologen Jan Geuns auch auf Stevia-Blatt-Extrakte hat die EU noch nicht entschieden. Somit dürfen nach wie vor Stevia-Kraut oder -Blätter nicht vermarktet werden. Bis dahin erfolgt der Erwerb von Stevia zu Nahrungszwecken illegal aus dem Internet.
Fazit für Candida-Betroffene – Alternative zu Zucker, aber kein Heilmittel
Von einem wissenschaftlich fundierten Einsatz zur Unterstützung der Therapie bei Candida-Pilzbefall kann keine Rede sein. Als Zuckerersatz in einer Anti-Pilz-Diät kann Stevia jedoch möglicherweise in ein paar Jahren auch in Europa für Furore sorgen.