Histatin im Speichel wirkt antimikrobiell
Oma hat Recht: Spucke auf die Wunde und alles wird gut. Im Zaubersaft Speichel konnten keimtötende Substanzen nachgewiesen werden. Nun hofft man auf neue Medikamente.
Die Wundheilung wird beschleunigt, wenn man an eigenen Verletzungen leckt oder darauf spuckt. Außerdem heilen Wunden in der Mundhöhle schneller und unkomplizierter als auf der Haut. Das ist bei Tieren, aber auch beim Menschen beobachtet worden. Es muss also im Speichel eine Substanz vorhanden sein, die für die Wiederherstellung des beschädigten Körpergewebes verantwortlich ist. Bei Säugetieren ist das Wundenlecken weitverbreitet. Im Speichel von Nagern hatte man bereits hohe Konzentrationen an Haut- und Nerven-Wachstumsfaktoren nachweisen können.
Wunden lecken hilft heilen durch Histatin
Niederländische Forscher haben nun im Laborversuch herausgefunden, dass Histatine – kleine Eiweißstoffe (Polypeptide), die auch im menschlichen Speichel vorhanden sind, den Wundverschluss fördern. Histatine werden aktiv von den Epithelzellen aufgenommen und fördern das Hautwachstum.
Die Entdeckung dieser antimikrobiellen Peptide ist nicht neu. Frank Oppenheim und Mitarbeiter aus Boston identifizierten 1988 drei Proteine im Sekret der Ohrspeicheldrüse, die reich an der Aminosäure Histidin sind und bezeichneten sie als Histatine. Von zwölf strukturverwandten Histatinen im menschlichen Speichel tötete in Laborversuchen Histatin 5 den gefürchteten Sprosspilz Candida albicans am wirksamsten, ohne für andere Körperzellen schädlich zu sein.
Histatine besitzen vielversprechende Eigenschaften:
- sie sind nicht toxisch
- sie sind körpereigene Stoffe
- sie heilen Wunden
- sie töten auch Azol-resistente Pilzstämme ab
Lebenselixier Speichel schützt die Gesundheit
Der Speichel ist ein Lebenselixier, denn wenn einem buchstäblich „die Spucke“ weg bleibt, fehlt ein Schutzschild gegen Krankheitserreger und die Gesundheit von Mundhöhle, Zahnfleisch und Zähnen ist gefährdet. Speichel hält das orale Immunsystem in Fluss und verhindert einen Schleimhautbefall mit Pilzen (Candida albicans) und Kariesbakterien. Ein Pilzbfall der Mundhöhle wird häufig bei Menschen mit Trockenheit der Mundhöhle (Xerostomie), geschwächtem Immunsystem (besonders bei HIV-positiven Patienten) und bei Prothesenträgern beobachtet. Im Speichel von AIDS-Patienten konnten vergleichsweise geringe Histatin-Konzentrationen nachgewiesen werden.
Spucke ist ein vielseitiges Hausmittel
Spucke gilt darüber hinaus auch als Hausmittel gegen Flecken (man reibt den Fleck immer wieder mit der angefeuchteten Fingerspitze und wäscht ihn dann anschließend aus) und als Heilmittel bei Insektenstichen (Zucker mit dem eigenen Speichel auflösen und auf dem Stich verteilen). „Speichel neutralisiert das Gift von Bremsen, Wespen, Hornissen und Hummeln“, sagt Burkhard Schricker, Insektenexperte an der Freien Universität Berlin.
Zukunftsmusik: Histatin-haltige Medikamente und künstlicher Speichel
Die Forscher hoffen nun, mit ihren Erkenntnissen neue Medikamente entwickeln zu können. Gegen Candida-Pilz-Entzündungen der Mundschleimhaut hat man in den USA bereits Histatin-haltige Dental-Materialen und Mundwässer hergestellt, die die Wirkung des Speichels erhöhen sollen. Da Histatine leicht nachzubauen sind, könnten synthetische Histatine als Bausteine neuartiger Medikamente zur Wundheilung (zum Beispiel bei Brandblasen oder chronischen Geschwüren) dienen.