Als „ganz heiße Spur“ bezeichneten Experten die Möglichkeit, dass Sprossen aus Mungo- oder Sojabohnen die verheerende EHEC-Epidemie ausgelöst haben.
Auf ihrer Suche nach der Quelle der gefährlichen und tödlichen Epidemie durch EHEC war der Lübecker „Kartoffelkeller“ in starken Verdacht geraten, nachdem sich insgesamt 17 Gäste möglicherweise in der Gaststätte angesteckt hatten. Diese 17 Gäste hatten Mitte Mai in unterschiedlichen Besuchergruppen das Restaurant „Kartoffelkeller“ aufgesucht. Zwischen dem 12. und 14. Mai speiste eine dänische Reisegruppe dort, und mehrere Gäste dieser Reisegruppe erkrankten an EHEC. Im gleichen Zeitraum nahm eine 30-köpfige Gruppe von Gewerkschaftlerinnen dort Essen ein: Acht Mitglieder der Gruppe erkrankten, eine Frau verstarb. Weitere Infektionen wurden bei einer Gruppe festgestellt, die Mitte Mai dort Geburtstag feierte.
Suche in Hamburg
Expertenteams gingen allen nur denkbaren Spuren nach und verfolgten die Lieferwege, auch jene zum „Kartoffelkeller“ in der Hansestadt Lübeck. Von Lübeck aus waren ein Handelsbetrieb in Mölln/Schleswig-Holstein und der Hamburger Großmarkt die nächste Station der Lieferkette.
Gerüchte, dass das Hamburger Hafenfest Auslöser der Epidemie gewesen sei, wurden inzwischen dementiert. Aber die Suche musste weitergehen, denn inzwischen sind 1526 Menschen erkrankt. Von ihnen schweben mehrere in akuter Lebensgefahr und 21 Menschen sind an EHEC schon gestorben, wie das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin mitteilte. Das Robert Koch-Institut hat inzwischen zehn Teams auf die Suche nach den Erregern und deren Quelle angesetzt.
Suche in Uelzen/Niedersachsen
Die Spur soll nach Bienenbüttel in den Kreis Uelzen führen. „Wir haben ein Produkt identifiziert, das an alle größeren Ausbruchsherde von EHEC-Erkrankungen geliefert worden ist und nach unserer Überzeugung der Herd für die EHEC-Epidemie ist”, sagte ein Sprecher des niedersächsischen Verbraucherschutz-Ministeriums. Der Sprecher bestätigte, dass der Betrieb in Bienenbüttel auch nach Hamburg und Mölln geliefert habe.
Am 5. Juni wandte sich der Niedersächsische Landwirtschaftsminister Gert Lindemann (CDU) mit einer Pressekonferenz um 18 Uhr in Hannover zu den neuen Erkenntnissen seines Hauses an die Öffentlichkeit und teilte mit, dass ein Betrieb bei Uelzen so gut wie sicher als Quelle der EHEC-Epidemie ermittelt worden sei. Mit den bestätigenden Probenergebnissen werde in den nächsten Stunden gerechnet. 18 dieser Sprossensorten seien möglicherweise von EHEC-Erregern befallen gewesen. Um wie viel befallene Sorten es sich tatsächlich handelt, werden die B-Proben und derer Ergebnisse jetzt zeigen müssen. Nach ersten Meldungen soll das Ministerium ein Unternehmen, dass aus Mungo- oder Sojabohnen Sprossen heranzieht, als Verursacher der Erkrankungswelle im Visier haben. Sprossen sollen vor Jahren auch schon in Asien die Ursache für eine schwere EHEC-Epidemie gewesen sein.
Keine Entwarnung vor der absoluten Sicherheit
Minister Lindemann gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass der Epidemie-Herd gefunden sei und damit eine weitere Ausbreitung der Epidemie für die Zukunft verhindert werden könne. Eine Entwarnung für den Verzehr von Gurken, Tomaten und Paprika könne noch nicht gegeben werden, da die Inkubationszeit von EHEC bis zu zehn Tagen beträgt. Da Gurken- und Tomatensalat oftmals mit Sprossen garniert werde, müsse dieser Zeitraum auf jeden Fall abgewartet werden