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Sprechen mit Akzent – Die Muttersprache hält uns fest im Griff

Wer Fremdsprachen lernt, spricht sie oft mit Akzent. Sogar das Genie Einstein litt darunter. Entscheidend ist, wann man mit dem Lernen anfängt.

Albert Einstein, das Genie mit vielen Nationalitäten, hat in Amerika unter seinem schlimmen Akzent im Englisch sehr gelitten. Er musste vor einer fremden Sprache kapitulieren, obwohl er imstande war, das All mit seinem Verstand zu umfassen.

Was seine Aussprache jedoch betrifft, muss das Urteil auf „unschuldig“ lauten. Nicht er, sondern die Muttersprache war schuld. Bekanntlich handelte es sich in seinem Falle um Deutsch.

Muttersprache als Prisma

Es ist die Muttersprache, die uns mit der Artikulationsbasis ausstattet, und jede andere fremde Sprache durch ihr Prisma passieren lässt. Besonders ist davon die „lautliche“ (gesprochene) Seite betroffen. Das bedeutet: In einer fremden Sprache reden wir mit dem heimischen Akzent. Der Zuhörer erkennt gleich den Unterschied und weiß: Da plaudert einer, der nicht von hier ist.

An dieser Stelle könnten bei manchem Leser Zweifel aufkommen. Hin und wieder trifft man doch auf einen solchen, bei dem sich keine Fremdheit bemerken lässt, obwohl Nationalität und Sprache nicht übereinstimmen. Es geht also doch?

Zuerst mechanisch

Bevor uns die Muttersprache ganz einheimst, vergeht viel Zeit. Die Sprachpsychologen behaupten, dass dieser Prozess um die 15 Jahre dauert. Bis zu diesem Zeitpunkt lernen wir nach einem anderen Prinzip als danach. Demzufolge wird die Aufnahme der eigenen wie auch der Fremdsprachen zuerst überwiegend vom mechanischen Gedächtnis gesteuert.

Diese Feststellung entspricht der intuitiven Überzeugung, dass Kinder fremde Wörter perfekt und mühelos nachahmen können. Die Unkenntnis der grammatischen Regeln stört sie daran überhaupt nicht. Im Gegenteil. Man könnte sagen, dass zu viel Wissen in diesem Falle sogar schadet!

Das Fazit dieser Ausführungen lässt sich folglich formulieren: Wer früh genug mit dem Erlernen von fremden Sprachen beginnt, wird ohne Akzent sprechen.

Logik und Verstand

Ab dem 15. Lebensjahr geht es dann andersherum. In den Vordergrund tritt die Logik; der Verstand stellt sich quer. Der Lernende zieht „in seinem Bewusstsein einen ständigen, völlig unfreiwilligen Vergleich zwischen den Lautbeständen der beiden Sprachen“. Er betrachtet die relevanten und nichtrelevanten Merkmale über das Schema der Muttersprache. Auf dieser Weise interpretiert er die fremde Sprache fehl. Beim Sprechen legt er noch nach und wendet die heimische Artikulation an. Diese „doppelte Fälschung“ führt zum Akzent.

Demgemäß wirken sich die heimischen Hör- und Sprechgewohnheiten negativ auf die Fremdsprache aus. Das geschieht auf dem direkten (über das Gehörte) und dem indirekten Wege der Schrift. Die Muttersprache dominiert unser Ohr und Auge und wirft auf jede andere ihren Schatten.

Andere Fallen

Natürlich nicht nur die Aussprache kann beim Lernen der Fremdsprache einen Garaus machen. Die grammatischen Regeln bergen viele gefährliche Fallen. Auch hier „stört“ die Logik. Denn auf jede logische Regel kommen gewöhnlich unlogische Ausnahmen.

Seine Erfahrungen auf diesem Gebiet titulierte Mark Twain folglich: „Die schreckliche deutsche Sprache“. In diesem Werk behauptet er entnervt, dass Deutsch als Fremdsprache besonders schwer zu erlernen ist: „Meine philologischen Studien haben mich davon überzeugt, dass ein begabter Mann Englisch (ausgenommen Rechtschreibung und Aussprache) in dreißig Stunden lernen kann, Französisch in dreißig Tagen und Deutsch in dreißig Jahren. Es liegt also auf der Hand, dass die letztgenannte Sprache gestutzt und ausgebessert werden muss. Wenn sie so bleiben sollte, wie sie ist, müsste man sie sanft und ehrerbietig bei den toten Sprachen absetzen, denn nur die Toten haben Zeit, sie zu lernen“.

Ein Optimist hätte das etwas milder ausgedrückt: schwierig, aber nicht aussichtslos.