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Sexsucht: Wenn die Abenteuerlust zur Manie wird

Wie erkennt man sexsucht? Wie behandelt man sexsucht? Tiger Woods, David Duchovny oder Silvio Berlusconi können nicht genug bekommen. Die Abenteuerlust der Don Juan’s und das manische Verlangen nach mehr.

Die Sexsucht ist überwiegend eine männliche Domäne. Natürlich gibt es auch Frauen wie Lindsay Lohan, die ihre Drogensucht gegen eine andere Sucht ausgetauscht hat. Die wohl bekanntesten Don Juans sind Tiger Woods, Michael Douglas und Silvio Berlusconi. So hat der 73 jährige italienische Premierminister Berlusconi im Erdbebengebiet die Notärztin geschmackvoll und neckisch um eine Mund-zu-Mund-Beatmung gebeten. Der Akte-X-Star David Duchovny lässt sich in einer Klinik wegen seiner Sexsucht behandeln. So auch der Hollywood-Star Michael Douglas vor seiner Heirat mit Caterine Zeta Jones.

Sexsucht: Das unstillbare Verlangen nach mehr

Die Sexsucht ist eine Zwangsstörung, die nach dem Prinzip der Manie funktioniert und ähnliches Verhalten wie die Sucht nach Drogen (Kokain, Heroin) zur Folge hat, wie Kontrollverlust, ständige Erhöhung der Dosierung und in weiterer Folge Verlust der sozialen Bindungen mit Beziehungsunfähigkeit. Im Fachjargon handelt es sich bei der Sexsucht um eine Hypersexualität. Damit gemeint ist eine übersteigerte Form der sexuellen Begierde, die unkontrollierbar den Alltag dominiert. Männer und Frauen sind gleichermaßen gefährdet. Die weibliche Ausprägung wurde im 19. Jahrhundert mit dem Begriff der Nymphomanie erklärt. Bedingt durch die soziokulturelle Prägung, wie beispielsweise „Mann bedeutet gleich Macht“, tritt das Phänomen eher bei Männern auf. Vermutlich ist es der Machtfaktor, der den Nachschub an potentiellen Sexpartnerinnen nicht abreißen lässt. Das beste Beispiel dafür ist Berlusconi und seine à la Lolita-Partnerinnen. Eine objektive Messung oder eine Prävention der Sexsucht gibt es nicht. Das heißt, es gibt in der internationalen Klassifizierung der Krankheiten ICD keine Diagnose Sexsucht.

Die Unterscheidung von Genuss und Sucht in der Sexualität

Die Grenze zwischen Genuss und echtem Suchtverhalten ist fließend. Das macht den Umgang mit der Sexsucht so schwierig. Das Haupterkennungsmerkmal ist, dass der Sex nicht mehr genussvoll erlebt werden kann und die Kontrolle über den Alltag erlangt. Was für andere Menschen ein vergnügliches sinnliches Liebesspiel ist, ist beim Sexsüchtigen anderes, weil erotische Empfindungen oder Gefühle nicht zugelassen werden können. Das emotionale Erleben des Partners ist unwichtig. Zwangshandlungen, Schuldgefühle, Angst oder Aggression sind die Folge. Es kommt zu einer verminderten Kontrollfähigkeit des sexuellen Verhaltens, die bis zum Kontrollverlust reichen kann. Das Ausmaß des Problems wird von den Betroffenen oft gar nicht erkannt.

Die Ursachen der Sexsucht

Die Entstehung der Sexsucht – wie auch bei allen anderen Süchten – hängt von vielen Faktoren ab. Die Ursachen können im seelischen und soziokulturellen Bereich, aber auch in der Kindheit (wie rigide Regeln, harte Strafen, verbotener Umgang mit Sexualität), in der Persönlichkeit und in der Veranlagung selbst liegen. Förderlich für die Sexsucht sind innere Konflikte, Minderwertigkeitsgefühle, gestörte emotionale Beziehungen und die zwanghafte Suche nach Nähe. Die Sexsucht beginnt wie auch die Alkohol-, Drogen- und Spielsucht schleichend. Das Suchtverhalten steigert sich langsam und in der Folge wird die persönliche Freiheit zunehmend eingeschränkt. Obwohl es zu zahlreichen sexuellen Kontakten kommt, bleibt die eigene Isolierung bestehen, die in einen Leidensdruck mündet. Um aus dieser Spirale herauszukommen, ist in den meisten Fällen professionelle Hilfe durch Psychotherapeuten unumgänglich.

Eine Studie der Berliner Charité-Klinik schätzt die Zahl der Betroffenen in Deutschland auf 50.000. Die Spezialisten sehen als häufigste Ursachen für das wahllose Sexualverhalten und die damit einhergehende Bindungsunfähigkeit Missbrauchserlebnisse in der Kindheit und narzisstische Persönlichkeitsstörungen. Die Prognosen gehen in eine Richtung, die zum Nachdenken anregt: Durch die Pornografierung im Internet und den virtuellen Abenteuerplätzen soll die Sexsucht massiv ansteigen. Das Internet bietet jedem ohne größeren Aufwand sexuelle Reize. Glaubt man einer jüngsten Erhebung der Vereinigung amerikanischer Scheidungsanwälte, ist in den USA die Sexsucht die Ursache für jede fünfte Scheidung.

Sexsucht und Liebessucht

Bei der Hypersexualität oder Sexsucht spielen die sexuellen Erlebnisse und nicht die tatsächlichen Handlungen eine bedeutende Rolle. Die inneren Erlebnisse sind es, die einen euphorischen Gefühlszustand auslösen. Die Situation wird mit dem Glücksgefühl verbunden und im Gehirn abgespeichert. Die Befriedigung wird vom tatsächlichen Handeln abgekoppelt und auf die Empfindungen übertragen. Daher sind Sexsüchtige nicht in der Lage, Gefühle zuzulassen und emotionale Bindungen einzugehen.

Häufige Sexualkontakte müssen nicht gleich einen Suchtcharakter haben. Eine Unterscheidung zwischen dem Spaß am Sex und der tatsächlichen Sucht ist notwendig. In diesem Zusammenhang verweisen Suchtexperten darauf, dass es zwischen lustbetonten Menschen mit häufigen sexuellen Kontakten und Sexsüchtigen ganz eindeutige Unterschiede gibt. Bei den Sexsüchtigen handelt es sich um getriebene Menschen, die ständig auf der Suche sind nach Lustgewinn und Entspannung, ohne ihr Ziel je zu erreichen. Wie bei der Drogensucht wird die Dosis der Droge „Sex“ ständig erhöht. Bei der Sexsucht handelt es sich um Verhaltensstörung.

Hingegen spielt sich die Liebessucht auf emotionaler Ebene ab. In diesem Fall leidet der Betroffene unter dem Gefühl, nicht genug geliebt zu werden. Dieser Mensch sucht immer wieder neue Beziehungen, in der Hoffnung, geliebt zu werden. Bei der Sucht nach Liebe kommt meist die klassische Psychotherapie zum Einsatz. Bei der Sexsucht ist die Therapie suchtspezifisch angelegt in Kombination mit einer Verhaltenstherapie.