Warum immer gleich zu Viagra greifen? Die Natur hält genug andere Liebesmittel bereit. Der Weg vom Magen zu den erogenen Zonen von Körper und Gehirn ist kurz und erotisch.
Unsere Erotik ist eine Sklavin der Biochemie. Wenn die Hormone nicht fließen und die Drüsen nicht pumpen, dann ruht das wildeste Verlangen. Ein sattes Liebesmahl kann Mann und Frau aber wieder in Form bringen: ob Austern oder geschäumte Butter, Marzipan, Spargel, oder exotischere Substanzen. Aphrodisiaka bringen auf einfache Weise den Spaß in durchgelegene Betten zurück. Ethnopharmakologe Christian Rätsch und Claudia Müller-Ebeling, die auf über 700 Seiten die gesamte Fülle der Aphrodisiaka dokumentiert haben (Lexikon der Liebesmittel, AT Verlag, 78 Euro), sehen die Liebesdrogen sogar als essentiellen Bestandteil des Lebens: „Wer Liebesgöttinnen, seien es Aphrodite, Venus oder Freia, für tot erklärt, erklärt auch sein Leben zum Tode. Wer ihre Mittel nicht anerkennt, verneint das eigene Dasein.“
Rohe Austern und Potenzpilze
Ein brillantes Liebesmittel ist etwa der Genuss roher Austern. Der Sex-Trick, auf den schon Casanova setzte, verdankt seine Wirksamkeit dabei dem hohen Zinkgehalt der Meeresfrüchte. Zink beschleunigt nämlich die Kommunikation zwischen erogenen Hirnteilen und ein Mangel an diesem Metall bremst die Liebesfunktionen auf Asketenlevel. Ähnliches gilt für Morcheln. Diese Pilze steigern das sexuelle Verlangen und bei geschlauchten Männern auch die Potenz. Ein weiteres sehr altes Aphrodisiakum ist – neben dem zumeist noch illegalen Marihuana – der Ginseng: Kräutersaft als Zündhütchen der Potenz.
Avocado für knackige Erektionen
Liebesmittelchen, die jeder Supermarkt in seinen Regalen birgt, sind auch Artischocken, Avocados, Bananen oder Eier. Im Orient dienten in Butter gebratene Eier als Geheimmittel für heiße Nächte. Artischocken pumpen sexuelle Energie in müde Männer, wenn man sie zum Beispiel mit eiweißreichen Krabben füllt. Auch die Avocado hat als Vitamin- und Eiweißbombe schon Ludwig dem Vierzehnten zu seinen Erektionen verholfen, und die kaliumreiche Banane sieht nicht nur aus wie der Zauberstab der Lust, sondern sorgt auch für ein anhaltendes Gefühl der Verliebtheit, wenn man sie dem Partner nur in der richtigen Dosis in den Mund schiebt.
Kochen für die Liebe
Wenn wüste Nächte durch langweilige Videoabende ersetzt wurden, gibt es verschiedene Möglichkeiten zur Rettung des Liebeslebens. Man kann endlich wieder mal den Partner wechseln, man kann eine gewagte Kontaktanzeige aufgeben oder neue Handschellen für den Bettpfosten kaufen. Man kann aber auch einfach einen gemeinsamen Abend am Herd verbringen und solange an Liebestränken und Potenzsuppen brauen, bis die Nachbarn das Kampfgetümmel nicht mehr ertragen können.
In Butter gedünstete Knoblaucheier ruinieren zwar selbst den frischesten Atem, garantieren jedoch, dass man mit dem Übereinanderherfallen sicher nicht bis nach dem Abspülen warten wird. Und gedämpfter Spargel wird schon vom indischen Liebeslehrbuch Kamasutra als Potenzpumpe empfohlen, weil er die männlichen Genitalien derart stimuliert, dass sie schneller die Härte des frischen Gemüses annehmen, als man das Zeug weich kochen kann.
Klosterküchen ohne Zwiebeln
Das luxuriöseste Aphrodisiakum aus der Speisekammer sind sicherlich edle Trüffel. Für häufigen Gebrauch reichen aber auch gewöhnliche Pilze, oder als billigste Alternative zum Stärkungsmittel aus der Apotheke, ein richtig scharfes Zwiebelgericht. Nicht umsonst sind Zwiebeln auf den Speiseplänen von Klosterküchen tabu, da sie selbst das asketische Blut enthaltsamer Mönche rasend schnell zum Kochen bringen könnten.
Aber auch wenn man am ultimativen Liebesrezept getüftelt hat, seinem Gemüsehändler auf die Nerven gefallen ist und trotzdem alles vergeblich gewesen ist, weil man doch nicht so richtig zueinander passt, kann richtige Ernährung trösten. Einige Schokoladentafeln oder Pralinenpackungen retten die Seele in sexfreien Zeiten. Denn Süßigkeiten sind biochemisch gesehen immer noch die besten Seelentröster gegen unerbittlichen Liebeskummer.